OGH 8ObA18/22p

OGH8ObA18/22p18.7.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Elke Wostri (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Manuela Majeranowski‑Laufer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G* Z*, vertreten durch Dr. Franz Kellner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S*, vertreten durch Dr. Andreas Joklik, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Jänner 2022, GZ 7 Ra 123/21s‑28, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:008OBA00018.22P.0718.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Nach § 4 Abs 2 Wr VBO 1995 ist der Vertragsbedienstete grundsätzlich nur zur Durchführung jener Geschäfte verpflichtet, die sich aus dem allgemeinen Geschäftskreis der Bedienstetengruppe ergeben, der er angehört (vgl zu den Änderungsmöglichkeiten etwa 9 ObA 86/20t). Wenn es der Dienst jedoch erfordert, kann er nach Maßgabe seiner Eignung vorübergehend auch zur Besorgung anderer Geschäfte herangezogen werden.

[2] Die in der Revision angesprochene Frage, ob der Kläger bereits vor Antritt der mit seiner Zustimmung erfolgten Abordnung zur Bundespolizeidirektion den Inhalt des bereits erlassenen, aber erst in Kraft tretenden Landesgesetzes über die organisatorische Zusammenlegung der Agenden der Parkraumüberwachung kennen musste, ist daher nicht entscheidungsrelevant.

[3] Es steht zudem fest, dass der Kläger seine Zustimmung zur Abordnung widerrufen hätte können, dies jedoch nie getan hat. Wenn die Vorinstanzen (auch) daraus ein schlüssiges Einverständnis des Klägers mit der Abordnung und der Verrichtung aller landesgesetzlich zur Parkraumüberwachung zählenden Tätigkeiten abgeleitet haben, ist dies nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls keineswegs unvertretbar (RS0109021 [T3, T5]; RS0042936; RS0042776 uvm). Es trifft zwar zu, dass an die schlüssige Übernahme von Verpflichtungen generell ein strenger Maßstab anzulegen ist (ua RS0014150). Dennoch konnte die viele Jahre unbeanstandete Ausübung der übernommenen Tätigkeit durch den Kläger ohne Rechtsirrtum als Ausdruck der Zustimmung aufgefasst werden. Dass die ausdrückliche Einbeziehung des Anlegens von Parkkrallen in den Kernbereich der Parkraumüberwachung eine völlig sachfremde Erweiterung des Aufgabengebiets der Überwachung des ruhenden Verkehrs darstellen würde, wird auch in der Revision nicht behauptet.

[4] 2. Die Rechtsansicht, dass es nicht zu den Dienstpflichten eines Vertragsbediensteten der Parkraumüberwachung gehört, in Vollziehung des § 4 Abs 5 Wiener ParkometerG 2006 auch Parkkrallen anzulegen, weil er dabei in der Funktion eines Straßenaufsichtsorgans tätig wird, ist nicht begründet. Bereits nach § 5 Wiener ParkometerG idF LGBl Nr 9/2006 erfolgte die Überwachung der Einhaltung der mit Verordnung des Wiener Gemeinderats angeordneten Kontrollmaßnahmen durch besonders ermächtigte Organe der Stadt Wien und umfassten deren Befugnisse nach § 4 Abs 4 leg cit unter anderem auch das Ausstellen von Organstrafverfügungen. Eine Beschränkung der Dienstpflicht der mit diesen Aufgaben betrauten Vertragsbediensteten auf ausschließliche „Überwachung“ des ruhenden Verkehrs bestand nicht.

[5] 3. Welche Relevanz die Revision in der fehlenden Schulung des Klägers zu Atemluftkontrollen auf Alkoholgehalt gemäß § 5 Abs 2 StVO erblickt, ist nicht nachvollziehbar.

[6] Nach den Feststellungen ist der Kläger nicht selbst befugt, über das Anlegen von Parkkrallen zu entscheiden oder eine solche Maßnahme anzuordnen, sondern beschränkt sich seine Aufgabe auf die Hilfstätigkeiten der tatsächlichen Ausführung und Dokumentation.

[7] Insgesamt zeigt die Revision des Klägers damit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

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