OGH 2Ob178/20w

OGH2Ob178/20w25.2.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden ParteiIng. K***** W*****, vertreten durch Mag. Gerlinde Goach, Rechtsanwältin in Graz, gegen die beklagte Partei Land Steiermark, Hofgasse 15, Graz, vertreten durch Dr. Edwin Mächler, Rechtsanwalt in Graz, wegen 861.471,51 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des OberlandesgerichtsGrazals Berufungsgericht vom 27. August 2020, GZ 3 R 77/20y‑17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 28. Februar 2020, GZ 20 Cg 104/18f‑13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0020OB00178.20W.0225.000

 

Spruch:

 

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 861.471,51 EUR samt 4 % Zinsen aus 820.000 EUR vom 13. 7. 2018 bis 1. 10. 2019 und aus 861.471,51 EUR ab 2. 10. 2019 sowie die mit 61.127,74 EUR (darin enthalten 4.344,29 EUR USt und 33.862 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu bezahlen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 31.132,18 EUR (darin enthalten 625,53 EUR USt und 27.379 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger stellte am 12. 10. 2016 beim beklagten Land auf der Grundlage der Art 15a B‑VG‑Richtlinie für die Vergabe von Zuschüssen über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots für den Zeitraum 2014 bis 2017 (Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 2. 10. 2014; Art 15a B‑VG‑RL) zwei Förderungsanträgefür die Errichtung einer zweigruppigen Kinderkrippe in Graz.

[2] Die Parteien schlossen am 28. 11. 2016 zweiFörderungsverträge, nach deren Inhalt eine jeweils zweigruppige Kinderkrippe an einem bestimmten Standort in Graz bei mindestens fünfjähriger ordnungsgemäßer Betriebsdauer (ab der voraussichtlichen Inbetriebnahme am 11. 9. 2017) mit jeweils 410.000 EUR, somit insgesamt mit 820.000 EUR, gefördert wird. Zur Absicherung allfälliger Rückforderungsansprüche der beklagten Partei wegen Verletzung von vom Kläger in den Förderungsverträgen übernommenen Verpflichtungen waren vom Kläger Bankgarantien zu legen, die er auch beibrachte. Die Art 15a B‑VG‑RL wurde nicht Inhalt der beiden Förderungsverträge.

[3] Punkt II. der Förderungsverträge lautete unter der Überschrift „Bedingungen und Nebenverpflichtungen“ auszugsweise wie folgt:

„A) Der Förderungsnehmer verpflichtet sich durch die Unterfertigung dieses Förderungsvertrages

1. die Endabrechnung mittels Belegverzeichnis (Excel‑Tabelle) und Belegen in elektronischer Form (pdf) binnen 6 Monaten ab Fertigstellung der Baumaßnahmen, längstens jedenfalls bis 31. Dezember 2017, der Abteilung 6 vorzulegen.

[…]

C) 1. Dem Förderungsgeber steht das Recht zu, bereits gemäß I.1. ausbezahlte und dem Land Steiermark nicht rückerstattete Beträge zurückzufordern, wenn

[…]

b. der Förderungsnehmer eine seiner auf Grund dieses Vertrages übernommenen Verpflichtungen nach gehöriger Abmahnung innerhalb von einer Frist von einem Monat nicht einhält.

[...]“

 

[4] Die beklagte Partei bezahlte dem Kläger die Förderung von 820.000 EUR aus.

[5] Mit Schreiben der beklagten Partei vom 22. 12. 2016 machte sie den Kläger ua auf Folgendes aufmerksam:

„Weiters ist die Endabrechnung gemäß § 2 lit h der Richtlinie binnen 6 Monaten ab Fertigstellung der Baumaßnahmen, jedenfalls aber bis 31. Dezember 2017 der Abteilung 6 vorzulegen.

Bei Fristversäumnis hinsichtlich der Inbetriebnahme bzw Vorlage der Endabrechnung besteht daher kein Anspruch auf die mit Regierungsbeschluss reservierten bzw vorausgezahlten Gelder.

