OGH 8Ob45/19d

OGH8Ob45/19d27.6.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** C*****, vertreten durch Dr. Sven Rudolf Thorstensen, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. T***** S*****, vertreten durch Mag. Ernst Michael Lang, Rechtsanwalt in Hohenems, wegen 8.541,52 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 8. Februar 2019, GZ 3 R 193/18v‑15, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Spittal an der Drau vom 16. November 2018, GZ 1 C 698/18d‑11, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00045.19D.0627.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Zurückweisung der Klage wird bestätigt, soweit die klagende Partei ihr Begehren auf vertragliche Ansprüche stützt.

Im Übrigen wird der Beschluss des Erstgerichts auf Verwerfung der Einrede der mangelnden internationalen Zuständigkeit wiederhergestellt.

Die Kosten des Zwischenstreits werden gegeneinander aufgehoben.

 

Begründung:

Die Klägerin begehrt vom Beklagten, einen in der Schweiz ansässigen Notar und Rechtsanwalt, Schadenersatz in Höhe von 8.541,52 EUR sA.

Die G***** Ltd mit Sitz in 5073 Wals habe in Österreich Gold- und Silbersparpläne vertrieben. Bei diesen Sparplänen habe der Kunde der G***** Ltd eine Einziehungsermächtigung erteilt. Mit dem monatlich eingezogenen vereinbarten Betrag hätte Gold und Silber für den Kunden erworben werden sollen. Das Edelmetall hätte sodann in einem eigenen Depot des Kunden verwahrt werden sollen, wodurch der Kunde Eigentum am Edelmetall erwerben hätte sollen. Diese Anlageform sei als besonders sicher vermarktet worden. Die Überprüfung der Bestände hätte jährlich durch ein unabhängiges und international anerkanntes Wirtschaftsprüfungsinstitut erfolgen sollen. Die Verpflichtung der Überprüfung der Bestände sei in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen explizit vereinbart worden.

Die Klägerin habe am 21. 7. 2010 einen Vertrag über einen Gold- und einen Silbersparplan abgeschlossen und in der Folge einmalig jeweils 230 EUR und in weiterer Folge jeweils 50 EUR monatlich investiert. Die Klägerin habe diese Veranlagungsform gewählt, weil sie risikoavers gewesen sei und das Investment als sehr sicher dargestellt worden sei. Im Februar 2012 sei der Klägerin mitgeteilt worden, dass die Übertragung der Verwaltung von der G***** Ltd auf die G***** AG mit Sitz in der Schweiz geplant sei. Die Klägerin habe der Vertragsübernahme zugestimmt.

Die Klägerin sei in Österreich zu den in Österreich vertriebenen Produkten der G***** AG von einem Vermögensberater mit Sitz in Österreich beraten worden. Sie habe sich auf Basis dieser Informationen für die Investition entschieden und die Zahlungen von ihrem österreichischen Konto durchgeführt.

Im Jahr 2011 sei der Beklagte mit der Erstellung der Bilanzen für die G***** AG sowie deren Mutter, der B***** GmbH mit gleichfalls Sitz in der Schweiz, betraut worden. Im Jahr 2012 sei der Beklagte zusätzlich mit den in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugesicherten Bestandsprüfungen beauftragt worden. Es sei somit seine Aufgabe gewesen, in einem „Comfort Letter“ zu bestätigen, dass die im internen Login-Bereich der einzelnen Kunden dargestellten physischen Edelmetallbestände zu 100 % vorhanden und im Besitz der G***** AG seien. Die Klägerin habe ab dem Stichtag 31. 12. 2012 vom Beklagten jährlich einen solchen „Comfort Letter“ erhalten, in dem dieser bestätigt habe, dass der Ist-Bestand an Edelmetallen, die im Besitz der G***** AG seien, mit dem Soll-Bestand an Edelmetallen übereinstimme. Dieser Prüfbericht sei falsch gewesen, tatsächlich habe es keine Edelmetallbestände gegeben. Der Beklagte habe den Edelmetallstand wider besseres Wissen bestätigt oder die Bestandsprüfung niemals durchgeführt. Er habe arglistig und betrügerisch unter Ausnutzung des besonderen Vertrauens, das dem Beruf des Notars bzw Rechtsanwalts entgegengebracht werde, gehandelt.

