European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E125617
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittelschriftsatzes selbst zu tragen.
Begründung:
Im Verlassenschaftsverfahren nach der am * 2016 verstorbenen E* E* meldete der Neffe der Verstorbenen von ihm bezahlte Todesfall- und Bestattungskosten von (zuletzt) insgesamt 4.698,27 EUR an und stellte einen Antrag auf Überlassung des Nachlassvermögens an Zahlungs statt sowie einen Antrag, das Verlassenschaftsvermögen nach § 153 Abs 2 AußStrG zu übernehmen. Das Land Kärnten meldete eine Pflegeregressforderung gemäß § 47 Abs 2 Kärntner Mindestsicherungsgesetz (K‑MSG) in Höhe von zuletzt 87.155,16 EUR an und brachte dazu vor, es habe Kosten für die stationäre Pflege sowie Betreuung der Erblasserin in dieser Höhe vorschussweise übernommen. Es beantragte ebenfalls die Überlassung an Zahlungs statt.
Das Erstgericht sprach zunächst nach § 153 AußStrG aus, dass die Abhandlung unterbleibe und ermächtigte den Neffen, das Verlassenschaftsvermögen von 537,47 EUR zur Gänze zu übernehmen.
Am 3. 1. 2018 gab der Neffe dem Erstgericht bekannt, dass weiteres Vermögen, nämlich ein Einkommensteuerguthaben betreffend die Jahre 2012 bis 2016 in Höhe von 13.885,27 EUR hervorgekommen sei und beantragte die Durchführung einer Nachtragsabhandlung.
Das Erstgericht überließ daraufhin das Steuerguthaben dem Amt der Kärntner Landesregierung gegen Bezahlung der Gerichtskommissionsgebühren sowie gegen Rückerstattung der vom Neffen bezahlten Todesfall- und Bestattungskosten an Zahlungs statt.
Das Rekursgericht gab dem dagegen gerichteten Rekurs des Neffen nicht Folge und führte aus, dass § 330a ASVG zwar den Zugriff auf das Vermögen pflegebedürftiger Personen verbiete, nicht aber auf deren laufendes Einkommen. Gutschriften aus einer Arbeitnehmerveranlagung seien als Einkommen für die betreffenden Jahre anzusehen.
Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es mangels Rechtsprechung zur Frage zu, ob § 330a ASVG auch „zeitraumbezogene Einkommensnachzahlungen“ erfasse.
Der Neffe begehrt in seinem Revisionsrekurs die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, dass die Verlassenschaftsabhandlung durchgeführt werden möge; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Er bringt zusammengefasst vor, das Steuerguthaben sei nicht auf die von der Arbeitnehmerveranlagung betroffenen Jahre zurück zu beziehen und überdies nicht als Einkommen, sondern als Vermögen anzusehen. Es sei daher dem Pflegeregress entzogen.
Das Land Kärnten hat keine Revisionsrekursbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht einerseits die Legalzessionsnorm des § 324 Abs 3 ASVG nicht beachtete und andererseits Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Abgrenzung von Vermögen und Einkommen im Zusammenhang mit Pflegeregressforderungen nach Inkrafttreten des Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetzes fehlt; er ist im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantragsberechtigt.
1. Vorbemerkungen:
1.1 Dem Neffen kommt als präsumtivem Erben im Streit über die Frage, ob die Verlassenschaftsabhandlung einzuleiten ist, auch vor Abgabe einer Erbantrittserklärung Parteistellung und daher Rechtsmittellegitimation zu (RS0006267; RS0006389).
1.2 Die in Rede stehende Forderung wurde namens des Landes Kärnten angemeldet. Dieses ist nach § 61 Abs 1 iVm § 11 K‑MSG Träger der Mindestsicherung, wenn sie durch Unterbringung, Verpflegung sowie Betreuung und Hilfe in bestimmten stationären oder teilstationären Einrichtungen gewährt wird. Daher ist – wovon bereits das Rekursgericht zutreffend ausgegangen ist – das Land Kärnten und nicht das Amt der Landesregierung zur Geltendmachung des Pflegeregresses aktiv legitimiert (vgl 10 ObS 317/98k).
1.3 Aufgrund des Todeszeitpunkts der Erblasserin sind die Bestimmungen über das Unterbleiben der Abhandlung und die Überlassung an Zahlungs statt in der durch das ErbRÄG 2015 (BGBl I 2015/87) geänderten Fassung anzuwenden (§ 207k Abs 3 AußStrG).
