OGH 7Ob60/13v

OGH7Ob60/13v23.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****GmbH, *****, vertreten durch Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte OG in Mödling, gegen die beklagte Partei H***** AG, *****, vertreten durch Frieders Tassul & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 40.950,46 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2012, GZ 5 R 178/12a‑13, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 25. Juli 2012, GZ 34 Cg 15/12f‑9, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0070OB00060.13V.0523.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.002,14 EUR (darin enthalten 333,69 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat bei der Beklagten einen Vermögensschaden-Haftpflicht-versierungsvertrag (Excedenten-Haftpflichtversicherungs-vertrag) zu Gunsten der Kammermitglieder abgeschlossen. Die hier wesentlichen Bestimmungen des Versicherungsvertrags lauten:

„Abschnitt I) Allgemeiner Teil

...

4. Versichertes Risiko/Versicherungsschutz:

Excedenten-Haftpflichtversicherung, welche die Kammer der Wirtschaftstreuhänder für ihre Mitglieder für den Fall abschließt, dass bei einem Schaden die Leistung der von dem betreffenden Mitglied individuell abgeschlossenen Vermögensschaden‑Haftpflichtversicherung nicht ausreicht ‑ gleichgültig ob nur die gesetzlich vorgesehene oder eine höhere Summe im Rahmen des individuellen Vertrages vereinbart ist.

Die in den individuellen Versicherungsverträgen vorgesehenen Versicherungssummen wirken daher wie ein Selbstbehalt zu dem vorliegenden Excedenten‑Versicherungsvertrag.

...

Abschnitt II) Haftpflichtversicherung

4. Versicherungsschutz:

...

Im Versicherungsfall übernimmt der Versicherer

4.1 die Erfüllung von Schadenersatz-verpflichtungen, die dem Mitglied der Versicherungsnehmerin wegen eines Schadens (gemäß Abschnitt II Pkt 3.) aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts erwachsen;

4.2 die Kosten der Feststellung und der Abwehr einer von einem Dritten behaupteten Schadenersatzverpflichtung gemäß Abschnitt II Pkt 7.3.

...

7. Versicherungssumme:

7.1 Die Höhe der Excedenten‑Haftpflicht-versicherungssumme für jedes Mitglied ist von der Höhe der Versicherungssumme der von den betreffenden Mitgliedern selbst abgeschlossenen Vermögensschaden‑Haftpflicht-versicherung abhängig und beträgt jedenfalls das Neunfache der von dem betreffenden Mitglied selbst abgeschlossenen Versicherungssumme, mindestens jedoch EUR 654.056 und höchstens EUR 2,180.185.

Maßgeblich ist dabei die Versicherungssumme des individuellen Versicherungsvertrages, die für den betreffenden Schaden gilt. Basisdeckungen werden zur Bemessung der Versicherungssumme nur herangezogen, wenn sie dem Versicherer nachgewiesen werden.

Beträgt die Versicherungssumme des vom versicherten Mitglied individuell abgeschlossenen Versicherungsvertrages (bzw mehrerer solcher Verträge ‑ Basisdeckung) insgesamt weniger als EUR 72.673, setzt der Excedentenvertrag dennoch erst bei einer Schadenshöhe von EUR 72.673 ein. [...]

7.2 Die jeweilige Versicherungssumme (gemäß Abschnitt II Pkt 7.1.) stellt die Höchstleistung des Versicherers für einen Versicherungsfall dar. [...]

7.3 Die Versicherung umfasst ferner die den Umständen nach gebotenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Feststellung und Abwehr eines von einem Dritten erhobenen Anspruchs, und zwar auch dann, wenn sich der Anspruch als unberechtigt erweist. [...]

7.4 Kosten bzw Aufwand gemäß Abschnitt I Pkt 9.2. sowie Abschnitt II Pkt 7.3. werden auf die Versicherungssumme angerechnet.

...

8. Deckungsbereich

8.1 Die Deckung pro Versicherungsfall und pro versichertes Mitglied beginnt bei mindestens EUR 72.673 (siehe Abschnitt II Pkt 7.).

9. Mitversicherte:

...

9.3. Jedem einzelnen versicherten Mitglied kommen die Rechte und Pflichten eines Versicherungsnehmers selbst zu.“

Die Klägerin hat bei der U***** AG (nachfolgend: U*****) eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung über eine Versicherungssumme von 726.729 EUR abgeschlossen. Diese unterliegt folgender Aufteilung: „242.243 EUR stehen als Basisversicherungssumme vor dem Kammervertrag zur Verfügung, EUR 484.486 als Excedent nach dem Kammervertrag, frühestens nach 2.422.426 EUR“ (wörtliche Feststellung der Vorinstanzen).

Art 3 der Versicherungsbedingungen der U***** (Allgemeine Bedingungen zur Haftpflichtversicherung von Vermögensschäden der Wirtschaftstreuhänder ‑ AVBW) lautet:

„Art 3 Sachliche Begrenzung der Haftung

(1) Die Versicherungssumme stellt den Höchstbetrag der dem Versicherer ‑ abgesehen vom Kostenpunkt (siehe Abs 4) ‑ in jedem einzelnen Schadenfall obliegenden Leistung dar, und zwar mit der Maßgabe, dass nur eine einmalige Leistung der Versicherungssumme in Betracht kommt. [...]

(4) Die Versicherung umfasst auch die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Abwehr des von einem Dritten erhobenen Anspruchs, soweit die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist, und zwar auch dann, wenn sich der Anspruch als unbegründet erweist.

a) [...]

b) Die über Weisung des Versicherers oder von ihm selbst aufgewendeten Kosten werden nicht als Leistung auf die Versicherungssumme angerechnet [vgl aber lit c)].

c) Übersteigt der Anspruch des Dritten die Versicherungssumme, so trägt der Versicherer die Kosten mit jenem Betrag, der bei einem Anspruch in der Höhe der jeweils zur Verfügung stehenden Versicherungssumme aufgelaufen wäre. Dies gilt auch dann, wenn es sich um mehrere aus einem Schadensereignis entstehende Prozesse handelt. Der Versicherer ist ferner berechtigt, sich durch Hinterlegung der Versicherungssumme und des hierauf entfallenden Anteils an den entstandenen Kosten von weiteren Leistungen zu befreien.

...“

Die Klägerin trat dem Verfahren 52 Cg 127/11g des Handelsgerichts Wien auf Seiten des dortigen Beklagten als Nebenintervenientin bei. Der Klagevertreter legte über seine Leistungen für die Vertretung der Klägerin in diesem Verfahren am 24. 1. 2012 zwei Honorarnoten über 45.485,04 EUR und über 5.152,34 EUR.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Teils dieser Vertretungskosten von 40.950,46 EUR sA und die Feststellung, dass die Beklagte der Klägerin aufgrund und im Umfang des Excedenten‑Haftpflichtversicherungsvertrags Deckungs-schutz zu gewähren und die im Verfahren vor dem Handelsgericht Wien zu 52 Cg 127/11g anfallenden Kosten und Barauslagen mit jenem Anteil zu ersetzen habe, der von der U***** vereinbarungsgemäß nicht zu ersetzen sei. Der im genannten Verfahren auf Zahlung von 2.995.532,32 EUR sA in Anspruch genommene Beklagte habe der dortigen Klägerin Anteile an einer Gesellschaft veräußert, deren Jahresabschlüsse zum 31. 12. 2005 und 31. 12. 2006 von der Klägerin geprüft und behauptetermaßen unrichtig testiert worden seien.

Aus der Regelung des Art 3 Abs 4 lit c der Versicherungsbedingungen der U***** ergebe sich, dass, da der Anspruch des Dritten die Versicherungssumme übersteige, die U***** die Kosten nur auf Basis eines Streitwerts in Höhe der Versicherungssumme von 573.106,23 EUR trage. Als maßgebliche Höhe nach Abschnitt II) 7. des Excedenten‑Versicherungsvertrags sei der Klagsbetrag aus dem „Bezugsverfahren“, somit 2.995.532,32 EUR heranzuziehen. Dieser Betrag übersteige die vertraglich festgelegte Schadenshöhe von 72.673 EUR. Da die U***** als individueller Vermögensschaden‑Haftpflichtversicherer die aufgelaufenen Kosten nur aliquot ersetze, entstehe eine Deckungslücke. Im Zweifel sei der Excedenten‑Haftpflichtversicherungsvertrag so auszulegen, dass eine solche Lücke nicht entstehe. Die von der Beklagten vorgenommene Auslegung sei grob unsachlich. Die Verpflichtung zur Bevorschussung resultiere aus § 150 Abs 1 VersVG.

