OGH 5Ob16/20v

OGH5Ob16/20v20.2.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj A*, geboren am *, wohnhaft bei der Mutter R*, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Rechtsvertretung Bezirke 3 und 11, *, als Kinder‑ und Jugendhilfeträger, über den Revisionsrekurs des Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. Oktober 2019, GZ 45 R 453/19d‑43, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 11. Juli 2019, GZ 96 PU 144/17t‑39, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127823

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

P* ist der Vater des mittlerweile drei Jahre alten mj A*. Zuletzt war er zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von 105 EUR für ihn verpflichtet. Der Vater hat weitere Sorgepflichten für einen 12‑jährigen Sohn und eine 8‑jährige Tochter. Er hat ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 2.318,50 EUR.

Das Erstgericht erhöhte die monatlichen Unterhaltsbeiträge für A* ab 1. 5. 2019 auf 310 EUR, wies hingegen das Mehrbegehren ab, den Vater zu einer Unterhaltsleistung von insgesamt 340 EUR monatlich zu verpflichten. Bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage bezog es den halben Familienbonus Plus für das antragstellende Kind ein, nicht hingegen die halben Familienboni Plus für die beiden weiteren Kinder und die (richtig:) Unterhaltsabsetzbeträge für sämtliche Kinder.

Dem gegen den abweisenden Teil dieses Beschlusses gerichteten Rekurs des Kindes gab das Rekursgericht nicht Folge. Es teilte im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Den für das antragstellende Kind gewährten Unterhaltsabsetzbetrag habe das Erstgericht zwar zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dadurch ergebe sich allerdings nur ein unwesentlich höherer Unterhaltsbetrag von monatlich etwa 3 EUR, der zu vernachlässigen sei. Mangels gefestigter Rechtsprechung zur Berücksichtigung des Familienbonus Plus bei mehreren geldunterhaltsberechtigten Kindern ließ das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs zu.

In seinem Revisionsrekurs strebt das antragstellende Kind eine Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dahin an, dass der Unterhalt ab 1. 5. 2019 mit monatlich 340 EUR festgesetzt werde. Familienboni Plus und Unterhaltsabsetzbeträge für sämtliche Kinder des geldunterhaltspflichtigen Vaters seien in dessen Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0112921; RS0112769) die vom Rekursgericht und vom Rechtsmittelwerber angesprochene Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt ist.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof hat in der ausführlich begründeten Entscheidung vom 11. 12. 2019, 4 Ob 150/19s (6.1 und 6.2), ausgesprochen:

„Beim Familienbonus Plus handelt es sich – so wie beim Unterhaltsabsetzbetrag – um einen echten Steuerabsetzbetrag. Der Gesetzgeber hat den Familienbonus Plus mit der Zielsetzung eingeführt, die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen nunmehr durch die erwähnten Steuermaßnahmen herbeizuführen. Dadurch findet eine Entkoppelung von Unterhalts‑ und Steuerrecht statt. Die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen erfolgt nunmehr durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag. Der Familienbonus Plus ist nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen; eine Anrechnung von Transferleistungen findet nicht mehr statt. Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag bleiben damit unterhaltsrechtlich neutral. Diese Grundsätze gelten jedenfalls – wie im vorliegenden Fall – für die Unterhaltsbemessung von Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs“.

Dieser Entscheidung sind mittlerweile mehrere Senate des Obersten Gerichtshofs gefolgt (RS0132928; 1 Ob 171/19g; 3 Ob 154/19x; 6 Ob 208/19k) und auch der erkennende Senat hat sich ihr angeschlossen (5 Ob 129/19x; 5 Ob 187/19a). Damit kann von einer gesicherten Rechtsprechung ausgegangen werden.

2. Das Ergebnis der Entscheidungen der Vorinstanzen steht mit dieser Rechtsprechung insoweit in Einklang, als die vom Kind angestrebte Einbeziehung der (halben) Familienboni Plus und Unterhaltsabsetzbeträge für die beiden weiteren Kinder des Vaters jedenfalls nicht in Betracht kommt. Dass die Vorinstanzen den halben Familienbonus Plus (und den Unterhaltsabsetzbetrag) für das antragstellende Kind bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage berücksichtigten, kann aufgrund des im Außerstreitverfahren geltenden Verschlechterungsverbots in über Antrag einzuleitenden Verfahren (§ 55 Abs 2 AußStrG) mangels Revisionsrekurses des Vaters nicht mehr aufgegriffen werden. Im Umfang der Stattgebung des Unterhaltserhöhungsantrags sind die Entscheidungen der Vorinstanzen bereits in Rechtskraft erwachsen.

3. Damit war der Revisionsrekurs des Kindes, der auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen vermag, als unzulässig zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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