1.4 Das Land Kärnten strebt die teilweise Befriedigung ihrer angemeldeten Forderung im Rang des § 154 Abs 2 Z 3 AußStrG an. Dies setzt voraus, dass die Forderung entweder unbestritten oder durch unbedenkliche Urkunden bescheinigt ist (zur Bescheinigungspflicht vgl 2 Ob 75/17v; 2 Ob 75/18w). Jedenfalls die erste Voraussetzung liegt nicht vor. Der Neffe, der sich in erster Instanz zu der Forderungsanmeldung mangels Zustellung an ihn nicht äußern konnte, hat die Forderung des Landes Kärnten in seinem Rekurs – insoweit als zulässige Neuerung (§ 49 Abs 1 AußStrG) – mit Hinweis auf § 330a iVm § 707a Abs 2 ASVG bestritten.
2. Nachtragsabhandlung:
Wird dem Verlassenschaftsgericht bescheinigt, dass ein bisher nicht berücksichtigter Anspruch der Verlassenschaft wahrscheinlich besteht, hat es, wenn bisher die Abhandlung unterblieben ist, nach § 183 Abs 3 AußStrG zu prüfen, ob (weiterhin) die Voraussetzungen für ein Unterbleiben der Abhandlung oder eine Überlassung an Zahlungs statt vorliegen oder ob eine Verlassenschaftsabhandlung durchzuführen ist (2 Ob 12/17d mwN; RS0115929; RS0008416). Ein derartiges Vermögen kann auch in einem Anspruch der Verlassenschaft gegen einen Dritten bestehen, den eine nach dem Gesetz zum Erben berufene Person behauptet (2 Ob 12/17d mwN).
Im vorliegenden Fall hat der Neffe der Erblasserin ein Einkommensteuerguthaben bescheinigt, das allerdings geringer ist, als die angemeldete Pflegekostenforderung des Landes Kärnten. Die Überschuldung des Nachlasses wird daher nur aufgehoben, wenn 1. das Steuerguthaben in den Nachlass fällt und 2. die Pflegekostenforderung des Landes Kärnten nicht zum Zuge kommt. Nur dann wäre das Abhandlungsverfahren einzuleiten.
3. Zur Qualifikation des Steuerguthabens als Einkommen oder Vermögen:
3.1 Dazu ist vorweg festzuhalten, dass diese Unterscheidung, wie sogleich zu zeigen ist, nur für die Beurteilung der angemeldeten Pflegekostenforderung des Landes Kärnten von Bedeutung ist.
3.2 Gemäß § 47 Abs 1 K‑MSG idF kLGBl 97/2010 sind ehemalige Empfänger von Dauerleistungen „zum Ersatz der für sie aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn und insoweit
a) verwertbares Vermögen vor oder während der Inanspruchnahme der Leistung sichergestellt wurde oder
b) sie ein solches innerhalb von drei Jahren nach Ende der Leistung erworben haben und dieses nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt oder
c) nachträglich bekannt wird, dass sie zur Zeit der Leistung hinreichendes Einkommen oder verwertbares Vermögen hatten oder nach wie vor haben.“
Nach § 47 Abs 2 K‑MSG geht die Pflicht zum Kostenersatz für Dauerleistungen gleich einer anderen Schuld auf den Nachlass des Empfängers sozialer Mindestsicherung unter anderem dann über, wenn ein Vermögenswert nicht sichergestellt oder vom Empfänger der Leistung innerhalb der Frist nach Abs 1 lit b erworben wurde oder Einkommen oder verwertbares Vermögen erst im Nachhinein bekannt wurde (Abs 1 lit c).
Der Ersatzzeitraum wird überdies durch § 49 Abs 1 K-MSG begrenzt, wonach Ersatzansprüche (ua) gemäß § 47 Abs 1 lit b und c sowie Abs 2 K‑MSG nicht mehr gestellt werden können, wenn mehr als drei Jahre seit Ablauf des Jahres verstrichen sind, in dem soziale Mindestsicherung gewährt wurde.