Die G***** AG sei, wie die Klägerin Ende des Jahres 2016 erfahren habe, insolvent. Die Klägerin habe tatsächlich kein Gold und Silber erworben und dadurch kein Aussonderungsrecht im Insolvenzverfahren, sondern nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber der vermögenslosen G***** AG. Die Klägerin habe einen Totalverlust in der Höhe des von ihr veranlagten Kapitals von insgesamt 7.460 EUR erlitten. Hätte der Beklagte pflichtgemäß gehandelt, hätte die Klägerin dieses Kapital alternativ so veranlagt, dass sie eine Rendite von insgesamt 1.081,52 EUR erzielt hätte. Hätte der Beklagte der Klägerin nicht bestätigt, dass die Edelmetallbestände vorhanden seien, hätte sie auch keine weiteren Zahlungen getätigt.

Der Beklagte hafte der Klägerin für ihren Schaden aus jedem erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere vertraglichen und deliktischen Schadenersatz. Die Klägerin sei von den Schutz‑ und Sorgfaltspflichten des Vertrags umfasst. Dem Beklagten habe bewusst gewesen sein müssen, dass seine Prüfberichte zur Information bzw Anwerbung verwendet würden. Die Klägerin wohne im Sprengel des von ihr angerufenen Erstgerichts, ihr Konto, von dem aus ihre Zahlungen erfolgten, befinde sich auch in diesem Sprengel. Die internationale und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergebe sich aus Art 5 Nr 3 LGVÜ. Der Schaden sei im Sprengel des Erstgerichts, nämlich am Wohnsitz der Klägerin, eingetreten.

Der Beklagte erhob vorweg die Einreden der internationalen sowie auch der örtlichen Unzuständigkeit. Der Ort der behaupteten Schadenszufügung sei in der Schweiz gelegen, auch die Anlagegesellschaft habe dort ihren Sitz. Es sei schweizerisches Recht anzuwenden. Darüber hinaus bestritt der Beklagte das Klagsvorbringen, insbesondere stellte er in Abrede, ein deliktisches Verhalten gesetzt zu haben.

Das Erstgericht schränkte die Verhandlung auf die Einreden der internationalen und der örtlichen Unzuständigkeit ein. Es führte – abgesehen von den aufgenommenen Urkundenbeweisen – allein dahingehend ein Beweisverfahren durch, als es ermittelte, dass die Klägerin zwar im Sprengel des Erstgerichts wohnhaft ist, sich ihre Bank aber, von der aus die Zahlungen für die Investitionen auf das Anlagekonto in 5073 Wals getätigt wurden, in Villach befindet. Nachdem die Klägerin für den Fall der Bejahung der internationalen, nicht aber der örtlichen Zuständigkeit die Überweisung der Klage an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Villach beantragt hatte, verwarf das Erstgericht die Einrede der internationalen Unzuständigkeit (Spruchpunkt I), sprach seine örtliche Unzuständigkeit aus (Spruchpunkt II) und überwies die Rechtssache gemäß § 261 Abs 6 ZPO an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Villach (Spruchpunkt III). Die Einwendungen des Beklagten, es liege weder deliktisches Verhalten seinerseits vor noch gebe es ein Vertragsverhältnis mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, beträfen sogenannte „doppelrelevante Tatsachen“, also solche, die sowohl die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts als auch die Begründetheit des Klageanspruchs selbst beträfen. Eine Überprüfung der internationalen Zuständigkeit habe hier nur anhand des schlüssigen Vorbringens der Klägerin zu erfolgen. Nach deren Vorbringen sei der Schaden durch ein deliktisches Verhalten des Beklagten entstanden. Der Erfolgsort, an dem die schädigenden Auswirkungen des haftungsauslösenden Ereignisses zu Lasten der Klägerin eingetreten seien, liege in Österreich, weshalb die internationale Zuständigkeit zu bejahen sei. Die Anlage sei der Klägerin in Österreich vermittelt worden, sie habe in der Folge alle Zahlungen des klagsgegenständlichen Investitionsvorgangs von ihrem österreichischen Konto bei der Bank in Villach geleistet. Da der Schaden in Form eines finanziellen Verlusts unmittelbar auf dem Bankkonto der Klägerin bei der Bank in Villach eingetreten sei (Erfolgsort), sei das Bezirksgericht Villach örtlich zuständig.

