European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127512
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Die Erstantragstellerin ist Alleineigentümerin einer Liegenschaft, die aus drei Grundstücken, darunter dem Grundstück 915/1 besteht. Ob der gesamten Liegenschaft ist ein rechtsgeschäftliches Belastungs‑ und Veräußerungsverbot für A* einverleibt. Mit Kaufvertrag vom 27. 8. 2019 verkaufte die Erstantragstellerin aus dem Gutsbestand ihrer Liegenschaft das Grundstück 915/1 je zur Hälfte an den Zweitantragsteller und die Drittantragstellerin, die Verbotsberechtigte trat diesem Kaufvertrag bei. In Punkt 13. dieses Vertrags heißt es wörtlich:
„Die Verbotsberechtigte Frau A * stimmt der Veräußerung ausdrücklich zu, und es erteilen die Vertragsparteien ihre ausdrückliche Einwilligung zur Vornahme nachstehender Grundbuchseintragungen:
In EZ * KG *:
Die Abschreibung des Grundstücks 915/1, hiefür die Eröffnung einer neuen EZ und hierauf die Einverleibung des Eigentumsrechts für M *, geboren *, und M*, geboren *, je zur Hälfte.
In EZ neu KG *:
Die Einverleibung der wechselseitigen Beschränkung des Eigentumsrechts durch das Belastungs‑ und Veräußerungsverbot.“
Unter Vorlage dieses Kaufvertrags, der Heiratsurkunde des Zweitantragstellers und der Drittantragstellerin sowie des Originals eines Rangordnungsbeschlusses begehrten die Antragsteller die Abschreibung des Grundstücks 915/1 von der Liegenschaft der Erstantragstellerin und Zuschreibung zu einer neu zu eröffnenden EZ unter Mitübertragung einer Ersichtlichmachung im A2‑Blatt sowie die Einverleibung des Eigentumsrechts des Zweitantragstellers und der Drittantragstellerin ob der neu zu eröffnenden Einlage je zur Hälfte samt Einverleibung der wechselseitigen Beschränkung des Eigentumsrechts durch das Belastungs‑ und Veräußerungsverbot zugunsten des Zweitantragstellers und der Drittantragstellerin.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Privaturkunden, aufgrund derer eine Einverleibung stattfinden soll, müssten gemäß § 32 GBG unter anderem die genaue Angabe der Liegenschaft oder des Rechts, in Betreff deren die Einverleibung erfolgen soll, enthalten. Das Recht der Buchberechtigten sei an keiner Stelle des Vertrags angeführt.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Der Kaufvertrag erfülle neben den vom Erstgericht angeführten Argumenten auch deshalb nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs 1 GBG, weil die Aufsandungserklärung nur von den Vertragsparteien, nicht aber von der Verbotsberechtigten abgegeben werde. Zweifel daran, ob eine ausdrückliche Aufsandungserklärung vorliege, hätten zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen. Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Rekursgericht mit 30.000 EUR übersteigend. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts und der zu 5 Ob 183/18z bestätigten Rechtsauffassung des Rekursgerichts, wonach schlüssige oder konkludente Aufsandungs‑ oder Freilassungserklärungen für eine Grundbuchseintragung nicht ausreichen, nicht zu.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller, in dem sie die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Stattgebung ihres Grundbuchsgesuchs anstreben. Als erhebliche Rechtsfrage machen sie geltend, die Vorinstanzen hätten § 32 GBG übertrieben formell ausgelegt, den Anforderungen an wirksame Aufsandungserklärungen komme zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zu.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.
1.1. Gemäß § 94 Abs 1 Z 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn aus dem Gesuch in Ansehung der Liegenschaft oder des Rechts kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgeht. Der Verkauf eines von der Liegenschaft der Erstantragstellerin abzuschreibenden Grundstücks ist nur mit Zustimmung der Verbotsberechtigten zulässig (vgl RIS‑Justiz RS0103242). Die Zustimmung der Verbotsberechtigten ist in einverleibungsfähiger Form zu erteilen. § 32 Abs 1 lit b GBG verlangt bei Privaturkunden, aufgrund derer eine Einverleibung stattfinden soll, außer den Erfordernissen der §§ 26, 27 GBG auch die ausdrückliche Erklärung desjenigen, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden soll. Mehrfach sprach der Fachsenat bereits aus, dass auch Freilassungserklärungen für eine lastenfreie Abschreibung eine dementsprechende ausdrückliche Aufsandungserklärung desjenigen enthalten müssen, dessen bücherliches Recht aufgehoben wird, zumal die lastenfreie Abschreibung der Einverleibung einer (partiellen) Löschung des Rechts gleichkommt (5 Ob 265/08v = NZ 2009, 308 [Hoyer]; vgl RS0122019).