Im Verfahren vor dem Handelsgericht Wien seien der Klägerin bislang Rechtsvertretungskosten in Höhe von 50.637,38 EUR brutto angefallen. Der individuelle Vermögensschaden‑Haftpflichtversicherer habe seine Deckungspflicht für diese Kosten auf Basis einer Bemessungsgrundlage von 573.106,23 EUR anerkannt. Bezogen auf den Streitwert von 2.995.532,23 EUR bedeute dies, dass eine aliquote Kostenübernahme von 19,13 % zugesagt worden sei. Demgemäß habe die Beklagte 80,87 % der anfallenden Vertretungskosten, sohin 40.950,46 EUR brutto, zu übernehmen. Da die Beklagte die Deckung abgelehnt habe, habe die Klägerin auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten für alle weiteren in jenem Verfahren anfallenden Kosten und Barauslagen.

Die Beklagte bestreitet. Die von der Klägerin angesprochenen Kosten seien vollständig im Rahmen des Grundversicherungsvertrags bei der U***** gedeckt, sie würden nicht die Einstiegsgrenze des Excedenten‑Haftpflichtversicherungsvertrags erreichen. Die Versicherungssumme der Grundversicherung in Höhe von 573.106,23 EUR sei nicht ausgeschöpft. Erst wenn die berechtigten Ansprüche die Versicherungssumme übersteigen würden, habe der Grundversicherer das Recht, Kosten entsprechend zu aliquotieren.

Weiters sei das „Bezugsverfahren“ noch nicht einmal in erster Instanz beendet, sodass eine Bevorschussung nicht begehrt werden könne. Eine Rechtsgrundlage für eine Bevorschussung ergebe sich auch nicht aus dem Vertrag, den die Beklagte mit der Kammer der Wirtschaftstreuhänder geschlossen habe. Das Feststellungsbegehren sei unberechtigt. Die Beklagte habe ihre grundsätzliche Deckungspflicht, auch für die Abwehrkosten, im Rahmen des Excedenten‑Haftpflichtversicherungsvertrags bestätigt. Die Frage, ob die U***** etwas zahle oder nicht, habe mit dem rechtlichen Anspruch gegenüber der Beklagten nichts zu tun.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Vom Excedenten-Haftpflichtversicherungsvertrag seien unstrittig auch Abwehrkosten umfasst. Die Deckung pro Versicherungsfall und pro versichertem Mitglied beginne gemäß Abschnitt II) 8.1 bei mindestens 72.673 EUR. Gemäß Abschnitt II) 7.4 seien die Kosten gemäß Abschnitt I) 9.2 sowie Abschnitt II) 7.3 auf die Versicherungssumme anzurechnen. Es ergebe sich daher aus dem Wortlaut des Versicherungsvertrags, dass die Deckung erst bei einem Betrag von mindestens 72.673 EUR beginne. Die bisher aufgelaufenen Kosten hätten diesen Betrag noch nicht erreicht. Sowohl das Leistungsbegehren als auch das Feststellungsbegehren seien daher abzuweisen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Im „Bezugsverfahren“ begehre zwar die dortige Klägerin vom dortigen Beklagten die Zahlung von 2.995.523,32 EUR. Zur Zahlung dieses Betrags könne aber nur der dort Beklagte verpflichtet werden, nicht die als Nebenintervenientin beigetretene Klägerin. Zu ihrer Inanspruchnahme bedürfte es der Einleitung eines (Regress‑)Verfahrens gegen die Klägerin. Der Klägerin als Nebenintervenientin könnten im „Bezugsverfahren“ nur Prozesskosten als „Schaden“ entstehen, weshalb die Beklagte zu einer Deckung vor Erreichen eines Betrags von 72.673 EUR jedenfalls nicht verpflichtet sei.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, wann die Pflicht zur Bevorschussung der Kosten der Nebenintervenientin bei einer Excedenten-Haftpflichtversicherung beginne und was unter dem Begriff „Schadenshöhe“ zu verstehen sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte begehrt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Aus den §§ 149, 150 VersVG wird allgemein die Leistungspflicht des Versicherers dahingehend abgeleitet, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer von begründeten Haftpflichtansprüchen Dritter zu befreien und ihm Rechtsschutz gegenüber unbegründeten Ansprüchen Dritter zu gewähren hat. Die Befreiungs‑ und Rechtsschutzverpflichtung sind Ausprägungen eines einheitlichen Versicherungsanspruchs (Baumann in Honsell Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz Vorbem §§ 149 bis 158k Rz 37; Voit/Knappmann in Prölss/Martin VersVG27 Vorbem §§ 149 bis 158k Rz 3, Bruck/Müller/Johannsen IV Anm B 36, 7 Ob 84/08s).

