OGH 17Ob15/19h

OGH17Ob15/19h20.11.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Musger und Priv.‑Doz. Dr. Rassi, die Hofrätin Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. R* R* als Insolvenzverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen des Vereins K*, vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt *, vertreten durch Pitzal/Cerny/Partner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Anfechtung (Streitwert 20.011,05 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 17.833,53 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Februar 2019, GZ 3 R 55/18g‑15, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 2. August 2018, GZ 26 Cg 76/17z‑11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E126976

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

I. Die Revision wird zurückgewiesen.

II. Die Revisionsbeantwortung wird als verspätet zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zu I.:

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist eine auf § 31 Abs 1 Z 2 IO gestützte und vom Berufungsgericht abgewiesene Anfechtungsklage. Die Abänderung seines Unzulässigkeitsausspruchs begründete das Berufungsgericht damit, dass einzige Einkommensquelle der späteren Insolvenzschuldnerin die von der Beklagten gewährten Fördermittel gewesen seien. Es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung, ob unter diesen Umständen ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab an die Beklagte anzulegen sei, die mit dem Schuldner eine Ratenvereinbarung über die Rückzahlung zu Unrecht vereinnahmter Förderungen geschlossen hatte.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts in seinem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (Zechner in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze2 § 508 ZPO Rz 10 mwN) – Beschluss auf nachträgliche Zulassung der Revision nach § 508 ZPO steht gerade nicht fest, dass die Beklagte die einzige Gläubigerin des Schuldners war und ihre Subventionen seine einzige Einnahmequelle bildeten. Die Frage, ob angesichts dessen an die Beklagte ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab anzulegen ist, stellt sich demnach nicht.

2. Weil der ein Kindertagesheim betreibende Schuldner mehr Kinder betreute als von der Beklagten bewilligt war, forderte diese an Förderungen für den Zeitraum Jänner 2014 bis März 2015 42.398,22 EUR zurück. Da der Schuldner diesen Betrag nicht bezahlen konnte, stellte er ein Ratenzahlungsansuchen. Mitursache hierfür war, dass dem Schuldner im Jahr 2015 bis zur Ratenvereinbarung durch Barabhebungen und Überweisungen insgesamt 39.512,92 EUR – teils für nicht ausbezahlte Gehälter, teils für von der Obfrau geleistete Mietzahlungen, teils für private Zwecke – entzogen worden waren. Nach der hierauf geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung sollte die Tilgung durch Einbehaltung eines Teils der zukünftig zustehenden Förderbeiträge erfolgen.

Der Schuldner hing nach den Feststellungen zwar wirtschaftlich von den Subventionen der Beklagten ab, ihm war nach den Förderbedingungen aber gestattet, bestimmte Leistungen seinen Kunden gegen Entgelt anzubieten. Die Beklagte musste daher nicht davon ausgehen, seine einzige Einnahmequelle zu sein. Aus diesem Grunde und zumal die Subventionen monatlich zwischen 17.000 und 19.000 EUR betrugen und auch weiter gewährt werden sollten, ist die Ansicht des Berufungsgerichts im angefochtenen Urteil, die Beklagte habe bloß wegen des Ratenzahlungsansuchens noch nicht die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners annehmen oder weitere Nachforschungen vornehmen müssen, nicht korrekturbedürftig. Ob dem Anfechtungsgegner im Sinne des § 31 Abs 1 Z 2 IO Fahrlässigkeit zur Last fällt, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet – vom Fall einer (hier nicht vorliegenden) korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung abgesehen – regelmäßig keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (vgl RS0042837).

 

Zu II.:

Der Beschluss des Berufungsgerichts auf nachträgliche Zulassung der Revision samt Ausspruch, dass es der Beklagten freisteht, die Revision zu beantworten, wurde der Beklagten gemeinsam mit einer Gleichschrift der Revision am 31. 5. 2019 zugestellt. Die Beklagte brachte die Revisionsbeantwortung im ERV am 26. 6. 2019 beim Erstgericht ein, das die Revisionsbeantwortung sodann dem Berufungsgericht physisch weiterleitete, wo sie am 1. 7. 2019 einlangte.

Gemäß § 507a Abs 3 Z 2 ZPO ist die Revisionsbeantwortung beim Berufungsgericht einzubringen, wenn dieses dem Revisionsgegner nach § 508 Abs 5 ZPO freigestellt hat, eine Revisionsbeantwortung einzubringen.

Ein im Wege des ERV übermitteltes Schriftstück kann – unter Nichteinrechnung des Postenlaufs – nur dann als rechtzeitig eingebracht angesehen werden, wenn es durch Angabe des jeweils zutreffenden „Dienststellenkürzels“ an das richtige Gericht adressiert war. Wurde hingegen die Dienststellenkennzeichnung des Adressatgerichts anlässlich der Eingabe des Rechtsmittels unrichtig angegeben, und langte der Schriftsatz deshalb beim falschen Gericht ein, das ihn (mit Zeitverzögerung) an das zuständige Gericht übermitteln musste, so ist die Eingabe nur dann als rechtzeitig anzusehen, wenn sie noch innerhalb der Rechtsmittelfrist (bzw Rechtsmittelbeantwortungsfrist) beim zuständigen Gericht einlangt (RS0124533; Danzl, Geo8 § 37 Anm 6b mwH). Die außerhalb der am 31. 5. 2019 in Gang gesetzten vierwöchigen Frist beim Berufungsgericht eingelangte Revisionsbeantwortung ist daher als verspätet zurückzuweisen.

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