Hintergrund dieser strikten Regelung ist, dass für die Errichtung zusätzlicher Plätze Bundeszuschüsse verwendet werden. Diese sind ausnahmslos an den Bund zu refundieren, wenn die Projektfertigstellung nicht bis längstens 31. Dezember 2017 nachgewiesen wird.“

 

[6] Auch die an den Kläger gerichteten Schreiben der beklagten Partei vom 7. 2. 2017 und 7. 4. 2017 enthielten die gleichen Informationen betreffend die Frist und die Folgen ihrer Nichteinhaltung.

[7] Am 21. 6. 2017 fand unter Beteiligung der beklagten Partei eine Verhandlung über die Errichtung einer zweigruppigen Kinderkrippe und eines zweigruppigen Kindergartens am vereinbarten Standort statt.

[8] Der Kläger beabsichtigte, nach Durchführung dieser Verhandlung mit der Errichtung des Objekts zu beginnen. Der Baustart verzögerte sich aber bis Ende August oder Anfang September 2017, weil es dem beauftragten Bauunternehmen wegen anderer Projekte nicht möglich war, die Arbeiten bereits im Juni 2017 aufzunehmen.

[9] Mit Schreiben vom 10. 7. 2017 teilte die beklagte Partei dem Kläger Folgendes mit:

„Jedenfalls wird bis längstens 20. Juli 2017 nochmals um verbindliche schriftliche Bekanntgabe ersucht, ob die Errichtung bzw. Inbetriebnahme der gegenständlichen Kinderbildungs- und ‑betreuungseinrichtungen auch ohne Aufnahme in das Tarifsystem der Stadt Graz bis längstens 31. Dezember 2017 erfolgen wird.

Sollte für die Errichtung der Kinderkrippe und des Kindergartens keine Aufnahmebestätigung für das städtische Tarifsystem vorliegen und in weiterer Folge die Inbetriebnahme nicht bis längstens 31. Dezember 2017 bestätigt werden, sind die mit Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. November 2016 gewährten Zuschüsse in der Gesamthöhe von EUR 820.000,00 zurückzuzahlen.“

 

[10] Der Kläger sicherte der beklagten Partei daraufhin mit Schreiben vom 26. 7. 2017 zu:

„Die Fertigstellung ist mit Dezember 2017 fixiert und ist fristgerecht fertig!!“

 

[11] Mit Bescheid vom 1. 9. 2017 bewilligte die beklagte Partei daraufhin gemäß § 36 Steiermärkisches Kinderbildungs- und -förderungsgesetz, LGBl Nr 22/2000 idF LGBl Nr 136/2016, eine zweigruppige Kinderkrippe und einen zweigruppigen Kindergarten an diesem Standort mit Wirksamkeit ab Beginn des Kinderbetreuungsjahres 2017/2018. Dieser Bescheid wurde frühestens am 1. 10. 2017 rechtskräftig.

[12] Bei Ergehen des Bewilligungsbescheids vom 1. 9. 2017 war der beklagten Partei nicht bewusst, dass der Kläger die Frist zur Vorlage der Endabrechnung nicht einhalten können werde.

[13] Am 30. 11. 2017 richtete die beklagte Partei folgendes Schreiben an den Kläger:

„[…] Die Abteilung 6 wurde nun von der Stadt Graz informiert, welche Kinderbildungs- und ‑betreuungseinrichtungen konkret mit Beginn des Kindergartenbetreuungsjahres 2018/2019 in das Tarifsystem der Stadt Graz aufgenommen werden. Eine Aufnahme der gegenständlichen Einrichtungen in das Tarifsystem der Stadt Graz ist für das kommende Betriebsjahr 2018/2019 demnach nicht vorgesehen. […]

Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass für das gegenständliche Projekt Bundeszuschüsse verwendet werden, welche ausnahmslos an den Bund zu refundieren sind, wenn die Projektfertigstellung und Inbetriebnahme der neuen Gruppen nicht bis längstens 31. Dezember 2017 nachgewiesen wird. […]

Sollten zwingende Gründe vorliegen, die eine Inbetriebnahme bis Jahresende 2017 nicht zulassen, kann der Förderungswerber bis längstens 15. Dezember 2017 eine Verlängerung in Bezug auf die Inbetriebnahme beantragen. […]

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich eine allfällige Fristerstreckung ausschließlich auf die Inbetriebnahme bezieht. Die Fertigstellung der Baumaßnahmen und die Vorlage der Endabrechnung haben jedenfalls bis 31. Dezember 2017 zu erfolgen. Andernfalls besteht kein Anspruch mehr auf die mit Regierungsbeschluss vorausbezahlten Gelder.“

 

[14] Insgesamt 22 andere Förderungswerber zogen ihre Anträge zurück, weil ihnen die Vorlage der Endabrechnung bis 31. 12. 2017 nicht möglich war. Da sie die beklagte Partei rechtzeitig darüber informierten, konnten die für sie vorgesehenen Gelder für andere Förderungswerber verwendet werden. Eine Fristverlängerung wurde ihnen nicht gewährt.

