OGH 4Ob223/19a

OGH4Ob223/19a19.12.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Priv.‑Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M***** P*****, vertreten durch Mag. Markus Passer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Stefan Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 31.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. Oktober 2019, GZ 133 R 100/19g‑9, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00223.19A.1219.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin, eine Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, ist Inhaberin der Wortmarke „M*****“. Sie betreibt unter der Domain „k*****.net“ eine Website, auf der sie ihre Ordination und ihre ärztlichen Leistungen bewirbt.

Die Beklagte betreibt unter der Domain „d*****.at“ ein Webportal mit einem Verzeichnis der in Österreich ansässigen Ärzte, auf dem Internetnutzer nach Ärzten suchen und diese bewerten können.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragte die Klägerin, der Beklagten mittels einstweiliger Verfügung zu verbieten, ihren Namen sowie ihre Wortmarke insbesondere als Metatag für das von der Beklagten betriebene Webportal zu verwenden. Die Beklagte verwende die Kennzeichen der Klägerin, um Suchmaschinenergebnisse zu optimieren und dadurch eine vorrangige Reihung ihres Webportals zu erreichen. Dies führe dazu, dass die Website der Beklagten vor jener der Klägerin gereiht werde. Mit ihrem Verhalten verstoße die Beklagte zufolge Verwechslungsgefahr gegen § 10 MSchG und § 9 UWG (Marken- und Kennzeichenrecht), weiters gegen § 43 ABGB (Namensrecht) sowie auch gegen § 1 UWG (Ausbeutung) und § 2 UWG (irreführender Eindruck eines Zusammenhangs zur Klägerin).

Die Beklagte entgegnete, dass sie ein berechtigtes Interesse an der Verwendung der beanstandeten Metatags habe. Die Forderung der Klägerin führe dazu, dass bei Eingabe ihres Namens als Suchbegriff in Suchmaschinen ihr Eintrag auf dem Webportal der Beklagten nicht mehr auffindbar wäre. Trotz Verwendung der beanstandeten Metatags reihten alle gebräuchlichen Suchmaschinen bei Eingabe des Namens der Klägerin als Suchbegriff deren Website vor jener der Beklagten. Es finde auch keine kennzeichenmäßige Verwendung des Namens der Klägerin statt.

Die Vorinstanzen wiesen das Sicherungsbegehren (und mehrere inhaltsgleiche Eventualbegehren) ab. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verstoße ein Dritter durch den Gebrauch eines fremden Kennzeichens als Metatag weder gegen das Lauterkeitsrecht noch gegen das Markenrecht, wenn er ein berechtigtes Interesse am Kennzeichengebrauch habe und dadurch kein unzutreffender Eindruck entstehe. Dies sei hier der Fall; eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht. Die Zulässigkeit einer bloßen Namensnennung hänge von einer Interessenabwägung ab, die im Anlassfall zugunsten der sachlichen Informationen der Beklagten ausschlage. Die Beklagte äußere auf ihrem Webportal weder unrichtige Tatsachen noch werde das Ansehen der Klägerin beeinträchtigt. Ein Behinderungswettbewerb nach § 1 UWG bestehe nicht, weil keine Rückreihung der Website der Klägerin gegenüber jener der Beklagten stattfinde. Auch ein irreführender Eindruck nach § 2 UWG liege nicht vor, weil für einen durchschnittlichen Internetnutzer leicht erkennbar sei, dass zwischen dem Ärzteverzeichnis der Beklagten und der Website der Klägerin kein Zusammenhang bestehe.

Mit dem gegen diese Entscheidung erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Rechtliche Beurteilung

1.  Die Klägerin spricht sich in ihrem Rechtsmittel nicht gegen die Verwendung ihrer Kennzeichen (Namen und Wortmarke) auf der Website der Beklagten aus. Sie wendet sich – mit der Bemerkung, dass die Vorinstanzen die Zielrichtung des Klagebegehrens missverstanden hätten – vielmehr dagegen, dass ihre Kennzeichen von der Beklagten „zur Suchmaschinenoptimierung“ verwendet werden. In dieser Hinsicht wirft sie der Beklagten vor, ihre Kennzeichen (als Metatags) unlauter auszunützen und dadurch einen Vorteil im Wettbewerb zu erlangen, der in der Vorreihung der Website der Beklagten durch Suchmaschinen bestehe. Dementsprechend sei die Verwendung von Kennzeichen als Metatags bei Branchengleichheit unzulässig, was sich auch aus der Entscheidung des EuGH zu C‑657/11 ergebe.

