OGH 5Ob31/22b

OGH5Ob31/22b3.3.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin S*, vertreten durch Onz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Einreihung einer Urkunde ob der Liegenschaft EZ * KG *, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 26. August 2021, AZ 17 R 61/21y, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 30. April 2021, AZ Uh 11/2021, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00031.22B.0303.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin begehrte als Eigentümerin einer Liegenschaft „die Einreihung der Bestätigung ./A vom 23. 11. 2020 und die Einreihung des notariellen Protokolls ./B vom 29. 5. 2020 zum Zweck der Feststellung des Zu‑keiner‑Zeit‑Bestehens von Superädifikaten Musterhaus 'Blaue Lagune' auf dem nunmehrigen Grundstück 583/1 inneliegend EZ * KG * (Berichtigung gemäß § 136 Abs 1 GBG) wegen einer durch öffentliche Urkunden nachgewiesenen offenkundigen Unrichtigkeit, weil sich die gemäß Beschluss des Bezirksgerichts Mödling zu Uh 82/16 vom 3. 1. 2017 als Teilfläche Nummer 4 bezeichnete Teilfläche niemals auf der Fläche des nunmehrigen Grundstücks 583/1 befunden hat“.

[2] Das Erstgericht wies den Antrag ab.

[3] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Gemäß § 1 Abs 1 Z 2 lit ac UHG seien auch Urkunden aufzunehmen, die das Nichtbestehen eines durch Hinterlegung oder Einreihung ausgewiesenen Rechts feststellen. Dass ein Superädifikat nicht mehr bestehe, könne von einem Notar gemäß §§ 76 Abs 1 lit 1 und 88 Abs 1 und 2 NO beweiskräftig beurkundet werden. Dadurch werde dem Grundsbuchsgericht bekannt, dass das selbständige Eigentum am Bauwerk untergegangen sei. Hier behaupte die Antragstellerin aber nicht, das Superädifikat bestehe nicht mehr, sondern dass dieses auf dem Grundstück 583/1 nie bestanden habe. Sie argumentiere mit der ursprünglichen Unrichtigkeit der mit rechtskräftigem Beschluss des Erstgerichts zu Uh 82/16 bewilligten Hinterlegung, wolle daher in die Rechtskraft dieses Beschlusses eingreifen. Hiefür stehe dem Grundeigentümer analog § 61 GBG nur die Löschungsklage offen.

[4] Den Revisionsrekurs ließ es mit der Begründung zu, zur Frage, ob einer Grundeigentümerin auch gegen eine behauptetermaßen ursprünglich unrichtige rechtskräftige Urkundenhinterlegung, die ihr Eigentum zu Unrecht mit einem Superädifikat belaste, neben der Löschungsklage auch der Weg offenstehe, eine Beurkundung eines öffentlichen Notars über tatsächliche Vorgänge iSd §§ 76 und 88 NO vorzulegen, komme erhebliche Bedeutung iSd § 126 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zu.

[5] Nach Zustellung dieser Entscheidung am 8. 9. 2021 langte fristgerecht beim Erstgericht ein Revisionsrekurs in Schriftform ein, in dem die Unmöglichkeit der Verwendung des Elektronischen Rechtsverkehrs weder behauptet noch bescheinigt wurde.

[6] Aufgrund Vorlage dieses Revisionsrekurses an den Obersten Gerichtshof stellte der Fachsenat mit der Entscheidung vom 4. 11. 2021, AZ 5 Ob 185/21y die Akten dem Erstgericht unter Hinweis darauf zurück, dass gemäß § 89c Abs 5 Z 1 GOG Rechtsanwälte und Notare auch im Grundbuchsverfahren zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet sind und dies auch für Rechtsmittel im Verfahren betreffend die Verweigerung der Hinterlegung oder der Einreihung von Urkunden nach dem UHG gilt. Der Akt wurde daher zur Durchführung des Verbesserungsverfahrens dem Erstgericht zurückgestellt und darauf verwiesen, dass das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete beim Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe zu führen hat.

[7] Unter Hinweis auf diesen Beschluss trug das Erstgericht der Antragstellerin mit Beschluss vom 26. 1. 2022 auf, den Revisionsrekurs binnen einer Woche elektronisch einzubringen und stellte diesen Beschluss sowie sämtliche Urkunden an die Antragstellerin zurück. Der Verbesserungsauftrag wurde ihr am 31. 1. 2022 zugestellt.

[8] Darauf reagierte die Antragstellerin mit einer im Elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten Mitteilung vom 2. 2. 2022, wonach sie „entsprechend dem Verbesserungsauftrag den Revisionsrekurs innerhalb offener Frist elektronisch mit drei Beilagen einbringe“. Die Mitteilung verweist (unter anderem) auf einen Revisionsrekurs vom 22. 9. 2021 als „Urkunde 1“ und nennt als Begehren eine Plombierung in EZ * KG *. Tatsächlich waren der Mitteilung keine Dokumente als PDF‑Dateien angeschlossen, der Revisionsrekurs wurde nicht im Elektronischen Rechtsverkehr übersendet. Aktenbestandteil ist – aus dem Akteninhalt nicht nachvollziehbaren Gründen – weiterhin nur der seinerzeit schriftlich per Post übersendete und am 23. 9. 2021 beim Erstgericht eingelangte schriftliche Revisionsrekurs.