[15] Mit Schreiben vom 19. 1. 2018 forderte die beklagte Partei den Kläger auf, infolge der Nichteinhaltung der Vorlagefrist die Förderungsbeträge bis 15. 2. 2018 zurückzuzahlen.

[16] Der Kläger hatte das geförderte Objekt am 31. 12. 2017 noch nicht fertiggestellt und legte der beklagten Partei bis dahin keine Endabrechnung. Erst nach Erhalt des Schreibens vom 19. 1. 2018 wollte der Kläger im Jänner 2018 beim beklagten Land Rechnungen betreffend das geförderte Objekt abgeben, die aber nicht mehr angenommen wurden. Bei diesen Rechnungen handelte es sich nicht um die Endabrechnung, weil bis zur vollständigen Errichtung des Objekts im August 2018 noch weitere Fertigstellungskosten anfielen.

[17] Das vom Kläger errichtete Gebäude wurde von der beklagten Partei nie genutzt.

[18] Am 28. 6. 2018 nahm die beklagte Partei die vom Kläger begebenen Bankgarantien in voller Höhe der ausgezahlten Förderungen samt Zinsen, somit in der Höhe des Klagsbetrags, in Anspruch.

[19] Dass es zu keiner Aufnahme der geplanten Kinderbetreuungseinrichtung des Klägers in das Tarifsystem der Stadt Graz kam, war nicht Grund für die Rückforderung der ausbezahlten Beträge.

[20] Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Rückzahlung der von ihr abgerufenen 861.471,51 EUR sA. Erbrachte vor, die Förderungsverträge seien nicht unter der auflösenden Bedingung der Errichtung der Projekte und Legung der Endabrechnung bis 31. 12. 2017 gestanden. Es handle sich dabei nicht um Fixgeschäfte nach § 919 ABGB. Eine entsprechende unzweifelhafte Vereinbarung liege nicht vor und ergebe sich auch nicht durch die Vertragsauslegung. Da die in Punkt II. C 1. b der Verträge vorgesehene Abmahnung Verzug voraussetze, könne es sich um keine absolute Frist handeln. Erst mit Schreiben vom 30. 11. 2017 habe die beklagte Partei einseitig die Fertigstellung der Baumaßnahmen bis 31. 12. 2017 bei sonstigem Anspruchsverlust befristet. Mangels Übernahme einer entsprechenden Verpflichtung durch den Kläger sei diese aber nicht (rückwirkend) Bestandteil der Förderungsverträge geworden. Eine gehörige Abmahnung des Klägers im Sinne von Punkt II. C 1. b der Verträge sei nicht erfolgt. Der Kläger habe seine Verpflichtungen aus den Förderungsverträgen erfüllt und auf die Verbindlichkeit der Förderungszusage vertraut. Das Vorliegen eines Verzugsfalls iSd § 918 ABGB habe die beklagte Partei nicht behauptet.

[21] Die beklagte Partei wandte ein, dem Kläger sei die Förderung unter der auflösenden Bedingung erteilt worden, dass er zum Nachweis der Baufertigstellung die Endabrechnung längstens jedenfalls bis zum 31. 12. 2017 vorzulegen habe. Die in Punkt II. C 1. b der Verträge geregelte Bestimmung über die „Abmahnung“ beziehe sich nicht auf den Endtermin der Rechnungslegung, sondern nur auf Verpflichtungen, die innerhalb der fünfjährigen Laufzeit der Verträge bestünden. Die beklagte Partei habe den Kläger aber ohnehin einen Monat vor Fristende abgemahnt. Bereits zuvor habe sie dem Kläger mit den Schreiben vom 22. 12. 2016, 7. 2. 2017, 7. 4. 2017 und 10. 7. 2017 deutlich gemacht, dass die Vorlage der Endabrechnung jedenfalls bis 31. 12. 2017 erfolgen müsse, weil ansonsten kein Anspruch auf die Fördergelder entstehe. Der Kläger habe die beklagte Partei im Glauben gelassen, er werde diese Frist wahren. Infolge der Fristüberschreitung seien beide Förderungsverträge zerfallen, ohne dass die beklagte Partei eine Nachfrist hätte setzen müssen. Zu einer einvernehmlichen Abänderung der Förderungsverträge sei es nicht gekommen.

