OGH 1Ob48/20w

OGH1Ob48/20w28.4.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr.

 Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. P*****, und 2. K*****, beide vertreten durch Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner und Dr. Judith Kolb, Rechtsanwältinnen in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. Stadt G*****, vertreten durch Mag. Walter Choc und andere, Rechtsanwälte in Graz, 2. S***** AG, *****, vertreten durch die Mecenovic Rechtsanwalt GmbH, Graz, und 3. K***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch die Kaan, Cronenberg & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Graz, wegen 47.000 EUR sA sowie Feststellung (Streitwert 60.000 EUR), über die Revisionen der klagenden Parteien sowie der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 10. Dezember 2019, GZ 7 R 26/19a-80, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 11. April 2019, GZ 23 Cg 95/15z-67, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00048.20W.0428.000

 

Spruch:

I. Die Revision der klagenden Parteien wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der erst-, zweit- und drittbeklagten Partei deren jeweils mit 2.631,56 EUR (darin 438,59 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Der Revision der zweitbeklagten Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden hinsichtlich der zweitbeklagten Partei aufgehoben und dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Verfahrens über die Revision der zweitbeklagten Partei sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Kläger sind (Mit-)Eigentümer einer an einem Bach angrenzenden Liegenschaft. Die Erstbeklagte beauftragte die Zweitbeklagte als Generalunternehmerin mit der Durchführung von Regulierungsarbeiten an diesem Bach. Aufgrund dieser Arbeiten musste das Fundament des Hauses der Kläger – dessen Gewölbekeller besonders (riss-)gefährdet war – unterfangen werden. Die Zweitbeklagte beauftragte damit die Drittbeklagte. Die Unterfangung erfolgte mittels „Düsenstrahlverfahrens durch Errichtung vermörtelter säulenähnlicher Tragelemente (Hochdruckbodenvermörtelung)“. Nach Herstellung der Unterfangung zeigte sich, dass der Boden minder tragfähig war, weshalb „das Bauwerk“ um 30 cm angehoben und der darunter befindliche Boden 80 cm tief ausgetauscht werden sollte. Eine statische Prüfung ergab, dass bei einem abschnittsweisen Bodenaustausch „keine Auswirkungen auf die Tragfähigkeit zu erwarten seien, aufgrund der reduzierten Einbindungstiefe der Düsenstrahlsäulen allerdings eine erhöhte Gefahr von Rissen bestehe“.

Die Drittbeklagte übermittelte diese Stellungnahme des (von ihr beigezogenen) Statikers samt einem von ihr verfassten „Prüf- und Warnschreiben“ an die Zweitbeklagte. Das Schreiben der Drittbeklagten enthielt unter anderem folgenden Hinweis: „Durch die nunmehr geänderten Bodenverhältnisse, insbesondere im Bereich der statisch erforderlichen Einbindung der Unterfangungskörper (Ablagerungen weicher Konsistenz […]) kann eine Aufweitung bestehender Rissbildungen in den Bestandsbebauungen, hervorgerufen durch geringfügige Bewegungen des Unterfangungkörpers nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Die Standsicherheit der Unterfangungen ist jedoch aus heutigem Kenntnisstand nicht gefährdet. Die nunmehr geplanten Bodenaustauschmaßnahmen müssen daher mit besonderer Sorgfalt bzw gemäß den Vorgaben der geotechnischen Stellungnahme [...] erfolgen.

Die Zweitbeklagte leitete dieses Schreiben an die Erstbeklagte mit folgender Anmerkung weiter: „Wir nehmen hiermit daher unsere Prüf- und Warnpflicht gemäß ÖB B 2110 wahr und teilen Ihnen mit, dass es zu Rissaufweitungen von Bestandsrissen sowie zusätzlichen Rissen kommen kann. Für etwaige o.a. Schäden am Gebäude können wir keine Haftung übernehmen.“ In einem persönlichen Gespräch meinte ein Mitarbeiter der Zweitbeklagten gegenüber einem Vertreter der Erstbeklagten, „dass solche Warnschreiben in der Bauabwicklung durchaus üblich seien“. Niemand rechnete mit dem Entstehen von Rissen.

Die Zweitbeklagte nahm in weiterer Folge den (abschnittsweisen) Bodenaustausch vor. Eine Alternative dazu wäre gewesen, den „Unterfangungskörper“ mittels eines weiteren Einsatzes des Düsenstrahlverfahrens nachträglich tiefer zu führen („Unterfangung der Unterfangung“). Sowohl die tatsächlich gewählte Methode als auch die Alternativmethode „entspricht dem Stand der Technik“. Bei einer „Unterfangung der Unterfangung“ hätten Risse am Haus der Kläger zwar nicht ausgeschlossen werden können; die Gefahr von Rissbildungen wäre aber geringer gewesen.

Einige Wochen nach Errichtung der Gebäudesicherung und der Ufermauer traten im Haus der Kläger Risse auf, „die hinsichtlich ihrer Anzahl und Rissweite (bis 10 mm) das als verfahrensbedingt oder unvermeidlich anzusehende Maß beträchtlich überstiegen“. Die Risse traten überwiegend an den dem Bach zugewandten Gebäudeteilen auf, insbesondere beim unterfangenen Zubau. Hauptursache waren die Baumaßnahmen im Bereich des Baches. Durch den Aushub des Weichmaterials wurden der Einbindebereich des Unterfangungskörpers reduziert und dessen Fußstützung vermindert.

Durch die Unterfangung des Hauses wurde ein (unterirdischer) Teil der Liegenschaft der Kläger dauerhaft in Anspruch genommen. Die Wasserrechtsbehörde räumte der Erstbeklagten dafür nachträglich – gegen Zahlung einer Entschädigung – eine „dauernde Dienstbarkeit“ ein.

Die Kläger begehrten – soweit im Revisionsverfahren noch von Relevanz – die Feststellung der solidarischen Haftung der Beklagten für die durch die Regulierungs- und Sicherungsarbeiten entstandenen Schäden, hilfsweise den Ersatz der mit 84.443,93 EUR bezifferten Sanierungskosten, sowie als weiteres Hauptbegehren ein Benützungsentgelt für die durch die Regulierungsarbeiten (die Unterfangung ihres Hauses) erfolgte Inanspruchnahme ihrer Liegenschaft.

Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren sowie das hilfsweise dazu erhobene (auf den Ersatz der Sanierungskosten gerichtete) Zahlungsbegehren hinsichtlich der Erstbeklagten wegen Verjährung ab, wobei es – da der von den Klägern behauptete Schädigungsvorsatz nicht nachgewiesen werden habe können – eine dreijährige Verjährungsfrist zugrundelegte. Auf § 26 WRG könne die Haftung – weil die Schäden am Haus der Kläger nicht von einer Wasserbenutzungsanlage, sondern von einem Regulierungswasserbau herrührten – nicht gestützt werden. Eine nachbarrechtliche Haftung der Erstbeklagten scheitere am fehlenden Eigentum „am Bach“. Die Kläger hätten jedoch Anspruch auf Zahlung eines Benützungsentgelts für die Inanspruchnahme eines (unterirdischen) Teils ihres Grundstücks durch die von der Erstbeklagten zu verantwortende – aufgrund der Bachregulierung erforderliche – Unterfangung ihres Hauses. Dessen Höhe bemaß das Erstgericht gemäß § 273 ZPO (für 10 m² und den Zeitraum Oktober 2009 [Fertigstellung der Arbeiten] bis Juli 2018 [Einräumung der Dienstbarkeit am Grund der Kläger]) mit 3.180 EUR, weshalb es dem Zahlungsbegehren in dieser Höhe stattgab und das Mehrbegehren von 43.820 EUR abwies.

Dem gegen die Zweitbeklagte gerichteten Begehren auf Feststellung der Haftung für die durch die Regulierungs- und Sicherungsarbeiten verursachten Schäden gab das Erstgericht statt, „weil sie die Bodenaustauscharbeiten in Kenntnis ihrer erhöhten Schadensgeneigtheit vorgenommen habe, ohne mit den Klägern Kontakt aufzunehmen oder allfällige alternative Methoden vorzuschlagen“. Das auf Zahlung eines Benützungsentgelts für die durch die Unterfangung erfolgte Inanspruchnahme eines Teils des Grundes der Kläger gerichtete Zahlungsbegehren wies es ab, weil die Zweitbeklagte die Arbeiten im Interesse der Erstbeklagten ausgeführt und keinen eigenen Nutzen aus der Grundinanspruchnahme gezogen habe.

Die gegen die Drittbeklagte gerichtete Klage wies das Erstgericht zur Gänze ab. Da diese keine Schadensursache gesetzt habe, sei weder das Feststellungsbegehren noch das hilfsweise dazu erhobene – auf den Ersatz der Sanierungskosten gerichtete – Zahlungsbegehren berechtigt. Das auf Zahlung eines Benützungsentgelts gerichtete Begehren scheitere an einem von der Drittbeklagten aus der Inanspruchnahme der Liegenschaft der Kläger gezogenen Nutzen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge.

Soweit sich diese gegen die vom Erstgericht angenommene Verjährung ihres gegen die Erstbeklagte gerichteten Feststellungsbegehrens sowie des hilfsweise dazu erhobenen Zahlungsbegehrens wandten, ging es davon aus, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB mit Erkennen der – einige Wochen nach Errichtung der Gebäudesicherung bzw der Ufermauer – aufgetretenen Risse zu laufen begonnen habe. Für die Kläger sei ab diesem Zeitpunkt evident gewesen, dass die Schäden durch die Regulierungsarbeiten der Erstbeklagten als (den Klägern bekannte) „Regulierungsunternehmerin“ verursacht worden seien. Die in Satz 2 der genannten Bestimmung normierte dreißigjährige Verjährungsfrist sei mangels Schädigungsvorsatzes nicht anwendbar. Soweit die Höhe des von der Erstbeklagten zu zahlenden Benützungsentgelts kritisiert wurde, habe das Erstgericht den ihm bei der Anwendung des § 273 ZPO zustehenden Ermessensspielraum nicht überschritten.

Die gegen die Abweisung des gegen die Drittbeklagte gerichteten Klagebegehrens erhobene Rechtsrüge erachtete das Berufungsgericht als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Der Berufung der Zweitbeklagten gab das Berufungsgericht teilweise Folge und schränkte den Feststellungsausspruch ein. Es ging davon aus, dass diese gegen eine aus dem mit der Erstbeklagten geschlossenen (Werk-)Vertrag resultierende – zugunsten der Kläger wirkende – Schutzpflicht verstoßen habe, weil sie nicht ausreichend vor der mit dem Bodenaustausch verbundenen Gefahr von Rissbildungen gewarnt habe. Sie hätte der Erstbeklagten nicht nur ein nachträglich abgeschwächtes „pro-forma-Warnschreiben“ übermitteln dürfen, sondern die weniger schadensgeneigte Alternativmethode der „Unterfangung der Unterfangung“ vorschlagen müssen. Dass diese Methode erst im Nachhinein (in einem – in einem anderen Gerichtsverfahren erstellten – Gutachten) als geeigneter und weniger schadensträchtig erkannt worden sei, „exkulpiere“ die Zweitbeklagte aufgrund der von ihr zu erwartenden üblichen Branchenkenntnisse nicht. Die Zweitbeklagte habe aber zu Recht den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens erhoben, weil auch die weniger schadensgeneigte Methode Schäden am Haus der Kläger (wenngleich in geringerem Umfang) verursacht hätte. Sie hafte daher nur für jene Schäden, die sich durch Anwendung der Alternativmethode verhindern hätten lassen.

Die Revision sei zulässig, „weil zur Frage, ob neben der (verjährten) Haftung (der Erstbeklagten) nach § 26 WRG eine Haftung (der Zweitbeklagten) aufgrund eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter treten könne, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe“.

Die Revision der Kläger ist nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt wird. Anzumerken ist, dass das an sich oft schwer verständliche, unstrukturierte Rechtsmittel in einigen Bereichen kaum erkennen lässt, auf welche Teilansprüche gegen welche Beklagten sich die betreffenden Ausführungen beziehen sollen. Eine Auseinandersetzung damit ist nur insoweit möglich, als dies ausreichend nachvollziehbar ist.

