OGH 10Ob6/20k

OGH10Ob6/20k26.5.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowiedie Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A* eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung *, vertreten durch Nusterer & Mayer Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei H*, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen 1.068,49 EUR sA und Räumung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 27. November 2019, GZ 7 R 146/19d‑38, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts St. Pölten vom 20. Mai 2019, GZ 6 C 169/18i‑34, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E129129

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Im Rekursverfahren ist die Frage zu beurteilen, ob die dem Beklagten von der Klägerin angerechneten Heizkosten rückständige Betriebskosten darstellen, die die Auflösung des Nutzungsverhältnisses nach § 1118 ABGB rechtfertigen.

[2] Die Klägerin ist eine gemeinnützige Wohnbaugesellschaft, in deren Eigentum das Wohnhaus * steht. Der Beklagte ist seit 1. 5. 2011 aufgrund eines mit der Klägerin abgeschlossenen Nutzungsvertrags Nutzungsberechtigter der Wohnung Top 3.

[3] Seit vielen Jahren besteht für die Nutzungsberechtigten die Möglichkeit, dass ihre Wohnungen mit Fernwärme versorgt werden. In den 1990er‑Jahren ließ die Klägerin zur Optimierung der Wärmezufuhr einen Wärmetauscher installieren. Bis 2016 rechneten die Nutzungsberechtigten ihre Heizkosten aufgrund von Einzelverträgen direkt mit der Fernwärmegesellschaft ab. Der Beklagte wollte schon ab Beginn seines Nutzungsverhältnisses die beiden in seiner Wohnung befindlichen Heizkörper nicht in Betrieb nehmen, weil er beabsichtigte, mit Strom zu heizen. Er lehnte deshalb das Anbot der Fernwärmegesellschaft auf Abschluss eines Einzelwärmeliefervertrags ab. Ein Mitarbeiter der Fernwärmegesellschaft plombierte daraufhin die beiden Heizkörper und montierte an der Zuleitung ein Passstück, um die Möglichkeit der Heizzufuhr durch Fernwärme für die Wohnung des Beklagten unmöglich zu machen. Die Klägerin wusste von dieser Situation und nahm sie unwidersprochen hin.

[4] Ab März 2016 stellte die Klägerin die Verrechnung der Heizkosten auf eine Abrechnung auf Grundlage des Heizkostenabrechnungsgesetzes (HeizKG) um. Dem Beklagten wurden von der Klägerin (erstmals) Heizkosten für Fernwärme vorgeschrieben. Obwohl er reklamierte, stellte ihm die Klägerin im August 2017 neuerlich Heizkosten in Rechnung. In dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Nutzungsvertrag findet sich kein Vertragspunkt, nach dem der Beklagte zum Bezug von Fernwärme verpflichtet ist.

[5] Die Klägerin begehrt (nach Klageeinschränkung um den mittlerweile gezahlten rückständigen Mietzins für August 2016) 1.068,49 EUR sA an rückständigen Heizkosten sowie die Räumung der Wohnung. Seit 1994 sei ein im Eigentum der Klägerin stehender Wärmetauscher vorhanden, der mit dem Fernwärmenetz verbunden worden sei, um die Wärme und den Druck für die vorhandene Heizkörperanlage zu regulieren. Die Wohnungen seien mit neuen Heizkörpern ausgestattet und sämtliche Heizkörper an den Wärmetauscher angeschlossen worden. Die Heizungsanlage stelle ab dem Wärmetauscher eine Zentralheizungsanlage dar; diese sei an das Fernwärmenetz angeschlossen. Es handle sich um eine Gemeinschaftsanlage iSd § 24 MRG, auf deren Nutzung ein Mieter nicht einseitig verzichten könne. Der Beklagte habe dennoch ohne Zustimmung der Klägerin eigenmächtig das Nutzungsverhältnis für die Anlage aufgelöst. Ab 1. 3. 2016 habe die Klägerin die Verrechnung der Heizkosten auf die Abrechnung nach dem HeizKG umgestellt und die Heizkosten mittels Nutzflächenschlüssel entsprechend der auf die Wohnung des Beklagten entsprechenden Nutzfläche vorgeschrieben. Die Ablesung der variablen Kosten in den einzelnen Wohnungen erfolge durch ein damit beauftragtes Unternehmen. Wärmeerzeuger im Sinn des HeizKG sei die Fernwärmegesellschaft, von der die Wärme übernommen und als Wärmeabgeber im eigenen Namen an die Mieter (Wärmeabnehmer) weitergegeben werde. Auch daraus folge, dass eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage iSd § 24 MRG vorliege. Nachdem der Beklagte im Jahr 2016 den Zutritt zu seiner Wohnung verweigert habe, habe das zur Ablesung des Wärmeverbrauchs befugte Unternehmen die auf die Wohnung des Beklagten entfallenden (variablen) Heizkosten geschätzt. Für 2016 sei eine offene Nachzahlung von insgesamt 320,29 EUR ausgewiesen. Im Jahr 2017 seien dann ausschließlich Grundkosten verrechnet worden.