[22] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Förderungsverträge seien nach § 914 ABGB auszulegen. Aus der in Punkt II. A 1. verwendeten Wortfolge „längstens jedenfalls bis“ gehe klar und eindeutig hervor, dass die Frist zur Vorlage der Endabrechnung nicht über den Zeitpunkt des 31. 12. 2017 hinaus erstreckbar sei. Im nachfolgenden Verhalten der Streitteile manifestiere sich ebenfalls der Parteiwille, eine unabänderliche Frist zu bestimmen. Bei den Förderungsverträgen handle es sich allerdings nicht um Fixgeschäfte iSd § 919 ABGB, bei denen eine verspätete Leistung nicht mehr als Erfüllung angesehen werde und der Vertrag „zerfalle“. Die Bestimmung des Punktes II. C 1. b sei aber hinsichtlich der darin vorgesehenen Abmahnung nicht auf den Fall der verspäteten Vorlage anzuwenden. Müsste der Kläger nach ungenutztem Verstreichen der Frist abgemahnt werden und könnte er danach noch innerhalb eines Monats die Endabrechnung vorlegen, wäre dies nicht mit der vertraglich festgelegten Unerstreckbarkeit der Frist zu vereinbaren. Mangels rechtzeitiger Vorlage der Endabrechnung habe der Kläger keinen Anspruch auf Förderung.

[23] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

[24] Es hielt die Beurteilung des Erstgerichts für zutreffend und ergänzte, es komme im Rechtsverhältnis zwischen Förderungsgeber und Förderungsnehmer nicht darauf an, was zwischen dem beklagten Land und dem Bund über die Rückführung der Bundesmittel durch das Land vereinbart sei. Die Förderungsverwaltung durch die beklagte Partei sei im Zweifel privatrechtliches Handeln, wobei zweiseitig verbindliche Rechtsverhältnisse, begründet durch Förderungsverträge, im Vordergrund stünden. Die öffentliche Hand stehe auch bei privatrechtlicher Tätigkeit und gerade bei Subventionsvergaben unter weitgehenden Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes. Dies stehe individuellen Fristerstreckungen entgegen. § 918 Abs 1 ABGB biete keine rechtliche Grundlage für die Forderung des Klägers nach einer Nachfristsetzung, weil es sich beim Förderungsvertrag der vorliegenden Art um keinen entgeltlichen Vertrag iSd § 917 ABGB handle. Selbst wenn die beklagte Partei eine Pflicht zur Nachfristsetzung gehabt hätte, würde dies dem Kläger nichts nützen, weil er das Projekt erst im August 2018 fertiggestellt habe.Ihm habe spätestens bei der Zurückweisung von Belegen durch die Mitarbeiter der beklagten Partei im Jänner 2018 klar sein müssen, dass die beklagte Partei wegen der Nichterfüllung der zentralen Förderungsbedingung durch ihn (Fertigstellung des Projekts bis 31. 12. 2017 und Vorlage der Endabrechnung samt Belegen bis spätestens zu diesem Termin) die Förderungsverträge nicht mehr habe zuhalten wollen. Bis zum Ziehen der Bankgarantien durch die beklagte Partei am 28. 6. 2018 wäre dem Kläger eine jedenfalls angemessene Nachfrist von mehr als fünf Monaten zur Verfügung gestanden. Da er auch diese nicht genützt habe, wäre der Rücktritt der beklagten Partei jedenfalls zu Recht erfolgt. Auf bereicherungsrechtliche Ansprüche könne der Kläger sein Begehren nicht stützen.

[25] Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinn der Klagestattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[26] Die beklagte Partei beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

[27] Die Revision ist wegen einer Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zulässig und berechtigt.

