OGH 1Ob60/21m

OGH1Ob60/21m18.5.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin M***** B*****, vertreten durch Mag. Hubert Wagner LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner E***** B*****, vertreten durch Mag. Claudia Fessler LL.M., Rechtsanwältin in Wien, wegen

Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. Februar 2021, GZ 44 R 6/21i‑86, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 31. August 2020, GZ 55 Fam 19/16k‑74, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00060.21M.0518.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] 1.1 Nach den Feststellungen des Erstgerichts wurden die vom Antragsteller im Sommer 2014 behobenen ehelichen Ersparnisse von rund 60.000 EUR nicht für das „eheliche Leben“ verbraucht, sondern befinden sich weiterhin als Bargeld in seiner Verfügungsgewalt. Die im Zusammenhang mit der Erledigung der Beweisrüge durch das Rekursgericht behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).

[2] 1.2 Das Rekursgericht hat sich mit der Beweisrüge des Antragsgegners ausführlich auseinandergesetzt und dabei auch dargelegt, warum seine Darstellung, die festgestellten Ersparnisse seien für das eheliche Leben verbraucht worden, nicht zu überzeugen vermochte. Von einer floskelhaften Scheinbegründung, wie der Revisionsrekurswerber meint, kann dabei keine Rede sein. Indem er moniert, dass eine solche Feststellung zu treffen gewesen wäre, wendet er sich in Wahrheit gegen die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen. Die Beweiswürdigung kann aber vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden, der auch im Außerstreitverfahren nur Rechts‑ und nicht Tatsacheninstanz ist (RIS‑Justiz RS0007236).

Rechtliche Beurteilung

[3] 2.1 Da das Verfahren mit Antrag vom 21. 6. 2016 eingeleitet wurde, ist die Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands (EuEheGütVO) nicht anwendbar (Art 69 Abs 1 EuEheGütVO). Gemäß dem in der Rechtsprechung zur Anknüpfung des Rechts der nachehelichen Vermögensaufteilung herangezogenen § 20 IPRG (1 Ob 94/19h mwN) kommt – aufgrund des gemeinsamen Personalstatuts der geschiedenen Ehegatten – das Recht der Föderation von Bosnien und Herzegowina zur Anwendung.

[4] 2.2 In der Föderation von Bosnien und Herzegowina (FBiH) ist das Ehe‑ und Kindschaftsrecht im Familiengesetz vom 6. 6. 2005 (FamG FBiH) geregelt (Bubic/Pürner in Süß/Ring, Eherecht in Europa4 Föderation Bosnien und Herzegowina Rn 4; Jessel‑Holst in Bergmann/Ferid/Heinrich, Internationales Ehe‑ und Kindschaftsrecht, Bosnien und Herzegowina, 37; Gesetzestext abgedruckt in Bergmann/Ferid/Heinrich aaO 93 ff), wobei das Scheidungsrecht dem Zerrüttungsprinzip folgt (Art 41 FamG FBiH; Bubic/Pürner in Süß/Ring, Eherecht4 Föderation Bosnien und Herzegowina, Rn 59; Jessel‑HolstaaO, Bosnien und Herzegowina 45) und die Auseinandersetzung der ehelichen Errungenschaft über Antrag sowohl während des Bestehens als auch nach Beendigung der Ehe erfolgen kann (Art 255 Abs 2 FamG FBiH). Ob, wie der Revisionsrekurswerber meint, dennoch als „maßgeblicher Aufteilungsstichtag“ nicht jener der Ehezerrüttung (2013), sondern jener der Ehescheidung (2016) oder allenfalls der endgültigen Trennung durch Auszug der Antragstellerin (2015) heranzuziehen wäre, ist nicht von Relevanz, weil nach den Feststellungen zu allen diesen Zeitpunkten die ehelichen Ersparnisse in seiner Verfügungsgewalt waren. Indem er unterstellt, diese wären bereits („für das eheliche Leben“) verbraucht gewesen, entfernt er sich von den Sachverhaltsfeststellungen. Für die von den Vorinstanzen der Aufteilung unterzogenen Gegenstände des Ehevermögens, stellt er ohnedies nicht in Frage, dass sie zu den jeweiligen Zeitpunkten vorhanden waren. Damit kann er auch keine erhebliche Rechtsfrage bei der Anwendung fremden Rechts aufzeigen (vgl dazu RS0042948 [T3; T4; T21; T23]; RS0042940).

[5] 3. Mit Rechtsrüge ist nur überprüfbar, ob das Ergebnis der Anwendung des § 34 AußStrG richtig ist, wobei die von den Tatsacheninstanzen festgestellten Umstände zugrundezulegen sind. Als von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängige Ermessensentscheidung könnte ein Bewertungsfehler aber nur bei einer gravierend fehlerhaften Ermessensausübung an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RS0040341 [T2, T14]). Die Vorinstanzen haben für die beim Revisionsrekurswerber verbliebenen und von ihm seit dem Auszug der Frau allein genutzten ehelichen Fahrnisse einen aktuellen Wert von „geschätzt“ 7.540 EUR angenommen, wobei auch er darauf pocht, dass der Wert zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblich sei. Inwieweit den Vorinstanzen dabei eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende (insgesamt ins Gewicht fallende) Fehlbeurteilung unterlaufen sein soll, vermag der Antragsteller mit seinen allgemein gehaltenen Ausführungen, wonach für das eheliche Gebrauchsvermögen ein „entsprechend“ geringerer Wert anzusetzen gewesen wäre, nicht aufzuzeigen.

[6] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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