[6] Hilfsweise werde die Aufkündigung und Auflösung des Bestandvertrags auf § 30 Abs 2 Z 6 MRG gestützt, weil der Beklagte kein dringendes Wohnbedürfnis mehr habe und die Wohnung nicht mehr nutze.

[7] Der Beklagte bringt zusammengefasst vor, die Fernwärmeheizung sei keine Gemeinschaftsanlage iSd § 24 MRG. Sie werde nicht vom Eigentümer betrieben, dem für den Betrieb Kosten entstehen, sondern von der Fernwärmegesellschaft. In seinem Nutzungsvertrag sei nur die Verpflichtung zur Tragung von Miet- und anteiligen Betriebskosten vorgesehen, nicht aber die Tragung weiterer Kosten wie Heizkosten. Infolge Plombierung der Heizkörper sei er nicht zur Nutzung der Heizungsanlage berechtigt. Zur Fernwärmegesellschaft sei er niemals in einem Vertragsverhältnis gestanden. Jahrelang seien ihm keine Heizkosten für die Fernwärmeheizung vorgeschrieben worden. Mit der Vorschreibung von Heizkosten ab 2016 habe die Klägerin versucht, eigenmächtig eine Vertragsänderung vorzunehmen. Obwohl es ihm unmöglich gewesen sei, die Heizung zu verwenden, sei ihm im Jahr 2016 sogar ein variabler Heizkostenanteil vorgeschrieben worden. Eine Aufkündigung aus dem Grund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG erfordere eine gerichtliche Aufkündigung.

[8] Das Erstgericht wies das Zahlungs- und Räumungsbegehren ab. Der Beklagte sei gegenüber der Klägerin keine vertragliche Verpflichtung eingegangen, Heizkosten zahlen zu müssen. Eine Anschlussverpflichtung an die Fernwärmeanlage bestehe nicht und sei von der Klägerin auch niemals verlangt worden. Bei Fernwärme, die von einem externen Anbieter bereitgestellt werde, gehe es nicht um die Benützung einer Gemeinschaftsanlage (iSd § 24 MRG). Ein Benützungsrecht des Beklagten hätte infolge Unterbindung des Anschlusses auch gar nicht bestanden bzw wäre faktisch inhaltsleer gewesen. Der Einwand, der Beklagte habe eigenmächtig auf sein Benützungsrecht verzichtet, gehe daher ins Leere.

[9] Die unregelmäßige Benützung der Wohnung sei allenfalls ein Kündigungsgrund, aber kein Grund, der zur Auflösung des Bestandverhältnisses gemäß § 1118 ABGB berechtige.

[10] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof mit der Begründung zu, dass die Rechtsfrage, ob im Anwendungsbereich des WGG mit der Umstellung von Einzelwärmelieferungsverträgen auf die Abrechnung nach dem HeizKG durch die Gebäudeverwaltung, eine Heizungsanlage als Gemeinschaftsanlage (iSd § 24 MRG bzw des § 14 Abs 1 Z 7 WGG) anzusehen sei, noch nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen worden sei.