[28] Der Kläger macht geltend, die Förderungsverträge seien entgeltliche Verträge, weshalb § 918 ABGB auf sie anwendbar sei. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lägen auch die Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt der beklagten Partei von den Förderungsverträgen nicht vor, weil sie im Jänner 2018 die Annahme von Rechnungen des Klägers verweigert habe, sodass der Kläger nicht davon ausgehen habe können, dass die beklagte Partei die Endabrechnung danach noch annehmen würde. Bestünden aber für den Schuldner Zweifel über die Annahmebereitschaft, so wirke der Rücktritt ohne Fristsetzung nicht, außer der Gläubiger würde seine noch bestehende Annahmebereitschaft verdeutlichen. Die beklagte Partei hätte die Fördermittel dem Bund nicht zurückzahlen müssen.

[29] Diebeklagte Partei bringt in der Revisionsbeantwortung vor, bei den Förderungsverträgen handle es sich um keine entgeltlichen Verträge iSd §§ 917 ff ABGB. Selbst wenn es sich um entgeltliche Verträge handeln sollte, lägen Fixgeschäfte vor, sodass die Setzung einer Nachfrist nicht erforderlich gewesen sei. Der Vertragspunkt II. C 1. b in den Förderungsverträgen regle nicht die Baufertigstellung, sondern nur die Zeit danach. Diese Vertragsklausel beziehe sich eindeutig auf die Verletzung der Betriebspflicht von Kindergarten-/Kinderkrippen‑Gruppen innerhalb der fünfjährig vorgeschriebenen Betriebsdauer. Der Kläger habe gar keinen Zweifel daran gehabt, dass die beklagte Partei seit 31. 12. 2017 keine Annahmebereitschaft mehr gehabt habe.

Rechtliche Beurteilung

[30] Hierzu wurde erwogen:

[31] 1. Entgeltlichkeit der Förderungsverträge:

[32] 1.1. Förderungen werden in Österreich überwiegend mit den Mitteln des Privatrechts gewährt. Ist die Förderungsbefugnis gesetzlich nicht „in deutlich erkennbarer Weise eingeräumt“, ist die öffentliche Hand sogar aufgrund des Legalitätsprinzips zu privatrechtlichem Vorgehen gezwungen (Jaeger in Holoubek/Potacs, Öffentliches Wirtschaftsrecht4, Beihilfe- und Förderungsrecht 782; Rebhahn in Raschauer, Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts³, Beihilfen- und Subventionsrecht Rz 871). Dabei stehen zweiseitig verbindliche Rechtsverhältnisse im Vordergrund (vgl RS0049862).

[33] 1.2. Entgeltlich ist jede Leistung, für die eine Gegenleistung erfolgt. Beiderseitige Verpflichtung ist nicht vorausgesetzt. Unentgeltlichkeit wird durch jede synallagmatisch, konditional oder kausal verknüpfte Gegenleistung, die in einer Handlung oder Unterlassung bestehen kann und keinen Vermögenswert haben muss, ausgeschlossen (7 Ob 671/85; RS0017193 [T11]; Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 917 Rz 2). Die Gegenleistung muss nicht gleichwertig sein oder auch nur überhaupt einen Vermögenswert haben. Zum Ausschluss der Unentgeltlichkeit genügt es, dass wegen eines Interesses an dem versprochenen Verhalten des Empfängers geleistet wird (RS0017193 [T3]).

[34] 1.3. Die Rechtsprechung definiert Subventionen (Förderungsmaßnahmen) als vermögenswerte Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, die ein Verwaltungsträger oder eine andere mit der Vergabe solcher Mitteln betraute Institution einem Privatrechtssubjekt zukommen lässt, wobei sich der Subventionsempfänger zu einem im öffentlichen Interesse gelegenen subventionsgerechten Verhalten verpflichtet (RS0018996; vgl RS0018992, RS0037102). Diese Förderungsmaßnahmen stellen nach herrschender Rechtsprechung keine „Zuwendungen ohne Gegenleistung“ dar (1 Ob 33/94; 7 Ob 231/02z; 8 Ob 80/04d mwN).