Das Rekursgericht gab dem allein auf Abänderung des Spruchpunkts I des erstgerichtlichen Beschlusses dahingehend, dass der Einrede der internationalen Zuständigkeit stattgegeben und die Klage zurückgewiesen werde, gerichteten und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Rekurs des Beklagten antragsgemäß Folge. Ein Erfolgsort im Sinne des Art 5 Nr 3 LGVÜ 2007 liege am Sitz des jeweiligen Bankkontos nicht vor. Die „örtliche und internationale Zuständigkeit des Bezirksgerichts Villach“, an das die Rechtssache überwiesen worden sei, sei damit nicht gegeben, weshalb die Klage zurückzuweisen sei.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil der Zuständigkeitsstreit im Hinblick auf die Vielzahl der gegen den Beklagten in Österreich anhängigen, gleichgelagerten Klagen in seiner Bedeutung über den Einzelfall hinausgehe und es keine Judikatur zu der Frage gebe, ob bei der Prüfung der internationalen Zuständigkeit im Falle einer Überweisung nach § 261 Abs 6 ZPO allein auf die Zurechnungskriterien zum Gericht, an das überwiesen wurde, abzustellen sei.

In ihrem vom Beklagten beantworteten und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen ordentlichen Revisionsrekurs strebt die Klägerin die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin an, dass die internationale Zuständigkeit bejaht werde, in eventu stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch teilweise berechtigt.

1. Im Hinblick auf den Wohnsitz des Beklagten in der Schweiz und nach dem Datum der Einbringung der Klage (14. 8. 2018) richtet sich die internationale Zuständigkeit nach dem am 30. 10. 2007 in Lugano abgeschlossenen Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil‑ und Handelssachen (Art 64 Abs 2 lit a LGVÜ 2007). Im Verhältnis zur Schweiz ist das LGVÜ 2007 gemäß seinem Art 63 seit 1. 1. 2011 anzuwenden (5 Ob 240/18g). Es ersetzt in seinem Anwendungsbereich die Zuständigkeitsbestimmungen der JN (RIS‑Justiz RS0106679; RS0109738). Inhaltlich stimmt das LGVÜ 2007 mit der Brüssel I‑VO hier nahezu wortgleich überein. Um eine einheitliche Auslegung und insbesondere die Parallelität zu EuGVÜ bzw EuGVVO zu gewährleisten, ist im Art 1 des Protokolls Nr 2 über die einheitliche Auslegung des LGVÜ 2007 das ausdrückliche Gebot der Rücksichtnahme auf die EuGH‑Rechtsprechung enthalten (8 Ob 75/18i; vgl auch RS0113569). Weitestgehend kann die zur EuGVVO ergangene Literatur und Judikatur herangezogen werden (Mayr in Rechberger/Klicka 5 Nach § 27a JN Rz 23; RS0115357 [T5] zu Art 5 Nr 3 LGVÜ; 5 Ob 240/18g; 8 Ob 31/19w).

2. Maßgeblich für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit sind die Klagsangaben (RS0115860; RS0050455). Sind die die Zuständigkeit begründenden Tatsachenbehauptungen zugleich Anspruchsvoraussetzungen („doppelrelevante Tatsachen“), so ist ihre Richtigkeit zu unterstellen (RS0115860 [T4]; sie sind auch dann der Zuständigkeitsentscheidung zugrunde zu legen, wenn sie vom Beklagten bestritten wurden, RS0050455 [T1]). Die Schlüssigkeit des Klagevorbringens reicht im Fall doppelrelevanter Tatsachen aus (RS0116404). Auch der EuGH sprach bereits aus, dass das angerufene nationale Gericht im Fall des Bestreitens der Behauptungen des Klägers durch den Beklagten nicht verpflichtet ist, im Stadium der Ermittlung der Zuständigkeit ein Beweisverfahren durchzuführen, aber alle vorliegenden Informationen zu würdigen hat, wozu gegebenenfalls auch die Einwände des Beklagten gehören (EuGH 16. 6. 2016, Universal Music,C‑12/15, Rn 44 f; so auch 6 Ob 128/18v; 8 Ob 31/19w). Dass die Behauptungen der Klägerin zur Begründung der internationalen Zuständigkeit hier als „doppelrelevante Tatsachen“ anzusehen und der Zuständigkeitsprüfung zugrunde zu legen sind, soweit sie nicht durch das bereits durchgeführte Beweisverfahren und die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen eine Änderung erfahren haben, wird im Revisionsrekursverfahren nicht in Zweifel gezogen.

3. Nach den Klagsangaben hat nie eine unmittelbare vertragliche Beziehung zwischen den Streitteilen bestanden.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen (RS0117398; 7 Ob 291/02y mwN; 5 Ob 240/18g), dass der autonom auszulegende Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ (Art 5 Nr 1 LGVÜ 2007) nicht so verstanden werden kann, dass er für eine Situation gilt, in der keine von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangenen Verpflichtung vorliegt, sodass Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht unter diese Zuständigkeitsbestimmung fallen. Ein Vertrag, der nur Schutzwirkungen zugunsten eines Dritten entfaltet, kann zur Annahme einer vertraglichen Beziehung in Ansehung des Dritten auch deshalb nicht genügen, weil –  wie der EuGH bereits mehrfach betont hat  – Spezialgerichtsstände als Ausnahme zur Allzuständigkeit des Wohnsitzstaats des Beklagten eng auszulegen sind (RS0128703; RS0112833; 8 Ob 31/19w).