[11] Rechtlich ging das Berufungsgericht zusammengefasst davon aus, der Abschluss von Einzelwärmelieferungsverträgen bis 2016 sowie die Verrechnung nach dem HeizKG ab 2016 indiziere, dass eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage bestehe und die klagende Partei als Wärmeabgeberin iSd § 2 Z 3 lit b HeizKG fungiere. Dann liege aber auch eine Gemeinschaftsanlage iSd § 24 Abs 1 MRG bzw eine gemeinschaftliche Anlage iSd § 14 Abs 1 Z 7 WGG vor, sodass keine ergänzenden Feststellungen zum Wärmetauscher und dessen Funktionsweise erforderlich seien. Liege eine Gemeinschaftsanlage vor, befreie ein freiwilliger Verzicht bei gegebener Nutzungsberechtigung und vernünftiger Nutzungsmöglichkeit den Mieter nicht von seiner Kostentragungspflicht. Der Verzicht des Beklagten auf die Teilnahme an der Wärmeversorgung enthebe ihn nicht davon, sich an den anteiligen Heizkosten zu beteiligen. Die von ihm veranlasste Plombierung und das Passstück in der Zuleitung der Heizkörper könne er jederzeit wieder entfernen lassen. Mangels Feststellungen zur Höhe der vom Beklagten zu tragenden anteiligen Kosten sei die erstgerichtliche Entscheidung zur Verfahrensergänzung aufzuheben.

[12] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

[13] In ihrer Rekursbeantwortung beantragt die Klägerin, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[14] Der Rekurs des Beklagten ist zulässig. Im Ergebnis ist er aber nicht berechtigt.

[15] Der Rekurswerber macht geltend, dass keine Gemeinschaftsanlage iSd § 24 MRG vorliege. Eine Umstellung der Abrechnung auf das HeizKG durch den Vermieter könne keinen Einfluss auf diese Beurteilung haben.

[16] Die Klägerin bringt in ihrer Rekursbeantwortung im Wesentlichen vor, sie versorge als Vermieterin bzw als Gebäudeverwalterin die Mieter mit Wärme, sodass die Anlage ab dem von ihr installierten Wärmetauscher als Gemeinschaftsanlage iSd § 24 MRG zu qualifizieren sei.

[17] Dazu wurde erwogen:

[18] 1. Das Mietverhältnis unterliegt unstrittig dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) und dessen Entgeltbestimmungen. Zu beurteilen ist, ob die dem Beklagten angerechneten Heizkosten rückständige Betriebskosten darstellen, die die Auflösung des Nutzungsverhältnisses nach § 1118 ABGB rechtfertigen (RS0021034).

[19] 2.1 Nach § 14 Abs 1 WGG ist das angemessene Entgelt für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung oder eines Geschäftsraums unter Bedachtnahme auf § 13 WGG nach den Verteilungsbestimmungen des § 16 WGG zu berechnen. Bei der Berechnung des angemessenen Entgelts dürfen (unter anderem) ein Betrag zur Deckung der sonstigen Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, der Kosten für den Betrieb gemeinschaftlicher Anlagen sowie zur Deckung der von der Liegenschaft zu entrichtenden öffentlichen Abgaben angerechnet werden (§ 14 Abs 1 Z 7 WGG).

[20] 2.2 Die Verpflichtung, zu Kosten von Gemeinschaftsanlagen beizutragen, wird für das MRG in § 24 Abs 1 geregelt: Wenn der Hauptmieter aufgrund des Mietvertrags oder einer anderen Vereinbarung berechtigt ist, eine der gemeinsamen Benützung der Bewohner dienende Anlage, wie ua eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage zu benützen, bestimmt sich sein Anteil an den Gesamtkosten des Betriebs dieser Anlage – soweit nicht das HeizKG anzuwenden ist – nach den Grundsätzen des § 17 MRG. Sofern nicht mit sämtlichen Mietern eine abweichende Vereinbarung getroffen wird, ist der Nutzflächenschlüssel maßgeblich.