Die Rechtsschutzgewährungspflicht des Versicherers ist auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu den Grundprinzipien der Haftpflichtversicherung Hauptleistungspflicht des Versicherers. Sie besteht daher gleichrangig neben der Pflicht, den Versicherungsnehmer von begründeten Schadenersatzansprüchen des geschädigten Dritten zu befreien (Littbarski in Langheid/Wandt Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz § 101 Rz 6 mwN). Die außergerichtliche und gerichtliche Verteidigung gegen den vom Geschädigten geltend gemachten Haftpflichtanspruch ist Aufgabe des Versicherers. Der vom Haftpflichtversicherer geschuldete Rechtsschutz wird durch Übernahme der für die Verteidigung gegen den Haftpflichtanspruch erforderlichen Kosten gewährt (Baumann aaO § 150 Rz 7).

2. Im Zivilprozess trägt der Versicherer, falls der Versicherungsnehmer unterliegt, die gerichtlichen, die eigenen und die dem Gegner entstandenen Kosten. Die Einstandspflicht des Versicherers umfasst im Rahmen der Versicherungssumme die gesamten Kosten des Haftpflichtprozesses, nach Maßgabe des § 150 Abs 2 Satz 1 VersVG auch dann, wenn die Kosten zusammen mit der übrigen Entschädigung die Versicherungssumme übersteigen. Falls der Versicherungsnehmer obsiegt, trägt der Versicherer die eigenen Kosten einschließlich der Gerichtskostenvorschüsse, wenn eine Erstattung nicht alsbald vom Gegner zu erlangen ist (Voit/Knappmann aaO § 150 Rz 7 Baumann aaO § 150 Rz 9, Langheid in Römer/Langheid VersVG2 § 150 Rz 2, Littbarski aaO § 101 Rz 11).

Übersteigen die Ansprüche des Dritten (ohne Kosten) die Versicherungssumme, so ist zu unterscheiden:

2.1. Erweisen sich die die Versicherungssumme übersteigenden Ansprüche (ohne Kosten) als unbegründet, so hat der Versicherer die Kosten voll zu tragen, denn die Pflicht zur Abwehr unberechtigter Ansprüche ist nicht durch die Deckungssumme begrenzt, dies selbst dann nicht, wenn sich die Kosten aus einem über die Versicherungssumme hinausgehenden Streitwert berechnen (Baumann aaO § 150 Rz 21, Voit/Knappmann aaO § 150 Rz 11, Littbarski aaO § 101 Rz 86, Gräfe in Gräfe/Brügge Vermögensschadenshaftpflichtversicherung S 255).

Die Rechtsschutzfunktion fordert, dass der Versicherer die Kosten der Abwehr eines gegen den Versicherungsnehmer erhobenen unberechtigten Anspruchs stets und unabhängig von der Höhe des Streitwerts zu tragen hat. Sie würde entwertet, wenn der Versicherer ohne Rücksicht auf den Betrag der Verurteilung diejenigen Kosten, die aus dem die Versicherungssumme übersteigenden Teil der Klagsforderung entstehen, nicht zu tragen hätte, was im Fall offensichtlich überhöhter Forderungen oder mutwilliger Klagserhebung besonders deutlich wird (Baumann aaO § 150 Rz 22, OLG Düsseldorf VersR 1991, 94).

2.2. Eine verhältnismäßige Aufteilung der Kosten findet demnach nur dann statt, wenn die zur Erfüllung der begründeten Haftpflichtansprüche zu zahlende Entschädigung die Versicherungssumme übersteigt (vgl Baumann aaO § 150 Rz 22, Voit/Knappmann aaO § 150 Rz 11).