[35] 1.4. Förderungsverträge sind daher in der Regel als entgeltliche Verträge anzusehen, auf die insbesondere § 915 [zweiter Halbsatz] sowie die §§ 870 ff und §§ 918 ff ABGB anzuwenden sind (vgl 1 Ob 229/08w; Jaeger in Holoubek/Potacs, Öffentliches Wirtschaftsrecht4, Beihilfe- und Förderungsrecht 782; Rebhahn in Raschauer, Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts³, Beihilfen- und Subventionsrecht Rz 880). Das trifft auch auf die vorliegenden Förderungsverträge zu.

[36] 2. Notwendigkeit des Rücktritts oder Fixgeschäft:

[37] 2.1. Die Möglichkeit der Rückforderung einer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags gewährten Förderung bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung nach dem Inhalt der Vereinbarung, hängt also von der Auslegung des Förderungsvertrags ab. Ein Rückforderungsanspruch kommt demnach nur in Frage, wenn der Förderungsvertrag einen bestimmten Inhalt hat, gegen den der Förderungsnehmer verstoßen hat (7 Ob 231/02z mwN; 1 Ob 229/08w; RS0117564).

[38] Die Auslegung eines Förderungsvertrags richtet sich wie bei anderen rechtsgeschäftlichen Erklärungen nach dem Empfängerhorizont. Es kommt daher darauf an, wie ein redlicher Erklärungsempfänger die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Vertragspartners verstehen konnte (RS0117563). Das gilt grundsätzlich zwar auch für die Auslegung von Förderungsrichtlinien (1 Ob 229/08w; vgl RS0049862), die im vorliegenden Fall aber nach einer Feststellung des Erstgerichts nicht Inhalt der Förderungsverträge geworden sind.

[39] 2.2. Auf dieser Grundlage stellt sich zunächst die für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidende Frage, ob die Förderungsverträge wegen der darin festgelegten Frist für die Abgabe der Endabrechnung Fixgeschäfte nach § 919 ABGB sind. Bei einem Fixgeschäft ist der Gläubiger – für dem Schuldner erkennbar – an einer verspäteten Erfüllung nicht interessiert (vgl 5 Ob 188/09x; 2 Ob 74/12i; RS0018381; P. Bydlinski in KBB6 § 919 Rz 1).Das Geschäft steht von vornherein unter der Bedingung rechtzeitiger Erfüllung, weshalb es keiner Rücktrittserklärung bedarf; der Vertrag fällt mit Verstreichen der Erfüllungsfrist von selbst dahin (RS0018399; P. Bydlinski in KBB6 § 919 Rz 1).

[40] 2.3. Zwar könnte die Wortfolge „längstens jedenfalls bis“ in Punkt II. A 1. der Förderungsverträge auf ein Fixgeschäft hindeuten (vgl RS0018396: „fix, prompt, genau, präzise“; P. Bydlinski in KBB6 § 919 Rz 3). Dagegen spricht aber Punkt II. C 1. b, der für sämtliche Verpflichtungen ohne Unterscheidung nach ihrer Art eine gehörige Abmahnung und eine daran anschließende einmonatige Frist für ihre Einhaltung vorsieht. Schon vom Wortlaut her ist davon die Verpflichtung zur rechtzeitigen Vorlage der Endabrechnung mit umfasst. Die Ansicht des beklagten Landes, dieser Vertragspunkt regle nicht die Baufertigstellung, sondern nur die Zeit danach und beziehe sich (nur) auf Vertragsverletzungen innerhalb der fünfjährigen Betriebspflicht, findet im Wortlaut des Vertrags keinerlei Deckung.

[41] 2.4. Selbst wenn man die Ansicht des Erstgerichts teilen würde, dass die Frist zur Vorlage der Endabrechnung als „unerstreckbare“ Frist zu verstehen sei, bedeutete dies noch kein Fixgeschäft: Auch bei einem einfachen Termingeschäft, auf das § 918 ABGB anzuwenden ist, kann der Gläubiger deutlich machen, dass er auf pünktlicher Leistung besteht und keine Fristverlängerungen zulassen wird. Damit ist aber nicht zwangsläufig der Fixgeschäftscharakter verbunden, vielmehr löst diesfalls die Nichtleistung bei Fälligkeit die (normalen) Verzugsfolgen aus, nämlich das Rücktrittsrecht des Gläubigers nach § 918 ABGB. Die „Abmahnung“ laut Vertrag kann aber erst nach Fälligkeit erfolgen, sodass ein Fixgeschäft ausgeschlossen ist.

