OGH 7Ob1/22f

OGH7Ob1/22f28.4.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O* GmbH, *, vertreten durch Mag. Georg Wageneder, MA, und andere, Rechtsanwälte in St. Florian, gegen die beklagte Partei F* GmbH, *, vertreten durch Dr. Dominik Schärmer, Rechtsanwalt in Wien, und deren Nebenintervenientin B* AG, *, vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 21.055,45 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. November 2021, GZ 2 R 154/21m‑18, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 26. August 2021, GZ 3 Cg 55/21d‑12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00001.22F.0428.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Dieklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin jeweils die mit 1.411,20 EUR (darin enthalten 235,20 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil eine klarstellende Äußerung des Obersten Gerichtshofs zur Abgrenzung von Verpackungsmängeln zu Mängeln der Ladungssicherung geboten und zweckmäßig sei. Da die Klägerin in ihrer Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

[2] 1. Der behauptete Mangel des Berufungsverfahrens wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

[3] 2.1. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR; BGBl 1961/38) auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden ist. Dies ist im Revisionsverfahren auch nicht strittig.

[4] 2.2. Gemäß Art 10 CMR haftet der Absender dem Frachtführer für alle durch mangelhafte Verpackung des Gutes verursachten Schäden an Personen, am Betriebsmaterial und an anderen Gütern sowie für alle durch mangelhafte Verpackung verursachten Kosten, es sei denn, dass der Mangel offensichtlich oder dem Frachtführer bei der Übernahme des Gutes bekannt war und er diesbezüglich keine Vorbehalte gemacht hat.

[5] 2.3. Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob – wie die Klägerin meint – das nicht erfolgte Verzurren der gestapelten Bierkisten mit den Euro-Paletten als Verpackungsmangel zu qualifizieren ist. Eine allfällige Haftung der Beklagten scheitert nämlich schon daran, dass der von der Klägerin behauptete Mangel für einen ordentlichen Frachtführer bei pflichtgemäßer Überprüfung im Sinn des Art 8 CMR offensichtlich, also evident bzw bereits mit geringster Sorgfalt zu entdecken war (vgl 5 Ob 138/07s), spricht doch auch die Revisionswerberin davon, dieser Mangel wäre „leicht nachvollziehbar“ gewesen (Revision, Seite 3). Ein ordentlicher Frachtführer hätte die für jedermann erkennbare Gefahr des Verrutschens bzw Kippens der Bierkisten nicht ignoriert, sondern entsprechende Sicherungsmaßnahmen gesetzt. Dass die Klägerin einen Vorbehalt im Sinn des Art 10 letzter Halbsatz CMR gesetzt hätte, hat sie nicht behauptet.

[6] 3.1. Nach ständiger Rechtsprechung gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen kraft ausdrücklicher oder stillschweigender Parteienvereinbarung. Dabei genügt es, wenn der Unternehmer ausreichend deutlich zu erkennen gibt, nur zu seinen AGB kontrahieren zu wollen, und der Geschäftspartner zumindest die Möglichkeit hat, vom Inhalt dieser Bedingungen Kenntnis zu nehmen (RS0014506). AGB können aber auch dadurch schlüssig zum Vertragsinhalt werden, dass die Vertragsteile im Rahmen ihrer schon länger dauernden Geschäftsbeziehung in ihren Geschäftspapieren auf die Geltung der AGB hinweisen, sofern dieser Hinweis unbeanstandet blieb (RS0014506 [T11]). Unter welchen Umständen von einer länger dauernden Geschäftsbeziehung gesprochen werden kann, nach der AGB allenfalls als schlüssig vereinbart gelten können, richtet sich nach den Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls, denen keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl 7 Ob 40/18k).

[7] 3.2. Die Parteien hatten vor diesem Transportauftrag zumindest sieben weitere Frachtverträge abgeschlossen, denen die Besonderen Auftragsbedingungen der Beklagten jeweils angeschlossen waren. Der Klägerin war der Inhalt der Besonderen Auftragsbedingungen somit bereits vor diesem Auftrag bekannt. Sie wusste nach den Feststellungen sogar, dass die Beklagte ohne Vereinbarung der Besonderen Auftragsbedingungen keine Aufträge erteilt. Da die Klägerin den Auftrag erhalten wollte, nahm sie die – dem (schriftlichen) Transportauftrag erneut angefügten – Besonderen Auftragsbedingungen widerspruchslos zur Kenntnis. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Besonderen Auftragsbedingungen Vertragsbestandteil geworden sind, ist daher nicht korrekturbedürftig. Ob der Vertrag vor Übermittlung des schriftlichen Auftrags (samt AGB) bereits zustande gekommen ist, ist somit nicht relevant.

[8] 4.1. Die durch mangelhafte Verladung des Gutes an den Transportmitteln des Frachtführers entstandenen Schäden und sonstigen Kosten werden in der CMR nicht erwähnt, weil diese keine Regelung darüber enthält, wer das Verladen und Verstauen des Frachtgutes vorzunehmen hat. Auch eine analoge Anwendung des Art 17 Abs 4 lit c CMR im Fall der Verladung des Gutes durch den Absender ist wegen des anderen Regelungszwecks (Haftung des Frachtführers für Güterbeschädigungen) bei Ansprüchen aus der Beschädigung des Transportmittels durch die vom Absender mangelhaft verladenen Güter nicht möglich (RS0073684). Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass es den Parteien überlassen bleibt, eine vertragliche Vereinbarung zu treffen, wer die Ladetätigkeit vorzunehmen hat (einer solchen Vereinbarung steht auch Art 41 CMR nicht entgegen; RS0073725).

[9] 4.2. Hier liegt eine Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten in den Besonderen Auftragsbedingungen des Transportvertrags vor, wonach die Klägerin als Auftragnehmerin für eine verkehrs- und beförderungssichere Verladung und Ladungssicherung auf dem LKW verantwortlich ist. Es ist auch nicht richtig, dass das von der Beklagten im Transportauftrag genannte Transportmittel (13,6 Meter Planensattel oder HGZ mit Code XL) „nicht ausreichend geeignet war“, weil der Schaden durch eine entsprechende Sicherung der Ladung ohne Weiteres abgewendet werden hätte können.

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