OGH 5Ob156/19f

OGH5Ob156/19f22.10.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. M*, 2. A*, beide vertreten durch die Winkler Reich‑Rohrwig Illedits Wieger Rechtsanwälte‑Partnerschaft OG, Wien, gegen die Antragsgegnerin Gemeinnützige * Genossenschaft mit beschränkter Haftung, Hietzinger Hauptstraße 119, 1130 Wien, vertreten durch Dr. Michael Brunner, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 22 Abs 1 Z 7 und 10 WGG, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 17. April 2019, GZ 7 R 46/19y‑21, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Tulln vom 29. Jänner 2019, GZ 2 Msch 5/18b‑14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E126672

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller sind schuldig, der Antragsgegnerin deren mit 460,40 EUR (darin enthalten 76,73 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Antragsgegnerin, eine gemeinnützige Bauvereinigung, ist Eigentümerin und Verwalterin einer Liegenschaft. Die Antragsteller sind Nutzungsberechtigte einer Wohnung und eines Garagenplatzes in der auf dieser Liegenschaft errichteten Wohnhausanlage. Sie beantragten mit ihrem verfahrenseinleitenden Schriftsatz die Festsetzung des korrekten Verteilungsschlüssels für die Jahresabrechnung 2014, die Überprüfung im Einzelnen bezeichneter Positionen dieser Jahresabrechnung und der Antragsgegnerin aufzutragen, eine ordnungsgemäße Abrechnung für das Jahr 2014 zu legen.

Das Erstgericht wies die Anträge ab. Das Schreiben vom 14. 12. 2015, mit dem die Antragsteller die Jahresabrechnung 2014 beeinsprucht hätten, sei zwar innerhalb der Frist des § 19 Abs 1 WGG der Antragsgegnerin zugegangen; soweit darin einzelne Betriebskostenpositionen ausreichend konkretisiert bemängelt worden seien, sei die Abrechnung jedoch ordnungsgemäß. Im Übrigen sei der „Verweis“ auf den Einspruch zur Abrechnung für das Jahr 2013 keine ausreichend konkrete Bemängelung von Betriebskostenpositionen der Abrechnung für das Jahr 2014, sodass weder der Verteilungsschlüssel noch die übrigen Positionen im verfahrenseinleitenden Schriftsatz fristgerecht beeinsprucht worden seien.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den Revisionsrekurs über Antrag gemäß § 63 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 22 Abs 4 WGG nachträglich für zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof mit der Rechtsfrage, ob ein Verweis auf Einwendungen des Vorjahres den Anforderungen einer konkretisierten Einwendung nach § 19 Abs 1 letzter Satz WGG genüge, noch nicht befasst habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig, was kurz zu begründen ist (§ 71 Abs 3 AußStrG).

1.1 Das Fehlen einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung, begründet für sich genommen noch keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0102181). Das gilt insbesondere dann, wenn das Gesetz selbst eine klare und eindeutige Regelung trifft (RS0042656).

1.2 Soweit gegen die gelegten Abrechnungen über die Betriebskosten, die Kosten von Gemeinschaftsanlagen und die öffentlichen Abgaben nach § 14 Abs 1 Z 7 WGG nicht binnen sechs Monaten ab Auflage begründete Einwendungen erhoben werden, gelten sie als endgültig geprüft und anerkannt (§ 19 Abs 1 letzter Satz WGG). Diese Bestimmung ordnet eine Präklusivfrist (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht23 § 19 WGG Rz 4) an, sodass der Nutzungsberechtigte, will er sich die Möglichkeit auch gerichtlicher Überprüfung der Betriebskostenabrechnung wahren, innerhalb von sechs Monaten tätig werden muss (Rudnigger in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht³ § 19 WGG Rz 5).

 

2.1 Die im Gesetz verwendete Formulierung „begründete Einwendungen“ lässt keinen Zweifel offen, dass die Erklärung, für die keine besondere Form vorgesehen ist (dazu Würth/Zingher/Kovanyi aaO Rz 4), die Gründe, aus welchen eine Abrechnung beeinsprucht wird, deutlich machen muss. So hat der Fachsenat bereits in seiner Entscheidung zu 5 Ob 112/92 klar gelegt, dass „begründete Einwendungen“ im Sinn des § 19 Abs 1 WGG jedenfalls die Nennung von konkreten Abrechnungspositionen erfordern.

2.2 Dessen ungeachtet vertreten die Antragsteller auch noch im Revisionsrekursverfahren den Standpunkt, dass die in ihrem Schreiben vom 14. 12. 2015 enthaltene Formulierung, „im Übrigen [wird] auf den Einspruch zur Abrechnung 2013 [verwiesen]“, jedenfalls insoweit den Anforderungen eines begründeten Einspruchs genügt, als in dem vom Verweis erfassten Einspruch auch der Verteilungsschlüssel bemängelt worden sei, weil– zusammengefasst – der Antragsgegnerin als Erklärungsempfängerin klar sein habe müssen, was gemeint gewesen sei. In diesem Zusammenhang thematisieren die Antragsteller allenfalls Auslegungsfragen über ihre Erklärungsabsicht, denen aber keine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommen (RS0044298). Ausgehend davon, dass die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen nicht danach zu beurteilen sind, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage durch einen redlichen, verständigen Menschen zu verstehen war (RS0014205; RS0113932), können die Revisionsrekurswerber nicht schlüssig darlegen, inwieweit der von ihnen angesprochene Verweis auf ein Schreiben zu einer vorangegangenen Abrechnungsperiode dem vom Gesetz geforderten Erfordernis eines begründeten Einspruchs entsprechen soll. Die von ihnen gebrauchte Wendung lässt nämlich offen, ob und welche Einwendungen gegen die Abrechnung des vorangegangenen Jahres über die ohnedies konkret genannten Positionen der Jahresabrechnung 2014 hinaus aufrecht gehalten werden sollten, um sie auch der Abrechnung für das Jahr 2014 entgegenzuhalten. Ein auf wesentlicher Verkennung der Rechtslage beruhendes Auslegungsergebnis und damit eine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung (dazu RS0042776 [T1; T3]) können die Revisionsrekurswerber daher nicht aufzeigen.

2.3 Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG, § 22 Abs 4 WGG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 22 Abs 4 WGG. Die danach geforderten Billigkeitserwägungen rechtfertigen einen Kostenzuspruch an die Antragsgegnerin, weil sie in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Antragsteller hingewiesen hat (vgl RS0112296). Zu berücksichtigen war jedoch, dass die Bewertung des Streitgegenstands gemäß § 10 Z 3a lit aa RATG zu erfolgen hat.

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