OGH 2Ob128/21v

OGH2Ob128/21v5.8.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj K***** N*****, geboren ***** 2008, und des mj B***** N*****, geboren ***** 2009, im Verfahren über den Revisionsrekurs des Vaters Mag. G***** N*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. März 2021, GZ 44 R 78/21b‑289, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 11. Jänner 2021, GZ 96 PU 119/12h‑280, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0020OB00128.21V.0805.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht die Abweisung des Antrags des Revisionsrekurswerbers, seine Unterhaltspflicht für die beiden Minderjährigen jeweils von 180 EUR auf 100 EUR herabzusetzen. Den Revisionsrekurs ließ es nicht zu. Dagegen erhob der unvertretene Vater einen „außerordentlichen Revisionsrekurs“ mit einer „Zulassungsvorstellung“. Das Erstgericht trug ihm die Verbesserung des Rechtsmittels durch Vertretung durch einen Rechtsanwalt auf. Der Vater kam diesem Auftrag nicht nach, sein Verfahrenshilfeantrag wurde rechtskräftig abgewiesen.

[2] Das Erstgericht legte das unverbesserte Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor. Der Vorlagebericht wurde vom Diplomrechtspfleger erstattet.

Rechtliche Beurteilung

[3] Diese Vorlage entspricht nicht den §§ 62 f AußStrG:

[4] 1. Hat das Rekursgericht – wie hier – den ordentlichen Revisionsrekurs in einer rein vermögensrechtlichen Angelegenheit nicht zugelassen, ist ein außerordentlicher Revisionsrekurs nach § 62 Abs 5 AußStrG nur zulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand 30.000 EUR übersteigt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil der Entscheidungsgegenstand nach § 58 Abs 1 JN (dreifacher Jahreswert des strittigen Unterhalts) bei jedem Kind nur 2.880 EUR beträgt ([180–100] x 36). Daher wäre der Oberste Gerichtshof nur dann zur Entscheidung berufen, wenn das Rekursgericht einem Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs iSv § 63 AußStrG stattgegeben hätte. Das war bisher nicht der Fall.

[5] 2. Aus diesem Grund fehlt dem Obersten Gerichtshof die funktionelle Zuständigkeit für eine Entscheidung über das Rechtsmittel (RS0120898); insbesondere kann er den Mangel der nach § 6 Abs 1 AußStrG erforderlichen Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht wahrnehmen (5 Ob 18/20p). Die Akten sind daher dem Erstgericht zur Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens zurückzustellen.

[6] 3. Das Erstgericht wird neuerlich – wie schon mit dem im vorliegenden Verfahren ergangenen Beschluss 2 Ob 179/17p – darauf hingewiesen, dass Berichte an vorgesetzte Behörden nach § 16 Abs 2 Z 1 RPflG dem Richter vorbehalten sind. Dazu gehören auch Vorlageberichte iSv § 179 Geo (RS0125601). Zwar werden die Akten bei Vorlage eines ohnehin zulässigen Rechtsmittels regelmäßig nicht an das Erstgericht zurückzuleiten sein, um auch die Unterschrift des Richters einzuholen (6 Ob 37/16h). Das ändert aber nichts an der Verpflichtung des Erstgerichts, bei Erstattung des Vorlageberichts den Richtervorbehalt zu beachten. Darin liegt kein leerer Formalismus. Denn der Richtervorbehalt dient dazu, die Rechtsauffassung des Diplomrechtspflegers noch vor der Vorlage an höhere Gerichte einer ersten Prüfung zu unterziehen (4 Nc 24/09f) und dadurch – wie hier – unnötige Verfahrensschritte zu vermeiden.

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