3. § 11 Abs 1 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTWG) schreibt den Wirtschaftstreuhändern den Abschluss individueller Berufshaftpflichtversicherungen vor. Darüber hinaus versicherte die Kammer der Wirtschaftstreuhänder durch den Abschluss des Excedenten‑Versicherungsvertrags (Anschlussversicherungsvertrags) Gefahren aus Pflichtverletzungen ihrer Mitglieder, die durch die individuellen Versicherungsverträge nicht gedeckt sind. Der Excedentenversicherer tritt ein, wenn die individuelle Versicherungsleistung (Grundversicherung) ausgeschöpft ist.

3.1. Übersteigt der unbegründete Anspruch des angeblich Geschädigten die Grundversicherung, sind nach dem zuvor Ausgeführten die Abwehrkosten des Anspruchs vollständig vom Grundversicherer zu tragen. Eine aliquote Aufteilung oder eine solche nach dem Gegenstandswert der Grunddeckung kommt nicht in Frage. Der Grundversicherer ist leistungspflichtig, solange seine Versicherungssumme nicht verbraucht ist. Es gilt nämlich das Gleiche wie für den Fall der Abwehr eines unbegründeten Haftpflichtanspruchs, der über die Deckungssumme hinausgeht, wenn kein Excedentenversicherer, sondern nur ein Versicherer vorhanden ist. Übersteigt der begründete Anspruch die Grundversicherung, trägt der Grundversicherer die Kosten aus der Wertklasse seiner Versicherungssumme. Den darüber hinausgehenden Kostenbetrag übernimmt der Anschlussversicherer (Gräfe aaO S 257).

4. Entscheidungswesentlich ist, ob die Deckungspflicht der beklagten Excedenten-Haftpflichtversicherung bereits eingetreten ist. Dazu ist Abschnitt I Pkt 4. des Excedenten‑Versicherungsvertrags auszulegen.

4.1. Nach ständiger Rechtsprechung sind Allgemeine Versicherungsbedingungen nach Vertragsauslegungsgrundsätzen (§§ 914 ff ABGB) auszulegen. Die Auslegung hat sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (RIS‑Justiz RS0050063), wobei die einzelnen Klauseln, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen sind (RIS‑Justiz RS0008901). Es ist der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck der Bestimmung zu berücksichtigen (7 Ob 58/05p mwN uva).

4.2. Die Anschlussversicherung ist so konstruiert, dass deren Eintritt erst erfolgt, wenn die Deckung des individuellen Versicherungsvertrags nicht ausreicht, also ausgeschöpft ist. Der individuelle Versicherungsvertrag kann aber nur dann als ausgeschöpft angesehen werden, wenn die Versicherungssumme nicht ausreicht, obwohl zumindest die gesetzlich vorgesehene Deckung durch die Grundversicherung vereinbart ist.

Im vorliegenden Fall argumentiert die Klägerin, die Versicherungssumme der Grundversicherung reiche nicht aus, um die ihr entstehenden Kosten der Nebenintervention abzudecken, weil ihr Grundversicherer nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen (Art 3 Abs 4 lit c) die Kosten nur mit jenem Betrag zu tragen habe, die bei einem Anspruch in der Höhe der vereinbarten Versicherungssumme aufgelaufen wären. Die Klägerin legt damit ihrem Anspruch im vorliegenden Verfahren gerade die fehlende individuelle Deckung auf Grund der genannten Bestimmung der Vertragsbedingungen ihrer Grundversicherung zu Grunde, sodass weder diese Bestimmung ausgelegt noch geprüft werden muss, ob ihr im Verhältnis der Klägerin zu ihrem Grundversicherer Wirksamkeit zukommt.

Unterstellt man dieser Bestimmung in den Vertragsbedingungen nämlich das von der Klägerin behauptete Verständnis ihres Grundversicherers, so wäre ‑ vor dem Hintergrund der eingangs erfolgten Ausführungen ‑ eine nicht unerhebliche Einschränkung der Verpflichtung zum Rechtsschutz des Grundversicherers vorgenommen worden. Vereinbart aber der Versicherungsnehmer mit seinem individuellen Versicherer die Rechtsschutzverpflichtung abweichend von den §§ 149, 150 VersVG dahingehend, dass eine nach dem Gesetz bestehende Hauptleistungspflicht wesentlich eingeschränkt wird, dann liegt kein „Ausschöpfen“ der Grundversicherung im Sinn des Abschnitts I) 4. des Excedenten‑Versicherungsvertrags vor. Wie ausgeführt, ist die Excedentenversicherung als Anschlussversicherung und nicht als Ausfallsversicherung konstruiert. Eine Auslegung dahingehend, dass der Anschlussversicherer die Differenz zwischen den tatsächlich entstandenen Abwehrkosten und den vom Grundversicherer abweichend von §§ 149, 150 VersVG nicht gedeckten Kosten zu tragen hat, kommt nicht in Betracht.

Zusammengefasst bedeutet dies: Eine Grundversicherung ist nach Abschnitt I) 4. des Excendeten-Versicherungsvertrags solange nicht „ausgeschöpft“, als die nach §§ 149, 150 VersVG vom Grundversicherer zu tragenden Abwehrkosten zu decken sind und eine allfällige Differenz zwischen den tatsächlich entstandenen und den vom Grundversicherer gedeckten Abwehrkosten aus einer vom Versicherungsnehmer mit dem Grundversicherer vereinbarten Einschränkung der Hauptleistungspflicht nach §§ 149, 150 VersVG resultiert.

5. § 150 Abs 1 Satz 4 VersVG sieht vor, dass der Versicherer die Kosten auf Verlangen des Versicherungsnehmers vorzuschießen hat. Der Vorschuss steht regelmäßig unter dem Vorbehalt der endgültigen Abrechnung, jedoch nicht unter jener des Bestehens des Rechtsschutzanspruchs (Baumann aaO § 150 Rz 32, Voit/Knappmann aaO § 150 Rz 13).

5.1. Die regelmäßig mit der Aufforderung zur Nebenintervention verbundene Streitverkündung (§ 21 ZPO) begründet für den Benachrichtigten keine Pflicht, sondern ein Recht, in den Rechtsstreit einzutreten, sofern für den Beitretenden ein rechtliches Interesse am Obsiegen einer der Parteien im Hauptprozess besteht (§ 17 Abs 1 ZPO). Ein solches ist insbesondere im Fall drohender Regressnahme in einem Folgeprozess wegen des Prozessverlusts der streitverkündenden Partei im Hauptprozess zu bejahen. Die Wirkungen eines materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils erstrecken sich insoweit auf den einfachen Nebenintervenienten und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligte, als diese Personen als Parteien eines als Regressprozess geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die mit notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stehen. Wird einem Versicherungsnehmer durch einen von ihm (angeblich) geschädigten Dritten der Streit verkündet, so ist demnach der Haftpflichtversicherer zur Übernahme der Kosten des Nebenintervenienten verpflichtet (7 Ob 148/06z mwN), was von der Beklagten auch nicht bezweifelt wird.

5.2. Richtig verwiesen die Vorinstanzen darauf, dass derzeit nicht feststeht, ob und in welchem Umfang allenfalls von der Klägerin Regress gefordert wird. Ebenfalls offen ist, inwieweit allfällige Regressansprüche begründet sind; sie könnten also möglicherweise zur Gänze unbegründet sein.

Derzeit steht demnach nicht fest, ob die Grundversicherung der Klägerin im Sinn des Abschnitts I) 4. des Excedenten‑Versicherungsvertrags ausgeschöpft ist, weshalb zum jetzigen Zeitpunkt auch die Deckungspflicht der Beklagten als Anschlussversicherer noch nicht eingetreten ist. Ihr gegenüber besteht daher derzeit kein Anspruch auf Leistung eines Kostenvorschusses. Gleiches gilt für das Feststellungsbegehren der Klägerin. Da unbestritten ist, dass die Beklagte nach Ausschöpfen der Grundversicherung in die Kostendeckung eintreten will, geht es beim Feststellungsbegehren um die Berechtigung der Klägerin, vor Ausschöpfen der Versicherungssumme der individuellen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung der Klägerin bei der U***** (weitere) Vorschüsse von der Beklagten fordern zu können.

6. Da das Klagebegehren schon deshalb nicht zu Recht besteht, weil bislang die Grundversicherung nicht ausgeschöpft und damit eine Verpflichtung der Beklagten zur Deckung im Sinn des Abschnitts I) 4. des Excedenten‑Versicherungsvertrags nicht eingetreten ist, besteht auch keine Notwendigkeit, den Begriff Schadenshöhe in Abschnitt II) 7. des Excedenten‑Versicherungsvertrags auszulegen. Gleiches gilt für die Frage der Beurteilung der Wirksamkeit der Bestimmung 7.1 in Verbindung mit 8.1 in Abschnitt II) nach §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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