OGH 2Ob51/20v

OGH2Ob51/20v26.5.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am * 2018 verstorbenen J* N*, wegen Feststellung des Erbrechts zwischen den Antragstellern 1. M* M*, vertreten durch Dr. Johann Lutz, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2. Mag. Dr. S* E*, vertreten durch Dr. Katrin Hainbuchner und andere, Rechtsanwälte in Kirchberg in Tirol und 3. Ing. O* N*, vertreten durch Mag. Friedrich Hohenauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erstantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 24. Jänner 2020, GZ 53 R 117/19y‑151, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E128614

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das am 24. 8. 2017 errichtete (gemeinschaftliche) fremdhändige Testament, auf das sich die Erstantragstellerin stützt, besteht aus zwei Blättern, die (nur) mit einer Heftklammer verbunden sind. Auf dem ersten Blatt befindet sich auf beiden Seiten der Text der letztwilligen Verfügung und auf der zweiten Seite die handschriftliche nuncupatio jedes der beiden Testierenden. Auf dem zweiten Blatt befinden sich nur der Ort und das Datum sowie die Unterschriften der Testierenden und der drei Testamentszeugen samt eigenhändigen Zusätzen. Auf dem ersten Blatt findet sich auf Vorder- und Rückseite am Fuß der Seite die Seitennummerierung (1, 2), auf dem zweiten Blatt auf der Seite mit den Unterschriften die Zahl 3.

Die Vorinstanzen hielten das Testament für formungültig.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung des Rekursgerichts gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Erstantragstellerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf:

1. Nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Fachsenats ist ein fremdhändiges Testament formungültig, wenn der Erblasser und/oder Testamentszeugen auf einem losen Blatt unterschrieben haben, ohne dass ein äußerer oder inhaltlicher Zusammenhang mit dem Blatt, auf dem sich der Text der letztwilligen Verfügung befindet, besteht. Ein äußerer Zusammenhang ist nur dann zu bejahen, wenn entweder vor der Leistung der Unterschriften von Erblasser und Zeugen oder während des Testiervorgangs (das heißt uno actu mit diesem) die äußere Urkundeneinheit hergestellt wurde, indem die einzelnen Bestandteile der Urkunde (die losen Blätter) so fest miteinander verbunden wurden, dass die Verbindung nur mit Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann, wie zB beim Binden, Kleben oder Nähen der Urkundenteile. Für die Herstellung eines inhaltlichen Zusammenhangs zwischen den mehreren losen Blättern kann neben der Fortsetzung des Textes auch ein – vom Testator unterfertigter – Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung ausreichend sein. Diese Bezugnahme muss inhaltlicher Natur sein, das heißt es muss erkennbar sein, auf welche inhaltliche Anordnung sich der Vermerk bezieht (2 Ob 218/19a; 2 Ob 145/19s; 2 Ob 143/19x; vgl 2 Ob 192/17z). Eine Seitennummerierung in der Fußzeile des zweiten Blattes vermag diese innere Urkundeneinheit schon deshalb nicht zu begründen, weil sich daraus kein inhaltlicher Bezug zum Text der letztwilligen Verfügung auf dem ersten Blatt ergibt (2 Ob 143/19x).

2. Im vorliegenden Fall wurden die beiden Blätter des fremdhändigen Testaments lediglich mit einer (einzigen) Heftklammer verbunden, wodurch eine äußere Urkundeneinheit im Sinne der zitierten Rechtsprechung nicht hergestellt wurde. Ebensowenig liegt ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den beiden Urkundenteilen vor.

Dass sich die jeweilige handschriftliche nuncupatio beider Erblasser auf dem ersten Blatt, die Unterschriften aber auf dem zweiten Blatt befinden, ändert an dieser Beurteilung nichts (vgl 2 Ob 145/19s).

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