Soweit das Klagebegehren auf vertragliche Ansprüche gestützt wurde, ist die Entscheidung der Vorinstanz daher im Ergebnis zu bestätigen.

4. Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst in der Entscheidung 5 Ob 240/18g, die gleichartige Ansprüche eines österreichischen Anlegers gegen den auch hier Beklagten zum Gegenstand hatte, unter ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung des EuGH (Rs C‑375/13, Kolassa;C‑12/15, Universal Music;C‑304/17, Löber ua), der Literatur und der höchstgerichtlichen Entscheidungen (insbesondere 3 Ob 185/18d, 4 Ob 185/18m und 2 Ob 183/18b) die Grundsätze der Ermittlung des – von der Klägerin auch hier zur Begründung der Anrufung des Erstgerichts herangezogenen – Deliktsgerichtsstands (Art 5 Nr 3 LGVÜ 2007) zusammengefasst. Die Gerichte am Wohnsitz des Anlegers sind für auf deliktische Ansprüche gestützte Klagen dann zuständig, wenn die anlage- und schadenstypisch beteiligten Konten bei Banken in Österreich gehalten wurden und darüber hinaus auch die sonst vorliegenden Umstände (insbesondere zB Erwerb in Österreich; Eingehen der Verpflichtung aufgrund von notifizierten Prospektangaben in Österreich) zur Zuweisung an österreichische Gerichte anstelle der Gerichte am Wohnsitz des Beklagten beitragen.

5. Die Klägerin hat sich zum einen darauf gestützt, dass sie „keine weiteren Zahlungen“ getätigt hätte, hätte der Beklagte nicht bestätigt, dass die Edelmetallbestände vorhanden sind. Zum anderen hat sie aber auch vorgebracht, sie hätte ihr Vermögen „alternativ veranlagt“, hätte der Beklagte pflichtgemäß gehandelt. Zwar ist dieses Vorbringen unvollständig und erörterungsbedürftig, weil die Klägerin nicht hinreichend darlegt, wie sie sich hinsichtlich der von ihr bereits getätigten Investitionen hypothetisch verhalten hätte, als sie erstmalig eine Bestätigung des Beklagten erhielt, wäre diese nicht – im Sinne des der Zuständigkeitsprüfung zu Grunde zu legenden Klagsvorbringens – falsch gewesen. Die Kausalität der dem Beklagten vorgeworfenen Pflichtverletzung für die Aufrechterhaltung des Vertrags der Klägerin ist insoweit bisher nicht schlüssig dargelegt worden. Der Nachtrag eines entsprechenden Vorbringens wäre allerdings im fortgesetzten Verfahren noch möglich.

6. Davon ausgehend spricht aber im vorliegenden Fall eine Reihe von Sachverhaltselementen für die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte. Nicht nur ist die Klägerin – zufolge ihres der Zuständigkeitsprüfung zugrunde zu legenden Vorbringens – ihre schädigende Grundverpflichtung – wenn auch noch außerhalb des Verantwortungsbereichs des Beklagten – in Österreich eingegangen, auch die G***** Ltd hatte hier ihren Sitz und auch die Zahlungen der Klägerin erfolgten von einem österreichischen Konto aus auf ein (Anlage‑)Konto in Österreich (5073 Wals).

Die Frage, ob von vornherein ein geplanter Betrugsfall vorlag oder eine nachträgliche Veruntreuungshandlung durch die Anlagegesellschaft stattgefunden hat, kann auf sich beruhen. In jedem Fall wäre der behauptete Erstschaden, nämlich der Verlust laufender Ansparbeträge, die von der Klägerin weiter bezahlt wurden, in Österreich eingetreten. Die nach der Rechtsprechung des EuGH geforderte Vorhersehbarkeit eines Erfolgsorts in Österreich für den Beklagten ergibt sich aus den Klagsangaben über sein – zumindest – Kennenmüssen der beabsichtigten Verwendung der von ihm ausgestellten Bestätigungen.

Damit ist die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nach den vom EuGH in der Rechtssache C‑314/17, Löber , postulierten Voraussetzungen auch im vorliegenden Fall zu bejahen (vgl schon 5 Ob 240/18g).

7. Richtig ist, wie die Vorinstanz bereits ausgeführt hat, dass der im vorliegenden Fall von der Klägerin herangezogene Zuständigkeitstatbestand des Art 5 Nr 3 LGVÜ 2007 durch den Verweis auf das „Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“, nicht nur die (bloße) internationale Zuständigkeit, sondern auch die örtliche Zuständigkeit regelt (4 Nc 9/18p; Simotta in Fasching/Konecny , Zivilprozessgesetze 2 V Art 5 EuGVVO Rz 258; Schmaranzer in Burgstaller/Neumayr, Internationales Zivilverfahrensrecht [2009] Art 5 EuGVO Rz 3; Leible in Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht4 I [2016] Art 7 Brüssel Ia‑VO Rz 4; Paulus in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen [2018] Vor Art 7 VO (EU) Nr 1215/2012 Rz 7). Dass Art 5 Nr 3 LGVÜ 2007 das örtlich zuständige Gericht bestimmt, ändert aber nichts daran, dass die Bestimmung – zugleich (Kropholler/von Hein , Europäisches Zivilprozessrecht 9 [2011] vor Art 2 EuGVO Rz 3) – die (bloße) internationale Zuständigkeit determiniert. Nur über diese Frage erging der sodann mit Rekurs bekämpfte Spruchpunkt I des erstgerichtlichen Beschlusses; nur diese Frage ist damit hier verfahrensgegenständlich.

Die internationale Zuständigkeit ist eine selbständige Prozessvoraussetzung, die mit der örtlichen Zuständigkeit nahe verwandt, aber doch klar von ihr zu trennen ist. Sie legt lediglich fest, ob inländische Gerichte in ihrer Gesamtheit für die Entscheidung des Rechtsstreits (mit Auslandsbezug) zuständig sind, während sich die örtliche Zuständigkeit stets nur auf das konkrete vom Kläger angerufene Gericht bezieht. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der vom Kläger herangezogene Zuständigkeitstatbestand des LGVÜ sowohl die internationale als auch die örtliche Zuständigkeit regelt. Diese Prozessvoraussetzungen sind getrennt voneinander zu beurteilen (5 Ob 240/18g [in Punkt 3.2.2.] mwH).

Das überweisende Gericht kann die internationale Unzuständigkeit nur dann aussprechen, wenn weder es selbst noch das überwiesene Gericht noch ein anderes Gericht in Österreich international zuständig wäre (vgl 5 Ob 240/18g [in Punkt 3.3.]). Dies gilt selbst dann, wenn nach dem für die Zuständigkeitsprüfung maßgeblichen Klagsvorbringen das zunächst angerufene Gericht zuständig gewesen wäre, zumal dies an der grundsätzlichen internationalen Zuständigkeit österreichischer Gerichte nichts zu ändern vermag (5 Ob 240/18g [Punkt 5.9.2.]). Es war damit – mit der bereits begründeten Einschränkung auf deliktische Ansprüche – die Verwerfung der Einrede der internationalen Unzuständigkeit durch das Erstgericht jedenfalls im Ergebnis richtig, ohne dass es einer Erörterung bedarf, dass als Erfolgsort im Sinne des Art 5 Nr 3 LGVÜ 2007 der Ort des Wohnsitzes der Klägerin (8 Ob 75/18i) anzusehen ist.

8. Zur Frage der internationalen Zuständigkeit liegt ein Zwischenstreit vor (RS0109078 [T15]). Beide Parteien sind jeweils in Ansehung eines der beiden tragenden Rechtsgründe als unterlegen anzusehen, sodass es zur Kostenaufhebung nach § 43 Abs 1 erster Fall ZPO für das erstinstanzliche Verfahren ab Einschränkung auf die Unzuständigkeitsfrage in der Tagsatzung vom 22. 10. 2018 zu kommen hat (vgl 3 Ob 185/18d; 8 Ob 31/19w; 9 Ob 8/19w ua). Als Kosten des Zwischenstreits sind nur die vom allgemeinen Verfahrensaufwand klar abgrenzbaren Kosten anzusehen; Kosten von Prozesshandlungen, die im fortgesetzten Verfahren verwertbar sind, sind im Rahmen der Entscheidung über die Kosten des Zwischenstreits nicht zuzusprechen (Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 1.331 mwN; jüngst 8 Ob 30/19y). Klar abgrenzbar sind hier nur die Kosten des Rechtsmittelverfahrens in zweiter und dritter Instanz.

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