OGH 7Ob50/19g

OGH7Ob50/19g29.5.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. B***** AG, *****, 2. S***** GmbH, *****, und 3. C***** AG, *****, alle vertreten durch Thurnher Wittwer Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Manfred Keller, Rechtsanwalt in Bregenz, und deren Nebenintervenientin S***** GmbH, *****, vertreten durch Sutterlüty Klagian Brändle Gisinger Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen 186.141,26 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 10. Jänner 2019, GZ 1 R 153/18m‑30, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00050.19G.0529.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Alle Parteien haben sich im gesamten Verfahren auf die österreichische Rechtsordnung berufen (RS0040169), für die auch die Lokalisierung maßgeblicher Umstände des zu beurteilenden Schuldverhältnisses spricht (vgl RS0077082 [T1]). Die vom Berufungsgericht aus diesem Verhalten abgeleitete Rechtswahl begegnet keinen Bedenken und wird daher auch in der Revision zutreffend nicht aufgegriffen.

2. Ob den Klägerinnen bewusst war, dass die vom Rechtsberater vorgeschlagene Vertragskonstruktion gegebenenfalls durch die Beschränkungen des Ausländergrundverkehrs motiviert war, ist nicht entscheidend. Wesentlich ist vielmehr die Beurteilung, welches Rechtsgeschäft von den Vertragsparteien tatsächlich gewollt war. Maßgebliche Auslegungskriterien des § 914 ABGB sind dabei der Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung und die Absicht der Parteien. Die Auslegung darf sich aber nicht – wie bereits vom Berufungsgericht zutreffend erkannt – auf eine isolierte Betrachtung einzelner Formulierungen beschränken, sondern es ist die Erfassung des gesamten Sinngehalts der Vertragsurkunde maßgeblich (vgl 2 Ob 84/13m; 2 Ob 36/14d) und der Zweck der Regelung (RS0017915 [T23]). Ob im Lichte dieser Kriterien ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936). Dies ist hier nicht der Fall:

3. Der Erwerb des Superädifikats (Gasthaus) sollte der erste Schritt eines Engagements der Klägerinnen in das dortige Schigebiet sein. Die Klägerinnen finanzierten nicht nur den Ankauf des Objekts, sondern auch laufende Aufwendungen sowie einen über das Objekt geführten Rechtsstreit und konnten von der Beklagten als formeller Käuferin die Übertragung des Objekts an einen bekanntzugebenden Dritten verlangen. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage im Ergebnis eine fremdnützige Erwerbstreuhand angenommen hat, bei der die Treuhänderin (Beklagte) verpflichtet war, für den Treugeber (Klägerinnen) auf dessen Rechnung und nach seinen Weisungen zu handeln, dann hält sich diese Beurteilung im Rahmen der dazu entwickelten Judikaturgrundsätze (vgl RS0010444 [insb T16]).

4. Die „Feststellung“ des Erstgerichts, wonach die Streitteile „zu keiner Zeit eine Treuhandvereinbarung dahingehend, dass die Beklagte das Gasthaus (...) lediglich als Treuhänderin für die Klägerinnen hält, abgeschlossen (haben)“, steht dem vom Berufungsgericht gewonnenen Ergebnis nicht entgegen. Diese „Feststellung“ ist nämlich qualitativ nicht eine solche eines bestimmten Parteiwillens, sondern der (nicht zu teilenden) rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts zuzuordnen (RS0017911 [insb T5]).

5. Da das Berufungsgericht im Rahmen der maßgeblichen Auslegungsgrundsätze nicht vom Vorliegen eines Darlehens, sondern von einer fremdnützigen Erwerbstreuhand ausgehen durfte und sich die Beklagte auftragsgemäß verhalten hat, scheidet eine Rückforderung der von den Klägerinnen geleisteten Zahlungen aus.

6. Die Klägerinnen können insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher nicht zulässig und zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte