European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E126696
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Der Antragsteller hat ein Grundstück mit einem– neben anderen Einfamilienhäusern gelegenen – Einfamilienhaus samt Garten geerbt und verfolgt das Projekt, durch einen Bauträger eine Wohnhausanlage mit 14 Wohneinheiten errichten zu lassen. Er beantragt die Einräumung eines Notwegerechts im Sinn eines uneingeschränkten Geh- und Fahrrechts durch Verbreiterung und Ausbau der vorhandenen Privatstraße, die bisher nur der Zufahrt zu den bestehenden Einfamilienhäusern gedient hat.
Die Vorinstanzen wiesen den Antrag ab.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
1.1 Nach § 4 Abs 3 NWG ist die Einräumung eines Notwegs ua durch Gebäude, geschlossene Hofräume und durch bei Wohnhäusern befindliche, zur Verhinderung des Zutritts fremder Personen eingefriedete Gärten ausgeschlossen.
1.2 Zweck dieser Schutzbestimmung ist es, die Wahrung des Hausfriedens bzw der Privatsphäre sicherzustellen und die ungestörte Benützung der Liegenschaft zu ermöglichen (RS0071235 [T2]). Auf diesen Zweck ist bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Einräumung eines Notwegs abzustellen.
1.3 Für die in § 4 Abs 3 NWG erwähnten eingefriedeten Hausgärten ist nach der Rechtsprechung jede Einfriedung ausreichend, die die Absicht des Grundeigentümers oder Nutzungsberechtigten erkennen lässt, Fremde vom Zutritt auf das Grundstück auszuschließen. Dass sich die Einfriedung tatsächlich als Hindernis für das Betreten des Grundstücks darstellt, ist nicht maßgeblich (RS0071202 [T3]).
2. Ob die Voraussetzungen für die Einräumung oder die Versagung eines Notwegs vorliegen, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (3 Ob 115/98b). Wenngleich das Bedürfnis der notleidenden Liegenschaft maßgebend ist, ist zugleich immer darauf Rücksicht zu nehmen, dass die fremde Liegenschaft möglichst wenig belastet und deren Eigentümer möglichst wenig belästigt wird (§ 4 Abs 1 NWG; RS0070966 [T3]). Die Bestimmungen des NWG zur Einräumung eines Notwegs müssen daher nach ständiger Rechtsprechung einschränkend ausgelegt werden (RS0070966). Zu Gunsten der geschützten Grundfläche ist kein kleinlicher Maßstab anzulegen (RS0071235 [T2], RS0070966 [T5], RS0071202 [T4]).
3. Eine mit diesen Grundsätzen der Rechtsprechung unvereinbare Auslegung der Vorinstanzen wird vom Revisionsrekurswerber nicht aufgezeigt:
Dass auch eine etwa 1 m hohe Stützmauer zur Straße hin die Absicht des Grundeigentümers auf Begründung von Privatsphäre und die Ermöglichung der Benützung des Grundstücks als an das Einfamilienwohnhaus unmittelbar anschließender Hausgarten (bestehend aus einer gepflasterten Terrasse und einer mit Sträuchern und Blumen bepflanzten Rasenfläche) erkennen lässt, hält sich innerhalb des den Gerichten offen stehenden Beurteilungsspielraums. Die Tatsache, dass die Höhe der Stützmauer infolge des Ansteigens des Geländes stetig abnimmt und an einer Stelle gegen Null verläuft, ändert im Hinblick auf die vorhandenen Gegebenheiten nichts an der Erkennbarkeit der Abgrenzungsabsicht. Auch dass der Notweg nicht mitten durch den eingefriedeten Hausgarten führen soll, sondern nur durch einen Randbereich, schließt nach den örtlichen Gegebenheiten die Anwendung des § 4 Abs 3 NWG nicht aus.
Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs daher als nicht zulässig zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)