OGH 9Ob17/21x

OGH9Ob17/21x29.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Hon.‑Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Pflegschaftssache der mj L***** W*****, geboren am ***** 2017, in Pflege und Erziehung der Mutter und Antragstellerin S***** R*****, vertreten durch MMag. Dr. Susanne Binder‑Novak, Rechtsanwältin in St. Pölten, Vater und Antragsgegner: M***** W*****, vertreten durch Hintermeier Brandstätter Engelbrecht Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen Änderung des Familiennamens, über den Revisionsrekurs der Mutter gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 19. Jänner 2021, GZ 23 R 16/21g‑12, womit dem Rekurs der Mutter gegen den Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 27. November 2020, GZ 2 Ps 100/17t‑5, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0090OB00017.21X.0429.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ab. Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 Satz 4 AußStrG).

[2] 1.  Gemäß § 181 Abs 1 Satz 3 ABGB kann das Gericht im Einzelfall eine gesetzlich – wie hier gemäß § 167 Abs 2 ABGB für die Änderung des Familiennamens des Kindes – erforderliche Einwilligung oder Zustimmung des anderen obsorgeberechtigten Elternteils ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen. Zur Beantwortung der Frage, ob die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern ist, hat eine umfassende Interessenabwägung (RS0123272) zu erfolgen. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass im Allgemeinen die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens des Kindes mit jenem der Familie, in der es aufwächst, dem Wohl des Kindes in einem höheren Maße entspricht als die Beibehaltung seines anderslautenden Familiennamens. Andererseits ist jedoch auch zu prüfen, ob die angestrebte Namensänderung geeignet ist, das Kind von jenem Elternteil, dessen Familiennamen es verlieren soll, zu entfremden (RS0111773 [T3, T4]).

[3] 2.  Bei dieser Interessenabwägung handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage begründen kann, sofern nicht eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung vorliegt (3 Ob 203/18a Pkt. 1.). Eine solche ist in den übereinstimmenden Entscheidungen der Vorinstanzen, die den Antrag der Mutter auf Ersetzung der Zustimmung des Vaters zu einer Änderung des Familiennamens des am ***** 2017 geborenen Kindes von W***** auf R***** abwiesen, nicht zu erkennen. Das Kindeswohl betreffende Gründe, die die Interessenabwägung gegenteilig ausfielen lassen müssten, werden von der Mutter nicht dargetan. Dass im konkreten Fall die Identifikation des Kindes mit dem Vater über dessen Familiennamen im Interesse des Kindeswohls gelegen ist, weil der gemeinsame Familienname mit dem Vater geeignet ist, das für die Entwicklung des Kindes förderliche Zugehörigkeitsgefühl auch zum Vater zu bestärken, wird im Revisionsrekurs der Mutter nicht in Abrede gestellt.

[4] 3.  Auf die Überlegungen des Revisionsrekurses zur verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von Müttern gegenüber Vätern bei einer Änderung des Familiennamens des Kindes musste nicht eingegangen werden, weil für die Beurteilung, ob ausreichende, das Kindeswohl betreffende Gründe für die Änderung des nach § 155 Abs 2 ABGB bestimmten oder nach § 155 Abs 3 ABGB erhaltenen Familiennamens vorliegen, der gleiche Maßstab anzulegen ist.

[5] 4.  Der behauptete Revisionsrekursgrund der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wurde geprüft; er liegt nicht vor (§ 71 Abs 3 Satz 3 AußStrG).

[6] Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs der Antragstellerin daher zurückzuweisen.

[7] In Verfahren über die Obsorge findet gemäß § 107 Abs 5 AußStrG ein Kostenersatz nicht statt. Auch die Entscheidung über die Namensänderung des Kindes orientiert sich am Kindeswohl (vgl Gitschthaler/Höllwerth AußStrG I2 § 107 Rz 36).

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