OGH 9ObA30/21h

OGH9ObA30/21h29.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Cadilek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** L*****, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt *****, vertreten durch Dr. Andreas Joklik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 25. Jänner 2021, GZ 10 Ra 71/20i‑33, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:009OBA00030.21H.0429.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Die Klägerin war bei der Beklagten von 22. 11. 2004 bis 31. 7. 2019 als Vertragsbedienstete in der Parkraumüberwachung beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 19. 3. 2019, gestützt auf § 42 Abs 2 Z 2 Wr VBO 1995.

[2] Die Vorinstanzen haben die Begehren der Klägerin, die beide auf ein aufrechtes Dienstverhältnis zur Beklagten abzielen, abgewiesen.

[3] Die Klägerin bestreitet in der außerordentlichen Revision nicht, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist und auch nicht in absehbarer Zeit sein wird (negative Zukunftsprognose), ihre dienstvertraglich vereinbarte Tätigkeit als Parkraumüberwachungsorgan im Außendienst zu verrichten. Sie steht aber auf dem Standpunkt, dass die Kündigung der Beklagten dennoch unberechtigt sei, weil sie noch Tätigkeiten im Innendienst des Geschäftskreises der Bedienstetengruppe „Überwachungsorgane für Kurzparkzonen und den ruhenden Verkehr“ verrichten könne. Damit zeigt sie aber letzlich keine, vom konkreten Einzelfall unabhängige erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

[4] Dass der Geschäftskreis der Bedienstetengruppe „Überwachungsorgane für Kurzparkzonen und den ruhenden Verkehr“, der die Klägerin dienstvertraglich zugehörig ist, auch bestimmte Innendiensttätigkeiten umfasst, ist richtig (9 ObA 93/18v Pkt II.3.). Zutreffend ist auch, dass der Dienstgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht verhalten ist, einem partiell dienstunfähigen Dienstnehmer nach Möglichkeit eine leichtere Arbeit zuzuweisen, zu deren Verrichtung er weiterhin in der Lage ist. Verletzt der Dienstgeber diese soziale Gestaltungspflicht, ist die Kündigung nicht berechtigt (9 ObA 43/13h; 8 ObA 10/19g; RS0082303). Der Dienstgeber ist aber in deren Rahmen nicht verpflichtet, seine Arbeitsorganisation umzustrukturieren und nicht existierende Arbeitsplätze neu zu schaffen (RS0082303 [T4, T7] ua). Die dazu von der Revisionswerberin aufgeworfene Frage, ob die Beklagte ihrer diesbezüglichen Fürsorgepflicht ausreichend nachgekommen ist, stellt schon wegen ihrer Einzelfallbezogenheit keine erhebliche Rechtsfrage dar (8 ObA 69/12y Pkt 2.1.; RS0051942 [T4]).

[5] Die von der Klägerin bekämpfte Entscheidung des Berufungsgerichts bewegt sich im Rahmen der Grundsätze der Rechtsprechung zur sozialen Gestaltungspflicht des Dienstgebers. Nach den bindenden Feststellungen ist bei der Beklagten kein freier Arbeitsplatz als Parkraumüberwachungsorgan ohne Außendienst vorhanden und es wird ein derartiger Arbeitsplatz auch nicht in absehbarer Zeit vorhanden sein (vgl 8 ObA 69/12y Pkt 1.2.; RS0125343). Mit der Argumentation der außerordentlichen Revision, dieser Umstand liege ausschließlich in der Sphäre der Beklagten, weshalb die Kündigung nach § 42 Abs 2 Z 2 Wr VBO 1995 nicht berechtigt sei, wird die oben zitierte Rechtsprechung nicht entkräftet.

[6] Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

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