1.2. Nach gesicherter Rechtsprechung müssen die nach § 32 Abs 1 GBG notwendigen Angaben unzweifelhaft aus dem Inhalt der Grundbuchsurkunde hervorgehen, ohne dass das Grundbuchsgericht weitergehende Schlussfolgerungen anzustellen hat (RS0108861 [T3]). Durch den Urkundeninhalt erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel daran, ob eine ausdrückliche Aufsandungserklärung vorhanden ist, haben zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen (5 Ob 131/17a; RS0060642). Allerdings liegt der Zweck des § 32 Abs 1 lit a GBG nicht darin, den über bücherliche Rechte Verfügenden vor leichtfertigen oder übereilten Geschäftsabschlüssen zu schützen, sondern in der Schaffung völlig eindeutiger Entscheidungsgrundlagen für das bei der Prüfung eines Einverleibungsbegehrens allein auf Urkunden angewiesene Grundbuchsgericht. Dementsprechend normiert § 32 Abs 1 lit a GBG kein formelles, sondern ein inhaltliches Erfordernis der Einverleibungsgrundlagen. Es ist erfüllt, wenn das von der Einverleibung betroffene Recht in der Grundbuchsurkunde so eindeutig und unmissverständlich bezeichnet wird, dass keinerlei Zweifel über den Inhalt der Erklärung aufkommen kann. Nur wenn es zur Entscheidung einer Auslegung bedarf, die über eine einfache und unmittelbare Schlussfolgerung aus der Urkunde hinausgeht, liegt das Eintragungshindernis einer ungenauen Angabe iSd § 32 Abs 1 lit a GBG vor (RS0108861).
1.3. Im Revisionsrekurs argumentieren die Antragsteller damit, die – so bezeichnete – Verbotsberechtigte sei nicht nur dem Vertrag beigetreten, sondern habe als solche auch ihre ausdrückliche Zustimmung zur Veräußerung in der Aufsandungserklärung erteilt. Zu beurteilen sei daher eine völlig eindeutige, ausdrückliche und nicht etwa eine schlüssige Erklärung, die sich nach dem keinen Zweifel offen lassenden Grundbuchsstand auf das dort zugunsten der Verbotsberechtigten einverleibte Belastungs‑ und Veräußerungsverbot beziehe. Hiezu wurde erwogen:
1.4. Dass aufgrund des im Grundbuch einverleibten Belastungs‑ und Veräußerungsverbots die Veräußerung nur mit Zustimmung der Verbotsberechtigten (oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung, welche diese Zustimmung ersetzt) zulässig ist (vgl 5 Ob 265/08v = NZ 2009, 308 [Hoyer] mwN), ziehen die Revisionsrekurswerber zu Recht nicht in Zweifel. Eine ausdrückliche Zustimmung der Verbotsberechtigten liegt hier unter Punkt 13. des Kaufvertrags aber in einverleibungsfähiger Form eindeutig vor, wobei nach dem gesamten Vertragstext in Zusammenhang mit dem Grundbuchsstand kein Zweifel daran bestehen kann, dass die Zustimmung der Verbotsberechtigten auf das zu ihren Gunsten einverleibte Belastungs‑ und Veräußerungsverbot Bezug nahm. Insoweit unterscheiden sich die Eintragungsgrundlagen von dem vom Rekursgericht zitierten, der Zurückweisungsentscheidung 5 Ob 183/18z zugrunde liegenden Fall; auch dort war zwar der Kauf‑ und Baurechtsvertrag unter Beitritt einer Verbotsberechtigten geschlossen worden, die Erklärung einer ausdrücklichen Zustimmung der Verbotsberechtigten zur Veräußerung im Rahmen der von den Vertragsparteien abgegebenen Aufsandungserklärung enthielt der dort zu beurteilende Vertrag allerdings nicht.
1.5. Recht zu geben ist den Vorinstanzen nur insoweit, als die Verbotsberechtigte hier ihre Zustimmung zur Veräußerung schlechthin erteilte und auch die Aufsandungserklärung der Vertragsparteien in Punkt 13. nur die „Abschreibung des Grundstücks 915/1“ an sich betrifft. Eine ausdrückliche Zustimmung zur lastenfreien Abschreibung des Grundstücks findet sich im Vertragstext hingegen nicht.
2.1. Der Umfang eines Grundbuchskörpers kann (nur) durch grundbücherliche Ab‑ und Zuschreibung von einzelnen Liegenschaften oder Liegenschaftsteilen geändert werden (§ 3 Abs 2 GBG). Bei der Durchführung der Abschreibung ist nach den Bestimmungen des Liegenschaftsteilungsgesetzes (LiegTeilG) vorzugehen (§ 74 Abs 2 GBG).
2.2. Gemäß § 3 Abs 1 LiegTeilG ist zur Abschreibung einzelner Bestandteile eines Grundbuchskörpers die Zustimmung der Personen, für die dingliche Rechte an dem Grundbuchskörper grundbücherlich eingetragen sind (Buchberechtigte), nur dann nicht erforderlich, wenn für das Trennstück eine neue Einlage eröffnet wird und die Rechte der Buchberechtigten in diese, und zwar die Pfandrechte als Simultanhypotheken, eingetragen werden. Sofern nicht eine lastenfreie Abschreibung beantragt wurde, sind bei der Abschreibung grundsätzlich alle Lasten iSd § 9 GBG mitzuübertragen (5 Ob 209/18y; 5 Ob 131/19d; K. Binder in Kodek, Grundbuchsrecht2 §§ 3, 3a LiegTeilG Rz 6, 7). Dass die in dieser Bestimmung normierte Befreiung von der Zustimmungspflicht grundsätzlich auch für Rechte gelten muss, die zufolge besonderer Bestimmung einem dinglichen Recht gleichzuhalten sind (so etwa verbücherte Vorkaufsrechte und Veräußerungs‑ und Belastungsverbote nach § 364c ABGB), entspricht der Rechtsprechung des Fachsenats (5 Ob 131/19d). Auch ein damit belastetes Trennstück könnte demnach dann unter Mitübertragung dieser Lasten einer bereits bestehenden Einlage zugeschrieben werden, wenn sich dadurch an der Rechtsposition der Berechtigten nichts ändert.
2.3. Unter „Zustimmung des Berechtigten“ aus einem Belastungs‑ und Veräußerungsverbot zur Veräußerung, die eine solche trotz des haftenden Verbots zulässig macht, ist nur die Aufgabe des Rechts zu verstehen, nicht etwa eine Zustimmung zur Veräußerung „unter Fortbestand“ des zugunsten des Erklärenden eingetragenen Veräußerungs‑ und Belastungsverbots (RS0015101). Eine uneingeschränkte Zustimmung führt daher an sich zum Erlöschen des Verbots (RS0015101 [T2]; Höller in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 9 GBG Rz 92). Die hier in Bezug auf das Grundstück 915/1 von der Verbotsberechtigten erteilte Zustimmung zur Veräußerung in grundbuchsfähiger Form wäre daher an sich geeignet gewesen, zum (teilweisen) Erlöschen des Verbots in Bezug auf dieses von der Liegenschaft der Erstantragstellerin abzuschreibende Grundstück zu führen.
2.4. Allerdings war im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Vorinstanzen hier kein Antrag auf lastenfreie Abschreibung des Grundstücks 915/1 vom Gutsbestand der Liegenschaft der Erstantragstellerin zu beurteilen. Der erkennende Senat sprach erst kürzlich (5 Ob 111/18m) aus, dass nach herrschender Meinung im Fall, dass die Abschreibung schlechthin, somit ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die Lastenfreiheit begehrt wird, die Abschreibung unter amtswegiger Mitübertragung der Lasten vorzunehmen ist (so auch Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 96 GBG Rz 10 mwN). Dass eine derartige Vorgangsweise auch in Bezug auf ein einverleibtes Belastungs‑ und Veräußerungsverbot grundsätzlich in Betracht kommt, sprach der erkennende Senat erst vor kurzem zu 5 Ob 131/19t ausdrücklich aus.
2.5. Der hier zu beurteilende Antrag ist dem dort entschiedenen Fall vergleichbar; auch hier will der Antrag lediglich auf die Abschreibung des Grundstücks hinaus, eine Bezugnahme auf deren Lastenfreiheit fehlt. Der Umstand alleine, dass das Belastungs‑ und Veräußerungsverbot nicht ausdrücklich als mitzuübertragend angeführt wird, reicht aber nicht aus, um zweifelsfrei davon ausgehen zu können, tatsächlich hätten die Antragsteller die lastenfreie Abschreibung begehren wollen, zumal – wie bereits erwähnt – auch ihre Aufsandungserklärung sich nur auf die Abschreibung des Grundstücks 915/1 schlechthin ohne jegliche Bezugnahme auf die Freiheit von Lasten bezog.
2.6. Eine Abschreibung unter Mitübertragung des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots kommt hier aber schon deshalb nicht in Betracht, weil ein den Kriterien des § 364c ABGB entsprechendes und für die Wirksamkeit des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots vorauszusetzendes Verwandschaftsverhältnis zwischen Zweitantragsteller und Drittantragstellerin einerseits und der Verbotsberechtigten nicht in grundbuchsfähiger Form nachgewiesen wurde und dieses Verbot im Übrigen aufgrund der Zustimmung zur Veräußerung nach der bereits erörterten Rechtslage ohnedies als erloschen anzusehen ist. Beide Umstände stehen einer Abschreibung unter Mitübertragung des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots entgegen.
3. Damit konnte dem Revisionsrekurs im Ergebnis kein Erfolg beschieden sein.
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