[42] 2.5. Aus der konkreten Vertragsgestaltung geht somit für einen redlichen Erklärungsempfänger nicht hervor, dass die Förderungsverträge ungeachtet des tatsächlichen Baufortschritts unter der Bedingung der rechtzeitigen Erfüllung bei sonstigem Wegfall der Verträge stehen, zumal der mit „Bedingungen und Nebenverpflichtungen“ überschriebene Vertragspunkt II. keine nähere Zuordnung der darin aufgelisteten Pflichten zu der einen oder anderen Kategorie vornimmt.

[43] 2.6. Selbst wenn Zweifel an diesem Verständnis bestehen sollten, käme zu Lasten der beklagten Partei die Unklarheitenregelung nach § 915 zweiter Halbsatz ABGB zur Anwendung. Die Vertragstexte stammen unbestritten vom beklagten Land. Da für dieses ein Vertrag, dessen Auflösung bei Verzug einen Rücktritt nach § 918 ABGB erfordert, nachteiliger als ein Fixgeschäft ist, führte auch die Unklarheitenregelung zum Ergebnis, dass kein Fixgeschäft vorliegt.

[44] 2.7. Dass die beklagte Partei jeweils nach Vertragsabschluss mehrere Erklärungen gegenüber dem Kläger abgegeben hat, die einen Fixgeschäftscharakter nahelegen könnten, kann am Vertragsinhalt nichts mehr ändern, es sei denn, der Kläger hätte einer entsprechenden Vertragsänderung zugestimmt. Eine Zustimmung zu einer derartigen (insoweit für den Kläger nachteiligen) Vertragsänderung in ein Fixgeschäft hat die beklagte Partei aber weder behauptet noch wurde eine solche festgestellt.

[45] Auch das Schreiben des Klägers vom 26. 7. 2017 („Die Fertigstellung ist mit Dezember 2017 fixiert und ist fristgerecht fertig!!“) erfüllte die Voraussetzungen für die Zustimmung zu einer derartigen Vertragsänderung nicht: Bei diesem Satz handelt es sich um eine Wissens- und keine Willenserklärung. Selbst wenn man diesen Satz als Willenserklärung ansähe, wäre sie keine ausdrückliche, sondern bloß schlüssige. Diesbezüglich mangelte es aber an der von § 863 ABGB geforderten Zweifelsfreiheit, zumal hier der Kläger seine Rechtsstellung verschlechtert hätte und nach der Rechtsprechung bei der Annahme eines konkludenten Verzichts besondere Vorsicht geboten ist (vgl nur RS0014190).

[46] 2.8. Zusammengefasst ist somit festzuhalten, dass kein Fixgeschäft vorliegt und eine Auflösung der Förderungsverträge durch die beklagte Partei wegen Verzugs durch den Kläger einen Rücktritt vom Vertrag erforderte.

[47] 3. Rücktritt der beklagten Partei?

[48] 3.1. Der Kläger geriet mit der Fertigstellung der Baumaßnahmen und der Vorlage der Endabrechnung in Verzug. Ob die Verletzung dieser Vertragspflichten die beklagte Partei zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt hätte, muss aus den folgenden Erwägungen nicht abschließend erörtert werden:

[49] 3.2. Der beklagten Partei wurde in Punkt II. C 1. b der Förderungsverträge das Recht zur Rückforderung der ausbezahlten Beträge für den Fall eingeräumt, dass der Förderungsnehmer eine seiner Vertragspflichten nach gehöriger Abmahnung innerhalb einer Frist von einem Monat nicht einhält. Darin liegt ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht, auf das die in der Rechtsprechung zu § 918 ABGB entwickelten Grundsätze sinngemäß anzuwenden sind (vgl 8 Ob 521/85; RS0018456).

[50] Die beklagte Partei unterließ eine „gehörige Abmahnung“ nach der genannten Vertragsbestimmung, weshalb auch die einmonatige Frist nicht zu laufen begann. Die Ausübung des an die Versäumung dieser Frist geknüpften vertraglichen Rücktrittsrechts war ihr daher verwehrt.