[21] 2.3 Gemeinschaftsanlagen (iSd § 24 MRG und § 14 Abs 1 Z 7 WGG) sind grundsätzlich Anlagen, die schon aufgrund ihrer Art der gemeinsamen Benützung der Bewohner des Hauses zu dienen bestimmt sind (RS0070297; 5 Ob 18/18k). Die fehlende objektive Nutzungsmöglichkeit durch einzelne Mieter ist im Zusammenhang mit der Kostenbeteiligung relevant, ändert aber nichts an der Qualifikation einer Anlage als Gemeinschaftsanlage iSd § 24 Abs 1 MRG iVm § 14 Abs 1 Z 7 WGG. Diese setzt auch nicht eine ausdrückliche vertragliche Einräumung des Nutzungsrechts voraus (5 Ob 18/18k mwN). Der Vermieter darf aber einen Mieter, der eine Gemeinschaftsanlage gegen Kostenbeteiligung benutzen will, nicht von der Nutzung ausschließen (RS0069987 [T12]).

[22] 2.4 Im Anwendungsbereich des WGG ist § 24 MRG, soweit die Verteilungsgrundsätze betroffen sind, nach § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG nicht anzuwenden. Nach § 16 WGG („Aufteilungsschlüssel“) richten sich die Verteilungsgrundsätze grundsätzlich nach der Nutzfläche. Dieser Aufteilungsschlüssel gilt grundsätzlich auch für die Kosten des Betriebs gemeinschaftlicher Anlagen. Bei einzelnen Betriebskostenarten und auch bei den Kosten für gemeinschaftliche Anlagen kann die Aufteilung durch schriftliche Vereinbarung zwischen der Bauvereinigung und allen Mietern oder Nutzungsberechtigten auch nach dem Verhältnis unterschiedlicher Benützungsmöglichkeiten erfolgen (§ 16 Abs 6 WGG).

[23] 2.5 Von dieser Möglichkeit sind gemäß § 16 Abs 6 Satz 2 WGG aber die Heiz- und Warmwasserkosten ausgenommen. Diese sind – soweit nicht das Heizkostenabrechnungsgesetz anzuwenden ist – nicht nach der Nutzfläche, sondern nach dem Verhältnis der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten aufzuteilen. Im Anwendungsbereich des WGG gelten die in § 24 Abs 1 MRG normierten Verteilungsgrundsätze kraft der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG nicht (5 Ob 18/18k). Somit werden im Anwendungsbereich des WGG die Heiz- und Warmwasserkosten (sofern sie nicht nach den zwingenden Vorgaben des HeizKG abzurechnen sind)– ebenfalls nicht disponibel – nach tatsächlichem Verbrauch abgerechnet (Prader/Pittl,WGG [2019] § 16 Rz 18).

[24] 2.6 Im Bereich des WGG ist es daher nicht möglich, durch Vereinbarung den Aufteilungsschlüssel für die Heiz- und Warmwasserkosten zu ändern oder dabei auf die objektive Nutzungsmöglichkeit abzustellen.

[25] 3.1 Seit Inkrafttreten des HeizKG (grundsätzlich mit 1. 1. 1992) ist § 24 MRG auf gemeinsame Wärmeversorgungsanlagen nicht mehr anzuwenden, wenn das Gebäude mit Vorrichtungen zur Ermittlung der Verbrauchsanteile auszustatten ist, obwohl es sich dabei an sich um eine Gemeinschaftsanlage handelt. Den Regelungen des HeizKG kommt nach dessen § 4 gegenüber anderen bundesgesetzlichen oder vertraglichen Regelungen, die die Verteilung und Abrechnung der Wärmekosten betreffen, Vorrang zu. Widersprechende, mit dem HeizKG nicht in Übereinstimmung zu bringende Bestimmungen in Bundesgesetzen oder Verträgen werden durch Derogation verdrängt; dies gilt insbesondere für die Vorschriften über die Verteilungder Kosten des Betriebs gemeinschaftlicher Anlagen, soweit davon Wärmekosten betroffen sind (ErläutRV 716 BlgNR 18. GP  15; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 [2015] § 24 MRG Rz 1;Horvath, Heizkostenabrechnung § 4 Rz 254; Horvath‑Shah/Stabentheiner in Böhm/Pletzer/ Spruzina/Stabentheiner GeKo Wohnrecht II § 4 HeizKG Rz 3).