3.3 Der Vermögenszugriff im Rahmen des Pflegeregresses wurde durch die Verfassungsbestimmung des § 330a ASVG (idF des Sozialversicherungs-Zuordnungs-Gesetzes [SV-ZG], BGBl I 2017/125) dahin eingeschränkt, dass der „Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen […] im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten“ unzulässig ist. Dies gilt auch für den Zugriff auf den Nachlass dieser Personen (2 Ob 94/18i). § 330a ASVG trat nach § 707a Abs 2 ASVG mit 1. 1. 2018 in Kraft; entgegenstehende Landesgesetze wurden nach Satz 3 leg cit mit demselben Zeitpunkt außer Kraft gesetzt (zur Zulässigkeit dieses Vorgangs vgl Pfeil, Umsetzungsfragen für das „Verbot des Pflegeregresses“, ÖZPR 2017/109 mit Verweis auf Hiesel, ÖZPR 2017/89). Davon sind auch die einschlägigen Bestimmungen des K-MSG betroffen (2 Ob 94/18i). In dieser Entscheidung wurde in Anlehnung an 1 Ob 62/18a auch klargestellt, dass der Ausschluss des Zugriffs auf das Vermögen auch die in den Perioden vor dem Jahr 2018 angefallenen Pflegekosten erfasst (vgl auch 2 Ob 194/18w).
3.4 Die Zulässigkeit der Geltendmachung des angemeldeten Anspruchs nach § 47 Abs 2 K-MSG hängt daher zunächst davon ab, ob das Steuerguthaben ein Verlassenschaftsvermögen bildet oder ob es (rückwirkend) dem Einkommen der Erblasserin zuzuordnen ist:
(a) Im Zusammenhang mit dem Subsidiäritätsprinzip, dem der Anspruch auf Gewährung von Mindestsicherung gegenüber dem Einsatz eigener Mittel unterliegt (vgl Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 324 ASVG Rz 12), definiert § 6 Abs 2 K‑MSG „Einkommen“ – mit hier nicht einschlägigen Ausnahmen in Abs 2a leg cit – als alle Einkünfte, die der Hilfe suchenden Person zufließen. Der Vermögensbegriff ist nicht näher definiert. Vielmehr werden in § 6 Abs 7 K‑MSG mehrere Ausschlusstatbestände angeführt. Auf Basis dieser Normen ist die Zuordnung eines Einkommensteuerguthabens nicht zweifelsfrei möglich.
(b) In der sozialhilferechtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs wird als Einkommen bezeichnet, was dem Bezieher tatsächlich zufließt und ihm zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht (VwGH Ro 2018/12/0014; Ro 2014/10/0027). Ersparnisse sind dagegen als Vermögen zu behandeln. Dabei ist es nicht maßgeblich, aus welchen Quellen Ersparnisse gebildet wurden. Auch Ersparnisse, die aus Einkommensteilen gebildet wurden, die „bei der Gewährung von Sozialhilfe außer Ansatz zu bleiben haben“, sind daher als Vermögen im Sinne der Regelungen über die Heranziehung des Vermögens bei der Leistung von Kostenersatz anzusehen. Ein durch die Nachzahlung von Familienbeihilfe entstandenes Vermögen kann daher die Grundlage für einen Ersatzanspruch bilden oder den Anspruch auf Gewährung von Sozialhilfe vereiteln (VwGH 2011/10/0123 mwN; vgl auch Ra 2015/10/0134).
Ein und derselbe Zufluss an Werten kann also zunächst Einkommen sein und später zu Vermögen werden. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Erscheinungsformen besteht demnach darin, dass es sich beim Einkommen um laufende, aber nicht unbedingt regelmäßige Einnahmen in Geld handelt, beim Vermögen hingegen um (im jeweiligen Zeitraum) bereits vorhandene Werte, mögen sie auch aus dem Überschuss nicht verbrauchten Einkommens entstanden sein (VwGH Ra 2016/10/0055; 93/08/0001).
(c) Das Landesverwaltungsgericht Salzburg sah eine Steuergutschrift aus der Arbeitnehmerveranlagung als vom weiten Einkommensbegriff des Sozialhilferechts umfasst an (LVwG Salzburg 405-9/604/1/13-2018). Einen Erwerb durch Erbschaft qualifizierte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich dagegen „im Regelfall“ als Vermögenszufluss und nicht als Einkommen (LvwG‑AV‑614/001-2018).
(d) In der sozialhilferechtlichen Literatur hat sich zur Abgrenzung von Vermögen und Einkommen im Anwendungsbereich des neuen § 330a ASVG bisher keine einheitliche Ansicht herausgebildet:
Wall (Sozialhilferecht der Bundesländer, in Loderbauer, Recht für Sozialberufe5 [2018] 376) vertritt die Meinung, dass bei der Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen der Gedanke des beweglichen Systems eine Hilfestellung leisten könne, wobei beim Einkommen der Versorgungsaspekt und der eher regelmäßige Zufluss, beim Vermögen dagegen der Vorsorgeaspekt und der eher unregelmäßige Zufluss im Vordergrund stünden.
