OGH 12Os32/20b

OGH12Os32/20b14.4.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. April 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel in der Strafsache gegen Markus W***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. November 2019, GZ 82 Hv 23/19f‑177, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00032.20B.0414.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martin W***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 3 SMG (A./) und der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG (B./a./) sowie des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach (richtig) § 27 Abs 1 Z 1 zweiter und dritter Fall SMG (B./b./) und nach (richtig) § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG (B./c./) schuldig erkannt.

Danach hat er

A./ am 13. September 2018 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) mit Péter ***** T***** und Michael G***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 15-Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, indem sie gemeinsam insgesamt 11.568 Gramm Marihuana, enthaltend zumindest 833 Gramm THCA Reinsubstanz, ernteten,

B./ von Oktober 2018 bis zum 3. Juli 2019

a) in M***** vorschriftswidrig Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift mit dem Vorsatz angebaut, dieses in Verkehr zu setzen, indem er 150 zur Entwicklung von Blüten geeignete Cannabispflanzen anbaute und hievon bereits zumindest 50 Pflanzen (Nettogewicht getrocknet 978,5 Gramm) zur Blüte gebracht hatte, wobei deren Reinheitsgehalt mindestens 0,35 % Delta-9-THC und 4,53% THCA betrug,

b) in M***** vorschriftswidrig Suchtgift hergestellt und besessen, indem er zumindest 271 Gramm netto Cannabiskraut inklusive Blüten beinhaltend Delta‑9‑THC und THCA durch Trennung von den Pflanzen herstellte, trocknete und aufbewahrte,

c) an nicht mehr festzustellenden Orten vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Öle beinhaltend Delta‑9‑THC und THCA, Friedrich H***** und anderen nicht mehr festzustellenden Abnehmern teilweise entgeltlich überlassen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0119583). Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).

Diesen Anfechtungsrahmen verfehlt die Rüge.

Zum Schuldspruch A./ wendet sich der Beschwerdeführer mit eigenen Beweiswerterwägungen zu seiner Verantwortung sowie zur Aussage des Zeugen Péter ***** T*****, die jeweils von den Tatrichtern als unglaubwürdig verworfen wurden (vgl US 10 f), bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die – auf Z 5a (als Aufklärungsrüge) gestützte – Kritik, das Gericht hätte zum Nachweis der Unverkäuflichkeit des Suchtgifts infolge des welken Zustands der Cannabispflanzen ein Sachverständigengutachten einholen müssen, scheitert (schon) an der unter dem Aspekt der Sachverhaltsermittlung bestehenden Subsidiarität des Nichtigkeitsgrundes der Z 5a gegenüber jenem der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO. Dass der Angeklagte an einer darauf abzielenden Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert gewesen wäre (RIS‑Justiz RS0115823 und RS0114036), wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet.

Soweit die Rüge mit dem Hinweis auf die als unglaubwürdig beurteilte (vgl US 13) Verantwortung des Angeklagten sowie aus dem Zusammenhang gelöste (vgl aber RIS-Justiz RS0116504) Angaben des Zeugen Friedrich H***** die Feststellungen zur subjektiven Tatseite zum Schuldspruch B./ bekämpft, verfehlt sie schon deshalb ihr Ziel, weil sie sich nicht an der Gesamtheit der (eingehenden – vgl US 12 bis 15) beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter orientiert (RIS-Justiz RS0118780 [insbesondere T1]; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 487).

Im Übrigen hat sich der Angeklagte dem Beschwerdevorbringen zuwider keineswegs damit verantwortet, dass nicht die Blüten, sondern die Samen der Pflanzen von einem Labor verarbeitet worden seien (vgl ON 176 S 7).

Die nicht konkret auf Aktenbestandteile bezogenen Spekulationen der Beschwerde sind aus Z 5a unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0117446 [T2]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte