OGH 7Ob202/19k

OGH7Ob202/19k22.1.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei V* K*, vertreten durch Dr. Farah Abu‑Jurji, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Gegner der gefährdeten Partei Dr. M* S*, vertreten durch Dr. Ronald Rast, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 382b, 382e EO, über den Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. Oktober 2019, GZ 47 R 278/19h‑16, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 11. September 2019, GZ 52 C 935/19i‑12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127368

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Gegner der gefährdeten Partei ist schuldig, der gefährdeten Partei die mit 169,75 EUR (darin 28,29 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Antragsgegner wohnte als Untermieter in einer von der Antragstellerin als Hauptmieterin bewohnten Wohnung.

Das Erstgericht erließ eine dem Antragsgegner am 7. August 2019 zugestellte einstweilige Verfügung nach §§ 382b, 382e EO, mit welcher ihm die Rückkehr in die Wohnung verboten und ihm aufgetragen wurde, Zusammentreffen und Kontaktaufnahme mit der Antragstellerin zu vermeiden.

Dem aufgrund des Antrags des Antragsgegners vom 16. August 2019 bestellten Verfahrenshelfer wurde die einstweilige Verfügung am 2. September 2019 zugestellt. Am 10. September 2019 erhob der Antragsgegner Widerspruch.

Ohne der Antragstellerin Gelegenheit zur Äußerung einzuräumen, wies das Erstgericht den Widerspruch wegen Verspätung zurück. Ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe unterbreche nicht die Frist zur Erhebung des Widerspruchs, weil § 464 Abs 3 ZPO nicht analog anzuwenden sei.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs infolge erheblicher Rechtsfrage für zulässig.

Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der Antragsgegner die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen.

Die Antragstellerin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Zwar ordnet § 402 Abs 1 EO an, dass Revisionsrekurse gegen einen Beschluss über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über einen Widerspruch nach § 397 EO oder über einen Antrag auf Einschränkung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung nicht (allein) deshalb unzulässig sind, weil das Gericht zweiter Instanz den angefochtenen Beschluss zur Gänze bestätigt hat. Diese Bestimmung erfasst jedoch nach ständiger Rechtsprechung nur Sachentscheidungen, nicht aber formelle Entscheidungen, wie etwa über Prozesshindernisse (vgl RS0097225; 7 Ob 143/17f mwN).

Der Revisionsrekurs ist daher jedenfalls unzulässig, wenn das Rekursgericht den Beschluss bestätigt, mit dem das Erstgericht den Widerspruch des Gegners der gefährdeten Partei gegen die einstweilige Verfügung zurückgewiesen hat (RS0112855; E. Kodek in Angst/Oberhammer, EO3 § 402 Rz 17; G. Kodek in Burgstaller/Deixler‑Hübner, EO §§ 397, 398 [2015] Rz 29). Diese Rechtsprechung wurde in der Entscheidung 4 Ob 177/08w für den Fall fortgeschrieben, dass der Widerspruchsgegner vor Ergehen des Zurückweisungsbeschlusses nicht angehört wurde (vgl G. Kodek aaO § 402 EO [2013] Rz 43a mwN).

Im vorliegenden Fall wurden mit der Zurückweisung des Widerspruchs des Antragsgegners aus formellen Gründen (Verspätung) und deren Bestätigung keine Sachentscheidungen über den Widerspruch getroffen; die Antragstellerin als Widerspruchsgegnerin wurde vor Erlassung des Zurückweisungsbeschlusses nicht angehört.

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist daher nach §§ 78, 402 Abs 2 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen (vgl 7 Ob 106/16p).

Die Antragstellerin hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung genau diese Unzulässigkeit aufgezeigt, sodass ihr die verzeichneten Kosten für ihre Gegenschrift zu ersetzen sind (§ 393 Abs 2 EO iVm §§ 50, 41 ZPO).

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