OGH 7Ob205/21d

OGH7Ob205/21d26.1.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prim. Dr. C* K*, vertreten durch Mag. Stefan Faulhaber, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A*-AG, *, vertreten durch Lederer, Hoff & Apfelbacher Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 17.023,26 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. September 2021, GZ 4 R 49/21m‑37, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 24. Februar 2021, GZ 27 Cg 13/19w‑27, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00205.21D.0126.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 860,58 EUR (darin enthalten 143,43 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens der Voraussetzungen einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Allein das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einer bestimmten Fallgestaltung begründet für sich noch nicht eine erhebliche Rechtsfrage (vgl RS0102181). Die Zurückweisung der Revision kann sich daher auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

[2] 1.1. Die Betreiberin einer Privatklinik fordertevom hier klagenden Belegsarzt – soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse – den Ersatz von Prozesskosten, nachdem sie in einem Verfahren auf Zahlung der Hauskosten gegen den Privatversicherer eines Patienten infolge unrichtig beurteilter und unzureichend dokumentierter Notwendigkeit der stationären Aufnahme durch den Kläger unterlegen war. Im gegenständlichen Verfahren begehrt der Kläger Deckung von seinem Haftpflichtversicherer.

[3] 1.2. Aus den §§ 149, 105 VersVG wird allgemein die Leistungspflicht des Versicherers dahingehend abgeleitet, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer vor begründeten Haftpflichtansprüchen zu befreien und Rechtsschutz gegenüber unbegründeter Ansprüche Dritter zu gewähren hat (vgl 7 Ob 60/13v mwN).

[4] 1.3.1. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wurden bereits folgende Grundsätze zum Prozesskostenersatz herausgearbeitet: Der Prozesskostenaufwand aus einem Vorprozess kann Gegenstand einer Schadenersatzforderung sein, wenn diese Kosten durch ein Verschulden des Dritten (mit‑)verursacht wurden (RS0023619). Als Pflichtverletzungen kommen vor allem die Verletzung einer vertraglichen Haupt‑ oder Nebenpflicht, die Verletzung einer vor‑ oder nachvertraglichen Pflicht, eine Irreführung gegenüber dem Vertragspartner oder sonst eine arglistige Irreführung in Betracht. Die Pflichtverletzung muss für das Vorverfahren (mit‑)ursächlich gewesen sein. Der Dritte muss den Kläger im Vorprozess somit durch sein Verhalten veranlasst und darin bestärkt haben, den Vorprozess zu führen oder sich auf diesen einzulassen. Die Ersatzpflicht ist weiters davon abhängig, dass der eingetretene Schaden im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der verletzten Pflicht steht. Die in Rede stehende Verpflichtung muss demnach darauf abzielen, gerade auch solche Schäden wie die konkret zu beurteilenden, also den Kostenschaden, zu verhindern. Die Kosten eines erkennbar aussichtslosen Vorprozesses sind nicht zu ersetzen, wenn es insofern am Rechtswidrigkeitszusammenhang mangelt (vgl 8 Ob 63/16x mwN, 6 Ob 164/20s).

[5] 1.3.2. Die Frage, ob der Kläger des Vorprozesses zur Führung des Verfahrens durch Verhalten des Dritten – schuldhaft – veranlasst oder bestärkt wurde, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Hier rief die Betreiberin nach Ablehnung der (teilweisen) Übernahme der Hauskosten durch den Privatversicherer die Schlichtungsstelle an, die zu dem Ergebnis kam, dass der stationäre Aufenthalt des Patienten nicht erforderlich war. Nachdem der Kläger sich gegenüber der Betreiberin dahingehend geäußert hatte, sich das nicht gefallen zu lassen, brachte Letztere die Klage gegen den Privatversicherer ein.

[6] 1.3.3. Die Vorinstanzen verneinten aufgrund fehlenden Verschuldens die Haftung des Klägers für die Prozesskosten und damit mangels Vorliegens einer begründenden Schadenersatzforderung die Verpflichtung der Beklagten zum Versicherungsschutz. Allein die getätigte Äußerung des Klägers ohne Hinzutreten weiteren Verhaltens, wie beispielsweise eine nochmalige Darlegung der Richtigkeit seiner Beurteilung oder das Unterbleiben der Bekanntgabe für den Ausgang eines Verfahrens bedeutsamer Umstände reiche für die Annahme eines Veranlassens oder Bestärkens der – das Ergebnis der Schlichtungsstelle kennenden – Betreiberin zur Klagsführung nicht aus.

[7] 1.3.4. Diese Beurteilung, gegen die der Kläger keine stichhaltigen Argumente bringt, ist im Einzelfall jedenfalls vertretbar und nicht korrekturbedürftig. Davon ausgehend stelle sich die Frage des Rechtswidrigkeitszusammenhangs nicht.

[8] 2. Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 41, 50 ZPO, die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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