Rechtliche Beurteilung

Die

Revision der Zweitbeklagten ist zulässig und mit ihrem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag berechtigt.

I. Zur Revision der Kläger:

1. Die Kläger bekämpfen das Berufungsurteil „in seinem gesamten klagsabweisenden Umfang“, also auch soweit ihre gegen die Drittbeklagte erhobenen Ansprüche abgewiesen wurden. Das Berufungsgericht erachtete die in der Berufung der Kläger enthaltene Rechtsrüge hinsichtlich der Drittbeklagten aber als nicht

gesetzmäßig ausgeführt, weshalb es von ihrer sachlichen Behandlung absah. Da die Kläger dies in dritter Instanz nicht aufgreifen, ist dem Obersten Gerichtshof eine inhaltliche Überprüfung insoweit verwehrt (RS0043231).

2.1. Soweit sich die Kläger gegen die vom Berufungsgericht angenommene Verjährung ihres gegen die Erstbeklagte gerichteten Schadenersatzanspruchs wenden und „den Beklagten“ eine „deliktische Schädigung“ (vorsätzliche schwere Sachbeschädigung) vorwerfen, woraus sie die Anwendbarkeit der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 ABGB ableiten, widerspricht die Behauptung, „die Beklagten“ hätten vorsätzlich in das Eigentum der Kläger eingegriffen und eine Schädigung „bewusst und billigend in Kauf genommen“, der bindenden Feststellung, wonach „keiner damit rechnete, dass tatsächlich Risse eintreten würden“ und – so das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung – sowohl der Vertreter der Erst- als auch der Zweitbeklagten „das Auftreten von Rissen für unwahrscheinlich hielten“. Soweit in diesem Zusammenhang in Wahrheit die erstinstanzliche Beweiswürdigung bekämpft und auf Ergebnisse des Beweisverfahrens (etwa auf das in erster Instanz eingeholte Gutachten oder auf Zeugenaussagen in diesem sowie einem anderen Verfahren) abgestellt wird, übersehen die Kläger, dass der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz ist (vgl RS0042903 [T5]; RS0043371 [T24]).

2.2. Warum das Berufungsgericht den Verjährungsbeginn ausgehend vom festgestellten Sachverhalt unrichtig beurteilt haben soll, wird nicht nachvollziehbar dargelegt (RS0043603). Die Revisionswerber gehen auf das Argument, wonach evident gewesen sei, dass die einige Wochen nach Abschluss der erkennbar im Verantwortungsbereich der Erstbeklagten vorgenommenen „Regulierungsarbeiten“ aufgetretenen Risse im Zusammenhang mit diesen Arbeiten gestanden seien, nicht ein. Sie zeigen damit nicht auf, dass das Berufungsgericht die – jeweils im Einzelfall zu beantwortende (vgl RS0034524 [T10, T23, T32, T41, T47, T52, T55) – Frage, wann der Sachverhalt soweit bekannt war, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden hätte können, unrichtig beurteilt hätte.

3. Welche Zielrichtung die Ausführungen zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter haben sollen, ist nicht erkennbar, wurde die Haftung der Zweitbeklagten doch ohnehin bejaht. Warum sich aus dem zwischen Erst- und Zweitbeklagten abgeschlossenen Werkvertrag eine Haftung der Erstbeklagten (als Werkbestellerin) gegenüber den Klägern ergeben soll (ein darauf gestützter Ersatzanspruch wäre im Übrigen verjährt), erschließt sich nicht.

4. Das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO (zur Festlegung der Höhe des von der Erstbeklagten zu zahlenden Benutzungsentgelts für die Inanspruchnahme eines Teils des Grundstücks der Kläger; gegenüber den weiteren Beklagten verfolgen sie diese Ansprüche erkennbar nicht mehr) ist zwar mit Rechtsrüge überprüfbar (RS0040341), hängt aber von den Umständen des Einzelfalls ab, sodass Fragen dazu regelmäßig keine über den konkreten Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung zukommt (RS0040341 [T12]). Eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage vermögen die Kläger, die nicht einmal darlegen, welcher höhere Betrag ihrer Meinung nach angemessen gewesen wäre, nicht aufzuzeigen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 iVm 50 ZPO.

