European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00019.22W.0318.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Das Berufungsgericht hat zwar die beiden Liegenschaftskaufverträge schon aufgrund des Umstands, dass mit den beiden Beklagten jeweils verschiedene Käufer auftraten, an sich nicht als „Einheit“ angesehen. Es hat weiters – unter Verweis auf die Entscheidung 3 Ob 62/20v, deren Sachverhalt dem hier zu beurteilenden ähnlich sei – in den Liegenschaftskaufverträgen mit Wiederkaufsrecht der Klägerin als Verkäuferin in einem der beiden Kaufverträge (anders als nach der älteren Entscheidung 1 Ob 191/60 JBl 1961, 279 [RS0023690]) kein verdecktes Kreditgeschäft gesehen.
[2] Das Berufungsgericht hat jedoch auch für die von ihm nicht vertretene Ansicht, die beiden Kaufverträge seien als Einheit und als verdecktes Kreditgeschäft anzusehen, detaillierte, nachvollziehbare Berechnungen angestellt und ist auf deren Basis zum Ergebnis gelangt, ein für das Vorliegenvon Wucher (§ 879 Abs 2 Z 4 ABGB) erforderliches auffallendes (objektives) Missverhältnis zwischen den beiderseitigen Leistungen liege nicht vor.
[3] Die Revision argumentiert, die erheblichen Rechtsfragen lägen darin, dass entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts beide Kaufverträge als Einheit (einheitliches Vertragskonstrukt) und (auch angesichts der Vereinbarung von 6 % Zinsen) als verdecktes Kreditgeschäft anzusehen seien.
[4] Die Revision setzt sich jedoch mit den erwähnten Berechnungen und Erwägungen des Berufungsgerichts nicht auseinander und kann somit dessen Beurteilung, ein objektiv auffallendes Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen liege (auch bei Annahme der von der Revision vertretenen Rechtsansicht) nicht vor, nicht widerlegen.
[5] Im Fall 3 Ob 62/20v mag die Motivlage des dortigen Klägers als Liegenschaftsverkäufer anders gewesen sein als hier diejenige der Klägerin. Die Motive, warum jemand ein für ihn allenfalls ungünstiges Geschäft abschließt, haben aber keine Bedeutung für das Vorliegen des objektiven „auffallenden Missverhältnisses“ der beiderseitigen Leistungen nach § 879 Abs 2 Z 4 ABGB.
[6] Dass der Zweitbeklagte die von ihm erworbene Liegenschaft während des aufrechten Wiederkaufsrechts der Klägerin hypothekarisch belastete, ist zwar möglicherweise eine Vertragsverletzung, die ihn schadenersatzpflichtig machen könnte. Auch dieser Umstand hat aber auf das für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (RS0016912) zu beurteilende auffallende Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen keinen Einfluss.
[7] Der Revision gelingt es somit insgesamt nicht, die Beurteilung des Berufungsgerichts, ein objektiv auffallendes Missverhältnis iSd § 879 Abs 2 Z 4 ABGB liege nicht vor, zu erschüttern. Da somit schon eine der für die Bejahung von Wucher vom Gesetz kumulativ (RS0016861) geforderten drei Voraussetzungen nicht vorliegt, erübrigt sich ein Eingehen auf die Revisionsausführungen über die mangelnde Wahrungsmöglichkeit der Äquivalenz seitens der Klägerin wegen Leichtsinns, Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung und schließlich über die Ausnützung der Lage der Klägerin durch die Beklagten.
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