OGH 12Os142/21f

OGH12Os142/21f27.1.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Jänner 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Frank in der Strafsache gegen *S* und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 2 Z 2 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten S* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. September 2021, GZ 65 Hv 68/21a‑127, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0120OS00142.21F.0127.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten S* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Relevanz – der Angeklagte *S* je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 2 Z 2 SMG (a./I./A./) und der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 3 SMG (a./II./A./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in W*

a./ als Mitglied einer kriminellen Vereinigung vorschriftswidrig Suchtgift

I./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen und (zu A./1./) verschafft, und zwar Heroin (gemeint: sofern im Folgenden nichts Anderes angeführt wird) mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 7,48 % Heroin, 0,4 % Codein und 0,5 % Monoacetylmorphin, und zwar

A./

1./ einem verdeckten Ermittler am 10. Februar 2021 fünf Gramm brutto gegen ein Entgelt von130 Euro, indem er den Ankauf telefonisch vereinbarte, wobei die Übergabe durch zwei weitere Täter erfolgte;

2./ * V* in zumindest zwei Angriffen im Zeitraum 16. Mai 2021 bis 16. Juni 2021 zumindest zwei Gramm brutto gegen ein Entgelt von zumindest 40 Euro;

3./ * B*

a./ in zumindest zwei Angriffen im Zeitraum 12. Juni 2021 bis 15. Juni 2021 zumindest vier Gramm brutto gegen ein Entgelt von zumindest 80 Euro,

b./ am 16. Juni 2021 zwei Gramm brutto (beinhaltend zumindest 0,14 Gramm Heroin, 0,01 Gramm Monoacetylmorphin und weniger als 0,01 Gramm Acetylcodein) gegen Übergabe von 20 Euro;

4./ * F*

a./ in zumindest drei Angriffen im Zeitraum 12. Juni 2021 bis 15. Juni 2021 zumindest zehn Gramm brutto gegen ein Entgelt von zumindest 200 Euro,

b./ am 16. Juni 2021 4,5 Gramm brutto (beinhaltend zumindest 0,33 Gramm Heroin, 0,02 Gramm Monoacetylmorphin und 0,02 Gramm Acetylcodein) gegen ein Entgelt von 90 Euro;

5./ der Mitangeklagten in einer Vielzahl von Angriffen zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten zwischen 13. Juni 2021 und 16. Juni 2021 53,8 Gramm brutto gegen ein Entgelt von insgesamt 1.076 Euro, ein weiteres Gramm brutto (beinhaltend 0,07 Gramm Heroin sowie jeweils weniger als 0,01 Gramm Monoacetylmorphin und Codein) gegen ein Entgelt von 20 Euro, 4,8 Gramm brutto (beinhaltend 0,44 Gramm Heroin, 0,03 Gramm Monoacetylmorphin und 0,02 Gramm Codein) gegen ein Entgelt von 100 Euro sowie 10,3 Gramm brutto (beinhaltend 0,78 Gramm Heroin, 0,06 Gramm Monoacetylmorphin und 0,04 Gramm Codein);

6./ weiteren, nicht ausgeforschten Suchtgiftabnehmern in einer Vielzahl von Angriffen im Zeitraum Februar 2021 bis 16. Juni 2021 weitere 22,3 Gramm um 20 Euro pro Gramm;

II./ mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde,in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge

1./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten * N* als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) zu nicht mehr festzustellenden Zeitpunkten erworben und bis 9. März 2021 besessen, und zwar 193 Gramm brutto Heroin (beinhaltend zumindest 16,5 Gramm Heroin, 0,3 Gramm Monoacetylmorphin und 0,9 Gramm Acetylcodein) und 26,9 Gramm brutto Kokain (beinhaltend zumindest 6,07 Gramm Cocain);

2./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt erworben und bis 16. Juni 2021 besessen, und zwar 57 Gramm brutto Heroin (beinhaltend zumindest 4,48 Gramm Heroin, 0,3 Gramm Monoacetylmorphin und 0,2 Gramm Codein) sowie 8,3 Gramm brutto Kokain (beinhaltend zumindest 6,67 Gramm Cocain).

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Die Tatrichter begründeten die Feststellungen zum Tätigwerden des Beschwerdeführers als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (US 9 f) mit den Ergebnissen der Überwachung von Nachrichten sowie der optischen und akustischen Überwachung, der Verwendung einer bestimmten Wohnung als Bunker und Ort zur Aufbereitung von Suchtgift und der gleichzeitigen Festnahme des Angeklagten und zweier Mittäter in dieser Wohnung. Davon ausgehend beurteilten sie die Verantwortung des Angeklagten, er sei nicht als Mitglied einer kriminellen Vereinigung tätig geworden (ON 126 S 3), als Schutzbehauptung (US 14 f).

[5] Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider war das Erstgericht zu einer Erörterung sämtlicher Details der Aussage des Angeklagten, insbesondere der von ihm ins Treffen geführten Begehung früherer Straftaten als Alleintäter, schon mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RIS‑Justiz RS0106642). Im Übrigen stehen Angaben über die Vorgangsweise bei früheren Straftaten den kritisierten Sachverhaltsannahmen gar nicht entgegen (vgl RIS‑Justiz RS0098646).

[6] Mit dem Vorbringen, zwischen dem Fehlen einer DNA-Spur des Beschwerdeführers auf dem sichergestellten Suchtgift und den Urteilskonstatierungen zu Punkt a./II./A./1./ des Schuldspruchs bestehe ein erheblicher Widerspruch, wird ein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 nicht zur Darstellung gebracht. Aktenwidrigkeit (richtig: Z 5 fünfter Fall) liegt im Übrigen nur vor, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt eines Beweismittels in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt, während dessen Wertung im Rahmen des § 258 Abs 2 StPO erfolgt (RIS‑Justiz RS0099431).

[7] Soweit sich die (ebenfalls zu Punkt a./II./A./1./ des Schuldspruchs ausgeführte) Tatsachenrüge (Z 5a) im bloßen Hinweis auf die nicht mögliche Zuordnung des am Suchtgift sichergestellten Spurenmaterials zum Beschwerdeführer erschöpft, vernachlässigt sie, dass die ins Treffen geführten Beweismittel hinsichtlich ihrer Eignung, erhebliche Bedenken hervorzurufen, an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen zu messen sind (RIS‑Justiz RS0117446 [T1, T5]). Denn das Schöffengericht war trotz des in Rede stehenden DNA‑Gutachtens aufgrund der von Zeugen geschilderten Aufenthalte des Beschwerdeführers am Aufbewahrungsort des Suchtgifts, der Aufbereitung des Heroins an diesem Ort und einer Nachricht, wonach der Beschwerdeführer Suchtgift aus dem dortigen Gefrierfach holen und „zum Tor“ bringen solle, von seiner Täterschaft überzeugt (US 15 f).

[8] Indem die Rüge weiters versucht, mit der abermaligen Behauptung unvollständiger Würdigung der Verantwortung des Beschwerdeführers erhebliche Bedenken aufzuzeigen, verfehlt sie die Argumentation „aus den Akten“ (RIS‑Justiz RS0117961).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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