II. Zur Revision der Zweitbeklagten:

1. Die Zweitbeklagte geht in dritter Instanz selbst davon aus, dass der von ihr mit der Erstbeklagten abgeschlossene Werkvertrag Schutzpflichten gegenüber den Klägern (hinsichtlich deren – von den Unterfangungsarbeiten bzw dem Bodenaustausch betroffenen – Hauses) entfaltet; sie wendet sich aber gegen den Vorwurf schuldhaften Fehlverhaltens und spricht damit eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage an. Eine Haftung aufgrund einer Verletzung dieser Pflichten setzte jedenfalls voraus, dass sie eine – hinsichtlich des Gebäudes der Kläger – erkennbar schadensgeneigte Arbeitsmethode angewendet hätte, obwohl eine weniger schadensträchtige Methode zur Verfügung gestanden wäre und sie dies als Fachunternehmen erkennen hätte können. In diesem Fall wäre von der Zweitbeklagten zu erwarten gewesen, dass sie die Erstbeklagte auf das Bestehen einer solchen alternativen Methode hinweist. Wäre sie dieser Hinweispflicht gegenüber ihrer Vertragspartnerin nachgekommen und hätte sich damit vertragskonform verhalten, könnte sie dies auch den Klägern als vom Schutzbereich des Vertrags umfassten Dritten entgegenhalten (vgl RS0013961; RS0037785 [T13]). Gleiches gilt, wenn sie zu einem solchen Hinweis objektiv gar nicht verpflichtet war.

2. Ob die (fachkundigen) Mitarbeiter der Zweitbeklagten wissen mussten, dass die alternative Methode deutlich weniger schadensgeneigt war, als die tatsächlich angewendete, kann auf Basis des festgestellten Sachverhalts nicht abschließend beurteilt werden. Entscheidend ist der an den durchschnittlichen Fachmann aus dem (Berufs-)Gebiet der Zweitbeklagten anzulegende Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB. Dieser ist objektiv anhand der Leistungsstandards der betreffenden Berufsgruppe zu bestimmen; es kommt auf die übliche Sorgfalt jener Personen an, die die betreffende Tätigkeit ausüben, wobei für mangelnde Kenntnisse und Fähigkeiten einzustehen ist (vgl RS0026524; RS0026535). Mangels Feststellungen zu den in der Branche der Zweitbeklagten üblichen Kenntnissen (bezogen auf die weniger schadensträchtige alternative Arbeitsmethode) ist eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen unumgänglich, um den gegen diese gerichteten – auch eine Tatfrage beinhaltenden (vgl RS0026418) – Vorwurf eines Sorgfaltsverstoßes abschließend beurteilen zu können.

3. Wenn die Kläger (auch) in ihrer Revisionsbeantwortung unterstellen, die Zweitbeklagte habe die Schäden „bewusst in Kauf genommen“, sind sie auf die Behandlung ihrer Revision zu verweisen. Aufgrund welcher (festgestellten) Tatsachen es zu einer – nach dazu verschuldensunabhängigen – deliktischen Haftung kommen könnte, wird nicht nachvollziehbar erklärt.

4. Im fortgesetzten Verfahren wird gegebenenfalls weiters zu klären sein, ob das (allenfalls sorgfaltswidrige) Unterlassen eines Hinweises darauf, dass auch eine weniger „gefährliche“ Arbeitsmethode zur Verfügung gestanden wäre, für das schädigende Ereignis (den „abschnittweisen Bodenaustausch“) überhaupt ursächlich war, oder ob die „gefährlichere“ Methode von der Erstbeklagten auch bei entsprechender Aufklärung gewählt worden wäre. Dieser

Kausalzusammenhang zwischen behaupteter Verletzung einer vertraglichen (Neben-)Pflicht und dem letztlich schädigenden Ereignis ist bereits im Feststellungsprozess zu prüfen und von jenem Ursachenzusammenhang zu unterscheiden, der zwischen dem – nur hilfsweise geltend gemachten – konkreten Schaden und dem schädigenden Ereignis besteht (RS0111722 [T2] = 2 Ob 277/08m).

5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52

ZPO.

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