[51] 3.3. Statt dessen forderte die beklagte Partei den Kläger mit Schreiben vom 19. 1. 2018 zur Rückzahlung der Förderungsbeträge bis zum 15. 2. 2018 auf. Damit nahm sie zwar einerseits das ihr nicht zustehende vertragliche Recht auf Rückforderung in Anspruch. Andererseits brachte sie aber unzweifelhaft zum Ausdruck, sich an den Vertrag nicht mehr gebunden erachten zu wollen. Dieses Schreiben war aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers als Rücktrittserklärung iSd § 918 Abs 1 ABGB zu werten, die als – schlüssige (RS0014396) – einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung mit dem Zugang an den Kläger wirksam wurde (vgl RS0018264).

[52] 3.4. Ein wirksamer Rücktritt wegen Schuldnerverzugs hat allerdings grundsätzlich die gleichzeitige Setzung einer angemessenen Nachfrist zur Voraussetzung, wobei Rücktritt und Nachfristsetzung eine Einheit bilden, die dem säumigen Schuldner eine letzte Chance zur Vertragserfüllung geben soll (3 Ob 225/18m; RS0018375).

[53] Im vorliegenden Fall konnte die beklagte Partei nicht schon deshalb auf die Setzung einer Nachfrist verzichten, weil in den Förderungsverträgen eine einmonatige Frist vereinbart war. Denn der Lauf dieser Frist setzte eine „gehörige Abmahnung“ des Klägers voraus, die die beklagte Partei jedoch unterließ (vgl bereits Punkt 3.2.).

[54] Es kann aber auch der Hilfsbegründung des Berufungsgerichts nicht gefolgt werden: Auch wenn man vom Erfordernis der Setzung der Nachfrist absieht und die bloße Gewährung derselben ausreichen lässt (vgl RS0018395), wäre für die Anwendung dieser Rechtsprechung doch eine Annahmebereitschaft der beklagten Partei während der (bloß) gewährten Nachfrist erforderlich gewesen (RS0018356). Aus den Feststellungen lässt sich aber nicht ableiten, dass die beklagte Partei nach dem 31. 12. 2017 noch zur Annahme der Endabrechnung bereit gewesen wäre. Vielmehr behauptet sie in der Revisionsbeantwortung selbst das Gegenteil. Überdies hätte der Kläger die Annahmebereitschaft, so sie vorgelegen wäre, während der Nachfrist auch erkennen können müssen (1 Ob 203/98d; 9 Ob 35/07y; P. Bydlinski in KBB6 § 918 Rz 13). Auch diese Voraussetzung ist nicht gegeben.

[55] 3.5. Ein wirksamer Rücktritt der beklagten Partei von den Förderungsverträgen nach § 918 ABGB liegt somit nicht vor.

[56] 4. Ergebnis:

[57] Weder sind die Förderungsverträge nach § 919 ABGB „zerfallen“, noch ist die beklagte Partei wirksam nach § 918 ABGB von den Verträgen zurückgetreten. Die Verträge sind daher noch aufrecht. Die beklagte Partei hat somit das Recht auf Rückforderung der Förderungen nicht erworben und die Bankgarantien zu Unrecht in Anspruch genommen. Sie hat daher dem Kläger den der Höhe nach außer Streit gestellten Klagebetrag zu bezahlen.

[58] An sich bestünde die Leistungspflicht der beklagten Partei entsprechend den Verträgen nur Zug um Zug gegen die (neuerliche) Stellung von Bankgarantien. Auf den Umstand, dass die Klageforderung nur Zug um Zug gegen eine vom Kläger zu erbringende Gegenleistung zu erfüllen ist, ist aber von Amts wegen nicht Bedacht zu nehmen (RS0020997). Hier hat die beklagte Partei einen Zug‑um‑Zug‑Einwand nicht (auch nicht schlüssig) erhoben.

[59] 5. Kosten:

[60] Die Kostenentscheidung für alle Instanzen gründet auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Schriftsatz vom 20. 2. 2019 war entsprechend der zutreffenden Rüge der beklagten Partei als Urkundenvorlage nach TP 1 RATG zu honorieren, zumal dieser Schriftsatz, soweit er über die Urkundenvorlage hinausgeht, in der Verhandlung vom 12. 6. 2020 zurückgewiesen wurde.

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