Rechtliche Beurteilung

[9] Der Revisionsrekurs ist wegen des ihm anhaftenden Formmangels zurückzuweisen.

[10] 1. Seit der Entscheidung 5 Ob 38/13v entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Fachsenats des Obersten Gerichtshofs für Grundbuchsachen, dass gemäß § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 Rechtsanwälte und Notare – nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten – zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr auch im Grundbuchsverfahren verpflichtet sind. Davon, dass im Grundbuchsverfahren die technischen Voraussetzungen für eine Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr fehlen, kann nicht ausgegangen werden (RIS‑Justiz RS0128921). Solange für ein Rechtsmittel in Grundbuchsachen keine gesonderte Struktur zur Verfügung steht, die gemäß § 10 Abs 3 ERV 2006 zwingend einzuhalten wäre, wird vielmehr § 89c Abs 5 GOG dadurch entsprochen, dass das Rechtsmittel im ERV‑Verfahrensautomation Justiz (VJ) als „sonstige Ersteingabe“ mit PDF‑Anhang unter Bezugnahme auf die TZ des Erstgerichts eingebracht wird. Ein Absehen von der Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs von Personen, die zur Nutzung verpflichtet sind, ist auch in Grundbuchsverfahren als Verletzung einer zwingenden Formvorschrift zu werten, die zu einem Verbesserungsverfahren und beim Ausbleiben der Verbesserung innerhalb der gesetzten Frist zur Zurückweisung der Eingabe führen muss (5 Ob 25/14h; 5 Ob 135/18s). Diese Rechtslage – auf die die Antragstellerin im Rückstellungsbeschluss vom 4. 11. 2021, 5 Ob 185/21y, unter Zitat der entsprechenden Rechtssätze auch hingewiesen wurde – gilt auch für das Urkundenhinterlegungsverfahren, weil gemäß § 17 UHG die Bestimmungen des GBG über den Rekurs auf Rekurse gegen Beschlüsse über die Bewilligung oder Verweigerung der Hinterlegung oder der Einreihung– wie hier einer zu beurteilen ist – sinngemäß anzuwenden sind.

[11] 2. Auf dieser Basis erteilte das Erstgericht der Antragstellerin zutreffend einen Verbesserungsauftrag, der sich auf die nicht formgerechte – weil nicht im Elektronischen Rechtsverkehr erfolgte – Einbringung des Revisionsrekurses bezog. Innerhalb der Verbesserungsfrist brachte die Antragstellerin aber nur eine Mitteilung im Elektronischen Rechtsverkehr ein, die auf einen der Eingabe nicht angeschlossenen ordentlichen Revisionsrekurs verwies. Der ursprüngliche Formmangel wurde damit nicht saniert, der Revisionsrekurs lag auch nach Verbesserung nicht als elektronische Eingabe im PDF‑Format vor. Eine technische Unmöglichkeit der Einbringung wurde in der Mitteilung nicht behauptet.

[12] 3. In der Entscheidung 5 Ob 135/18s befasste sich der Fachsenat mit einem vergleichbaren Fall. Für das Grundbuchsverfahren ist danach mit der herrschenden, dort auch zitierten zivilprozessualen Lehre von der Unzulässigkeit einer „Mehrfachverbesserung“ auszugehen, wenn es sich beim nicht oder nicht vollständig verbesserten Formmangel um einen gleichartigen Parteifehler handelt, der nicht auf einem unzureichenden oder missverständlichen Verbesserungsauftrag des Gerichts beruht. In dem dort entschiedenen Fall wurde aufgrund eines Verbesserungsauftrags wegen Nichtverwendung des Elektronischen Rechtsverkehrs bei Einbringung eines ordentlichen Revisionsrekurses nur eine Mitteilung über dessen Einbringung im elektronischen Weg verfasst, der Revisionsrekurs aber – ebenso wie hier – nicht elektronisch als PDF‑Datei angeschlossen. An den Erwägungen dieser Entscheidung ist festzuhalten, sie gelten – aus den bereits dargestellten Gründen – gleichermaßen für das Rechtsmittelverfahren nach dem UHG. Ein – hier ohnedies nicht erteilter – weiterer Verbesserungsauftrag aufgrund der bloßen Mitteilung im Elektronischen Rechtsverkehr war daher nicht erforderlich.

[13] 4. Der schriftlich eingebrachte Revisionsrekurs wurde innerhalb der gesetzten Frist nicht auftragsgemäß verbessert. Die aufgrund des Verbesserungsauftrags eingebrachte elektronische Mitteilung über die Einbringung des – nicht angeschlossenen – Revisionsrekurses konnte den Parteifehler nicht vollständig sanieren. Wegen des innerhalb der gesetzten Frist nicht verbesserten Formmangels war der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen (RS0128266).

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