OGH 3Ob163/19w

OGH3Ob163/19w17.12.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Roch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Priv.‑Doz. Dr. Rassi und Mag. Painsi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in den verbundenen Familienrechtssachen des Antragstellers R*, gegen die Antragsgegner 1. minderjährige M*, geboren am * 2008, 2. minderjähriger F*, geboren am * 2010, 3. minderjährige P*, geboren am * 2012, alle wohnhaft im Haushalt ihrer Mutter U*, in Unterhaltssachen alle vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Mödling, Fachgebiet Rechtsvertretung Minderjähriger, Mödling, Bahnstraße 2, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (§ 35 EO), über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 17. Juni 2019, GZ 16 R 187/19t, 188/19i, 189/19m‑15, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 12. April 2019, GZ 2 Fam 18/19k, 19/19g, 20/19d‑9, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127166

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Antragsteller ist der Vater der Antragsgegner. Mit Beschluss vom 19. Juli 2018 wurde er– auf Basis eines monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens von 2.584 EUR aus selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit – zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 460 EUR an die Erstantragsgegnerin und von je 385 EUR an den Zweitantragsgegner und die Drittantragsgegnerin jeweils ab 1. Oktober 2018 verpflichtet.

Aufgrund dieses Titels wurde den Antragsgegnern gegen den Antragsteller zur Hereinbringung rückständigen Unterhalts in Höhe von insgesamt 834,82 EUR und des laufenden Unterhalts die Gehaltsexekution bewilligt.

Die Antragsgegner sind einkommens- und vermögenslos und befinden sich in Pflege und Erziehung der Mutter, die auch die Familienbeihilfe bezieht.

Der Antragsteller, der keine weiteren Sorgepflichten hat, ist seit 1. Februar 2019 nur noch unselbständig erwerbstätig. Sein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen beträgt 1.682 EUR ohne Berücksichtigung des Familienbonus Plus.

Der Antragsteller stellte am 21. März 2019 den Antrag, wegen seines nunmehr geringeren Einkommens den Unterhaltsanspruch der Antragsgegner ab 1. Februar 2019 für teilweise erloschen zu erklären, und zwar gegenüber der Erstantragsgegnerin im Umfang von 157 EUR und gegenüber dem Zweitantragsgegner und der Drittantragsgegnerin jeweils im Umfang von 133 EUR, sodass sich also der monatliche Unterhaltsanspruch der Antragsgegner auf 303 EUR bzw 252 EUR reduziere.

Die Antragsgegner gestanden zu, dass ihre laufenden Unterhaltsansprüche wegen des geringeren Einkommens des Antragstellers teilweise erloschen seien, vertraten aber den Standpunkt, dass bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Familienbonus Plus zu berücksichtigen sei, weshalb die Bemessungsgrundlage ab 1. Februar 2019 1.810 EUR betrage. Sie hätten daher seither einen monatlichen Unterhaltsanspruch von 326 EUR bzw 272 EUR.

Das Erstgericht gab dem Oppositionsantrag zur Gänze statt. Entgegen dem Standpunkt der Antragsgegner sei der (halbe) Familienbonus Plus nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Es ergebe sich daher ab 1. Februar 2019 ein reduzierter monatlicher Unterhaltsanspruch der Erstantragsgegnerin von 303 EUR (18 % der Bemessungsgrundlage) und des Zweitantragsgegners und der Drittantragsgegnerin von jeweils 252 EUR (15 % der Bemessungsgrundlage). Die von der Rechtsprechung entwickelte (adaptierte) Berechnungsformel zur Anrechnung der Transferleistungen sei hier nicht heranzuziehen, weil ihre Anwendung keine Reduktion, sondern eine Erhöhung der Unterhaltspflicht zur Folge hätte und der Unterhaltsanspruch jedenfalls mit dem Prozentunterhalt gedeckelt sei.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss in teilweiser Stattgebung des Rekurses der Antragsgegner dahin ab, dass es deren Unterhaltsansprüche nur mit einem Teilbetrag von 147 EUR bzw 125 EUR monatlich für erloschen erklärte. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts sei als Bemessungsgrundlage das um den (halben) Familienbonus Plus erhöhte Nettoeinkommen des Antragstellers (1.810 EUR monatlich) heranzuziehen. Durch den Zuspruch des sich daraus ergebenden Prozentunterhalts (326 EUR bzw 272 EUR) würde allerdings das einkommensabhängige Unterhaltsexistenzminimum von 976,20 EUR unterschritten, sodass den Antragsgegnern nur ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von 313 EUR bzw 260 EUR zustehe.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zur Frage der Unterhaltsbemessung im Zusammenhang mit dem Familienbonus Plus zu.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegner ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage dargestellt wird:

1. Die Revisionsrekurswerber vertreten den Standpunkt, der Familienbonus Plus stelle einen zusätzlichen Absetzbetrag für den Geldunterhaltspflichtigen dar, der mittelbar dem Kind – nämlich durch eine geringere Anrechnung der Transferleistungen – zugute kommen müsse. Damit übersehen sie allerdings, dass die Vorinstanzen ohnehin keinerlei Anrechnung von Transferleistungen vorgenommen haben. Mit der Begründung des Rekursgerichts für die gegenüber dem Prozentunterhalt ohnehin auf Basis einer – auch von den Antragsgegnern unterstellten – Bemessungsgrundlage von 1.810 EUR reduzierte Unterhaltsbemessung setzen sie sich allerdings überhaupt nicht auseinander, weshalb ihr Rechtsmittel nicht den Anforderungen des § 65 Abs 3 Z 4 AußStrG entspricht und eine Überprüfung der in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Rechtsansicht nicht stattfinden kann (RS0043654 [T15]).

2. Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass der vierte Senat jüngst in der Entscheidung 4 Ob 150/19s mit ausführlicher Begründung zum Ergebnis gekommen ist, dass – jedenfalls bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres – eine Einrechnung des Familienbonus Plus in die Unterhaltsbemessungsgrundlage ausscheidet und außerdem auch kein Anlass mehr besteht, die Unterhaltsleistung durch die Anrechnung von Transferleistungen zu kürzen. Mangels eines Rechtsmittels des Vaters kommt eine Berücksichtigung dieser Judikatur hier aber nicht in Frage.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte