OGH 7Ob203/19g

OGH7Ob203/19g16.12.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei K* S*, vertreten durch Mag. Silvia Fahrenberger, Rechtsanwältin in Scheibbs, gegen den Gegner der gefährdeten Partei M* S*, vertreten durch Dr. Martin Mahrer, Rechtsanwalt in Wien, wegen einstweiliger Verfügung gemäß § 382e EO, über den Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 30. Oktober 2019, GZ 23 R 436/19v-12, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 23. September 2019, GZ 2 C 59/19k-7, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E126911

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Revisionsrekurskosten wird abgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die gefährdete Partei (fortan: Antragstellerin) begehrte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach gemäß § 382e EO.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag– ohne Anhörung des Gegners der gefährdeten Partei (fortan: Antragsgegner) – ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin dahin Folge, dass es den Beschluss des Erstgerichts aufhob und diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftrug. Es sprach aus, dass der „ordentliche Revisionsrekurs“ zulässig sei, weil aus näher angeführten Erwägungen eine erhebliche Rechtsfrage zu klären sei.

Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den Beschluss des Rekursgerichts aufzuheben und den Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

1. Gemäß § 402 Abs 1 Satz 1 EO ist § 521a ZPO sinngemäß anzuwenden, wenn das Verfahren einen Rekurs gegen einen Beschluss über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über einen Widerspruch nach § 397 EO oder über einen Antrag auf Einschränkung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung zum Gegenstand hat. Dies gilt jedoch nach § 402 Abs 2 EO nicht für einen Rekurs des Antragstellers gegen die Abweisung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wenn der Antragsgegner zum Antrag noch nicht einvernommen worden ist.

2. Mit dieser Einschränkung wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass der Rekurs bei Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann zweiseitig sein soll, wenn auch das Verfahren erster Instanz bereits zweiseitig geworden war, wie dies der rezipierten Regelung des § 521a ZPO entspricht. Damit soll berücksichtigt werden, dass dem Antragsgegner, der mangels Anhörung vor der Beschlussfassung des Erstgerichts noch nicht in das verfahrensrechtliche Rechtsverhältnis einbezogen wurde, auch im Verfahren über den Rekurs gegen die Abweisung des Sicherungsantrags keine Parteistellung zukommt.

3. Der Antragsgegner wird am Verfahren aber auch nicht dadurch beteiligt, dass das Rekursgericht die Auffassung des Erstgerichts nicht teilt und diesem eine neuerliche Entscheidung aufträgt. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass das Rekursgericht seinem Aufhebungsbeschluss einen Rechtskraftvorbehalt beisetzte. Auch in dieser Konstellation wird der Antragsgegner durch den Rechtsmittelausschluss in seinen Rechten nicht verkürzt, weil er sich im erneuerten Verfahren äußern und, sollte er wiederum nicht gehört werden, gegen die vom Erstgericht gegebenenfalls erlassene einstweilige Verfügung Widerspruch (§ 397 EO) erheben kann. Auch die Bindung des Erstgerichts und des Gerichts zweiter Instanz an die im Aufhebungsbeschluss geäußerte Rechtsansicht beschränkt nicht die Rechtsmittelmöglichkeiten des Antragsgegners im zweiten Rechtsgang (1 Ob 659/88; RS0005666; G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 402 EO Rz 13).

4. Der Umstand, dass das Erstgericht dem Antragsgegner den erst- und zweitinstanzlichen Beschluss– ohne Notwendigkeit – zugestellt hat, begründet dessen Parteistellung für das Rechtsmittelverfahren ebenfalls nicht (RS0006882).

5. Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist somit unzulässig und zurückzuweisen.

6. Der Antragstellerin gebühren keine Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung, weil sie nicht auf den Zurückweisungsgrund hingewiesen hat. Für die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz ist der Oberste Gerichtshof funktionell nicht zuständig.

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