2.1  Nach dem bescheinigten Sachverhalt verwendet die Beklagte die Kennzeichen der Klägerin als Metatag, was die Klägerin verhindern will. Obwohl die Klägerin auch das Marken- und das Namensrecht erwähnt, bezieht sie die Unzulässigkeit der Kennzeichenverwendung nur mehr auf die unlautere Ausnützung durch die Beklagte, was zu einer Beeinflussung des Wettbewerbs führe; sie stützt ihr Sicherungsbegehren daher nur mehr auf § 1 Abs 1 Z 1 UWG.

2.2  Ein schmarotzerisches Ausbeuten besonderer Leistungen bzw hier eine Ruf- oder Aufmerksamkeitsausnutzung von Kennzeichen (vgl 4 Ob 153/13y; 4 Ob 176/13f) setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass besondere Begleitumstände in Form eines unlauteren Verhaltens des beklagten Mitbewerbers hinzutreten (vgl 4 Ob 80/19x). Die Klägerin konnte dazu die für die behauptete Ausbeutungssituation ins Treffen geführten Umstände (manipulierte Vorreihung durch Suchmaschinen) nicht bescheinigen. Nach den Feststellungen und den dazu erfolgten Klarstellungen in der Beweiswürdigung des Erstgerichts kommt es bei den gängigen Suchmaschinen bei Eingabe des (Marken-)Namens der Klägerin zu keiner Vorreihung der Website der Beklagten gegenüber jener der Klägerin. Der Vorwurf einer schmarotzerischen Ausbeutung durch die Beklagte scheitert daher schon auf Tatsachenebene. Der im gegebenen Zusammenhang von der Klägerin geltend gemachte sekundäre Feststellungsmangel bleibt unerheblich.

2.3  Das von der Klägerin im gegebenen Zusammenhang vorgetragene Argument, durch die Vorreihung in den Suchergebnissen werde beim durchschnittlichen Nutzer der Eindruck eines Zusammenhangs zwischen den Streitteilen erweckt, ist zum einen nicht verständlich, weil der Nutzer eine Vorreihung und den Grund dafür gar nicht bemerken würde, und zum anderen nicht stichhaltig, weil die behauptete Vorreihung nicht bescheinigt ist.

3.  Soweit die Klägerin auf die immaterialgüterrechtliche Judikatur zur Verwendung von Metatags Bezug nimmt, vertritt sie die Ansicht, dass die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung 4 Ob 308/00y nicht einschlägig sei, weil es in dieser Entscheidung nicht um das Verhältnis zweier Konkurrenten gegangen sei. Dazu hat das Rekursgericht allerdings auch auf die Entscheidung zu 17 Ob 1/07g verwiesen und dazu ausgeführt, dass ein berechtigtes Interesse für eine (lauterkeitsrechtlich und markenrechtlich) zulässige Verwendung eines fremden Kennzeichens als Metatag (selbst bei einer damit verbundenen Beeinflussung von Suchergebnissen) dann nicht bestehe, wenn die beanstandete Website keinerlei Informationen über das Unternehmen des Konkurrenten enthält. Die zitierte Rechtsprechung gilt somit auch für das Verhältnis zwischen Mitbewerbern sowie auch für ein Ad‑hoc‑Wettbewerbsverhältnis.

Auch aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des EuGH zu C‑657/11, Belgian Electronic Sorting Technology NV , ergibt sich nichts Gegenteiliges. Darin gelangte der EuGH zum Ergebnis, dass die Nutzung eines Domain-Namens sowie die Nutzung von Metatags in den Metadaten einer Website unter den Begriff der „Werbung“ nach der Richtlinie über vergleichende Werbung zu subsumieren ist.

4.  Insgesamt gelingt es der Klägerin mit ihren Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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