[26] 3.2 Das HeizKG regelt somit nur die Aufteilung der Gesamtsumme der mit der Versorgung der wirtschaftlichen Einheit verbundenen Heiz- und Warmwasserkosten auf die einzelnen Nutzungsobjekte, nicht aber die Kostentragungspflicht der einzelnen Nutzer (5 Ob 99/17w; RS0131809). Grundlage für die Verpflichtung zur Kostentragung ist § 14 Abs 1 Z 7 WGG. Die Verteilungsgrundsätze regelt § 16 Abs 6 WGG, der durch das HeizKG, sollte es hier anzuwenden sein, verdrängt wird.

[27] 4. Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage ist daher dahin zu beantworten, dass die Vorschriften über die Verteilung der Kosten des Betriebs gemeinschaftlicher Anlagen – soweit davon Wärmekosten betroffen sind (§ 24 Abs 1 MRG) – durch die Regelungen des HeizKG verdrängt werden (§ 4 Abs 1 HeizKG).

[28] 5.1 Das HeizKG gilt für die Aufteilung der Heiz- und Warmwasserkosten in Gebäuden und wirtschaftlichen Einheiten mit zumindest vier Nutzungsobjekten und einer gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage, die die Nutzungsobjekte mit Wärme versorgt und mit Verbrauchsermittlungsvorrichtungen ausgestattet sind oder auszustatten wären (§ 3 Abs 1 HeizKG).

[29] 5.2 Dass das Gebäude, in dem die Wohnung des Beklagten liegt, zumindest vier Nutzungsobjekte umfasst, steht zwar nicht fest, wird aber von der Klägerin vorausgesetzt und vom Beklagten nicht in Frage gestellt. Das trifft auch auf die weitere Voraussetzung des HeizKG zu, dass die Nutzungsobjekte mit Verbrauchsermittlungsvorrichtungen ausgestattet sind. Der Anwendungsbereich des HeizKG wird aber zusätzlich durch die in § 2 HeizKG enthaltenen Begriffsbestimmungen definiert und präzisiert (5 Ob 83/18v). Hier ist vorrangig zu prüfen, ob eine gemeinsame Wärmeversorgung und eine gemeinsame Wärmeabrechnung im Sinn des HeizKG vorliegen.

[30] 5.3 § 2 Z 2 HeizKG definiert die gemeinsame Wärmeversorgungsanlage als jene Einrichtung, die Wärme erzeugt und bereithält. Das Wort „gemeinsame“ bezieht sich auf eine notwendige Mehrheit von (mindestens) vier Nutzungsobjekten aber auch auf eine mögliche Mehrheit von zu versorgenden Gebäuden oder wirtschaftlichen Einheiten (Horvath‑Shah in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht II [2019] § 2 HeizKG Rz 8).

[31] 5.4 Eine Fernwärmeanlage liegt nach § 4 Abs 2 HeizKG auch dann vor, wenn ein Gebäude (eine wirtschaftliche Einheit) mit Wärme versorgt wird, die entweder nicht im Gebäude (in der wirtschaftlichen Einheit) (Z 1) oder von einem gewerbsmäßigen Wärmeerzeuger mit Zustimmung der Wärmeabnehmer im Gebäude (in der wirtschaftlichen Einheit) erzeugt wird. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage sind unter gemeinsamen Wärmeversorgungsanlagen gemäß § 3 Z 2 HeizKG grundsätzlich auch Fernwärmeversorgungsanlagen iSd § 4 Abs 2 HeizKG zu verstehen, dies ungeachtet des Umstands, ob die Wärme aufgrund eines gemeinschaftlichen Wärmelieferungsvertrags oder aufgrund von (mindestensvier) Einzellieferungsverträgen bereitgestellt wird (ErläutRV 716 BlgNR 18. GP  13).

[32] 5.5 Ob die Klägerin eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage (ihrem Standpunkt nach ab dem Wärmetauscher) im eigenen Namen betreibt und Wärme an die Wärmeabnehmer weitergibt (§ 2 Z 3 lit a HeizKG) oder – wie sie auch vorbringt – Wärme vom Erzeuger (dem Fernwärmeunternehmen) übernimmt und im eigenen Namen an die Wärmeabnehmer weitergibt (§ 2 Z 3 lit b HeizKG), macht für die Qualifikation als einer gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage keinen Unterschied.

[33] 5.6 Das HeizKG stellt grundsätzlich auf die faktische Wärmeabgabe ab und nicht auf die vertragliche Ausgestaltung in Ansehung der Wärmelieferungsverträge (RS0131808). An eine auch andere Nutzungsobjekte versorgende Wärmeversorgungsanlage war die (über Zuleitungen und Radiatoren verfügende) Wohnung des Beklagten ursprünglich angeschlossen und wäre nach Entfernung der – vom Beklagten veranlassten – Plombierung daran auch wieder anschließbar. Darin liegt der entscheidende Unterschied zu 5 Ob 83/18v: Dort erachtete der Oberste Gerichtshof die Verrechnung auch eines verbrauchsunabhängigen Anteils an Heizkosten (§ 10 Abs 2 HeizKG) als unzulässig, weil das Nutzungsobjekt gar nicht über Zuleitungen und Radiatoren verfügte und somit nicht leicht wieder an eine bestehende Versorgung angeschlossen werden konnte. Nur wenn sämtliche Nutzungsobjekte über entsprechende Zuleitungen zu einer gemeinsamen Versorgungsanlage verfügen, kann eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage vorliegen (Shah in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht3 § 2 HeizKG Rz 2).

[34] 5.7 Neben einer gemeinsamen Wärmeversorgung, bedarf es auch einer gemeinsamen Wärmeabrechnung (ErläutRV 716 BlgNR 18. GP  14). Es muss zu einer Aufteilung einer Gesamtsumme an Verbrauch oder Kosten für mehrere Nutzungsobjekte/Wärmeabnehmer kommen. Wird der Energieverbrauch für jedes Nutzungsobjekt einzeln und gänzlich unabhängig und unbeeinflussbar vom Verbrauch anderer Nutzungsobjekte ermittelt, erübrigt sich eine gesetzlich angeordnete Kostenaufteilung. Erfolgt zB die Ermittlung der Verbrauchsanteile, indem etwa vor jeder Wohnung ein eigener Wärmezähler als Verrechnungszähler angebracht und „echte“ Einzelwärmelieferungsverträge abgeschlossen werden, kommt es nicht zu einer Aufteilung einer Gesamtsumme an Verbrauch oder Kosten für mehrere Nutzungsobjekte/Wärmeabnehmer, sodass die Anwendbarkeit des HeizKG von vornherein zu verneinen ist (RS0125915; Horvath‑Shah in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner GeKo Wohnrecht II § 2 HeizKG Rz 15; Horvath, Heizkostenabrechnung Rz 129). Im Fall einer derartigen Einzelverrechnung muss dem Regelungszweck dieses Gesetzes, der in einer verbrauchsabhängigen Energiekostenverteilung zwecks Einsparung von Primärenergie liegt (vgl ErläutRV 716 BlgNR 18. GP  13), nicht zum Durchbruch verholfen werden.

[35] 5.8 Ob in diesem Sinn „echte“ Einzellieferungsverträge vorliegen, lässt sich den Feststellungen nicht eindeutig entnehmen.

[36] 5.9 Wesentliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des HeizKG ist weiters das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit. Als wirtschaftliche Einheit versteht das HeizKG eine Mehrzahl von Nutzungsobjekten in einem oder mehreren Gebäuden oder Gebäudeteilen mit gemeinsamer Wärmeversorgung und -abrechnung, unabhängig davon, ob die Gebäude oder Gebäudeteile auf einer Liegenschaft oder auf mehreren Liegenschaften errichtet sind (§ 2 Z 7 HeizKG).

[37] Liegen die technischen Voraussetzungen für die Abrechnung getrennter wirtschaftlicher Einheiten im Rahmen des Anforderungsprofils des HeizKG an Messgenauigkeit und Beeinflussbarkeit der Energieabnahme vor, sind zur Erreichung der Ziele des HeizKG getrennte wirtschaftliche Einheiten zu bilden, ohne dass eine davon abweichende autonome Festlegung durch den Wärmeabgeber oder gemeinsam mit den Wärmeabnehmern möglich wäre (5 Ob 40/07d). Wirtschaftliche Einheiten nach dem HeizKG sind somit nach den technischen Möglichkeiten der Zuordnung des Energieverbrauchs zu bilden und nicht durch autonome Willensbildung (RS0122298).

[38] 5.10 Ausgehend davon könnte die Vorgangsweise der Klägerin, die Heizkostenabrechnung von einer – bis 2016 technisch möglichen Einzelabrechnung auf eine Abrechnung des gesamten Gebäudes umzustellen – auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen unzulässig sein:

[39] 5.11 Bisher steht nur fest, dass bis 2016 die Nutzungsberechtigten ihre Heizkosten aufgrund von Einzelverträgen direkt mit der Fernwärmegesellschaft abgerechnet haben. Aus dieser Feststellung ergibt sich nicht eindeutig, ob eine Abrechnung nach dem konkreten Verbrauch unabhängig und unbeeinflussbar vom Verbrauch anderer Nutzungsobjekte vorgenommen wurde (in welchem Fall eine Umstellung auf der Abrechnung auf das HeizKG unzulässig gewesen wäre), oder doch eine pauschale Aufteilung eines gebäudebezogenen Gesamtbetrags erfolgte.

[40] 6.1 Im fortzusetzenden Verfahren werden vorerst noch ergänzende Feststellungen zu treffen sein, um die Anwendbarkeit des HeizKG abschließend beurteilen zu können (wobei die nach der Aktenlage bereits dazu vorhandenen Beweisergebnisse verwertet werden können).

[41] 6.2 Sollte die Anwendbarkeit des HeizKG bejaht werden, werden anhand dessen Regelungen im Sinn des Aufhebungsbeschlusses des Berufungsgerichts ergänzende Feststellungen zur Höhe der an den Beklagten als Betriebskosten überwälzbaren anteiligen Wärmekosten zu treffen sein (zur Höhe der Heiz- und Warmwasserkosten siehe § 2 Z 8 und § 3 Abs 2 Z 1 HeizKG sowie § 10 Abs 2 HeizKG). Sollte das fortgesetzte Verfahren hingegen erbringen, dass das HeizKG nicht anwendbar ist, werden ergänzende Feststellungen zu treffen sein, ob und allenfalls in welcher Höhe der Beklagte anteilige Kosten unter Berücksichtigung der Regelungen des § 16 Abs 6 WGG zu tragen hat.

[42] 6.3 Sollte ein qualifizierter Betriebskosten-rückstand festgestellt werden, wird jedenfalls zu beurteilen sein, ob den Beklagten am Zahlungsrückstand ein grobes Verschulden trifft (§ 33 Abs 2 MRG).

[43] 6.4 Soweit die Räumungsklage im Verfahren erster Instanz auch auf den Mietzinsrückstand für August 2017 in Höhe von 205,27 EUR (ohne Heizkosten) gestützt wurde, hat die Klägerin ihr Klagebegehren infolge der (noch vor Schuss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) erfolgten Zahlung von 205,27 EUR eingeschränkt. Schon in zweiter Instanz hielt sie ihren Rechtsstandpunkt, auch dieser Mietzinsrückstand stelle einen qualifizierten Rückstand dar, der die Räumung rechtfertige, nicht mehr aufrecht, weil ihre Berufung dazu keine Ausführungen enthält. Dieser Rechtsgrund, der auf einem selbständigen Sachverhalt beruht, war daher nicht mehr Gegenstand des Verfahrens in dritter Instanz.

[44] 6.5 Der Kostenvorbehalt zu den Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

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