Wetsch (Zivilrechtliches zur Abschaffung des Pflegeregresses, Zak 2017, 364 [366]) führt aus, dass zeitraumbezogene Einkommensnachzahlungen wohl auch über den Zuflusszeitraum hinaus im Rahmen des Pflegeregresses rückwirkend eingefordert werden könnten, so als wäre dieses Einkommen bereits im betreffenden Monat zur Verfügung gestanden.
Müllner (Von der Abschaffung des Pflegeregresses und was daraus folgt, JRP 2017, 182 [185]) verweist schließlich darauf, dass für den nachträglichen Zugriff auf das Einkommen zeitliche Kongruenz zwischen dem Einkommen und der Leistung bestehen müsse.
(e) Allgemein wird im Schrifttum betont, dass Vermögen und Einkommen gemeinsam die eigenen Mittel des Hilfeempfängers bilden: Das Vermögen als Bestandsgröße umfasst die Summe der Güter, Forderungen und Rechte, über die eine Person verfügen kann. Als Einkommen wird vom sogenannten Zuflussprinzip ausgehend alles angesehen, was einer Person in einem bestimmten Zeitraum zufließt, egal in welcher Form, weshalb auch die Vermögensvermehrung in einem bestimmten Zeitraum Einkommen ist (Müllner, JRP 2017, 182 [183 ff]; vgl auch Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht [1989], 403; ders, Umsetzungsfragen für das Verbot des Pflegeregresses, ÖZPR 2017, 184).
3.5 Auf dieser Grundlage gelangt der Senat zu dem Zwischenergebnis, dass als Einkommen alles anzusehen ist, was dem Bezieher tatsächlich zufließt. Das nachträglich hervorgekommene Einkommensteuerguthaben ist daher grundsätzlich nicht als Vermögen im Sinne des § 330a ASVG, sondern als Teil des Einkommens iSd § 6 Abs 2 K-MSG zu qualifizieren.
Ob aber der als Einkommen zu qualifizierende Zufluss zu einer auf § 47 Abs 2 K-MSG gegründeten Ersatzpflicht gegenüber dem Sozialhilfeträger führen kann, hängt von weiteren Voraussetzungen, wie der zeitlichen Kongruenz, der mangelnden Verjährung oder der Qualifikation als „hinreichendes Einkommen“ iSd § 47 Abs 1 lit c K-MSG ab. Von besonderer Bedeutung ist dabei jedoch die Frage, inwieweit der Anspruch auf Auszahlung des Steuerguthabens überhaupt in die Verlassenschaft fällt.
4. Zur Nachlasszugehörigkeit des Steuerguthabens:
4.1 Gemäß § 324 Abs 3 ASVG geht dann, wenn ein Renten- bzw Pensionsberechtigter (ua) auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in einer der dort näher bezeichneten Einrichtungen verpflegt wird, für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Rente bzw Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegungskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH dieses Anspruchs auf den Träger der Sozialhilfe über.
4.2 Die in der Bestimmung genannten Geldleistungsansprüche gehen somit im Rahmen einer Legalzession teilweise auf jenen Träger über, auf dessen Kosten der betreffende Pensions- oder Rentenberechtigte in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung „verpflegt“ wird (3 Ob 45/11f SZ 2011/123; RS0066396; Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 324 ASVG Rz 2; Pöltner/Pacic, ASVG § 324 Anm 9a). Der Bundesgesetzgeber wollte damit den Trägern der Sozialhilfe auf Landesebene einen unmittelbaren Zugriff auf bestimmte Geldleistungen eröffnen, die der Deckung eines Bedarfs des Leistungsempfängers dienen, der ohnedies in natura in einer stationären Einrichtung gedeckt wird (vgl den AB zur Stammfassung des ASVG, 613 BlgNR 7. GP 29; Pfeil in FS Tomandl [1998], Rechtsprobleme bei der Tragung der Kosten für stationäre Unterbringung und Pflege, 575 [581]).
Die Bestimmung stellt auf die Kostentragung ab. Zu einem Anspruchsübergang kommt es daher auch, wenn die Unterbringung nur unter Kostenbeteiligung des jeweiligen öffentlichen Trägers erfolgt, nicht aber bei reinen Selbstzahlern (Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 324 ASVG Rz 18 f). Der monatliche Anspruch auf Rente oder Pension (vgl § 105 ASVG) geht aber höchstens zu 80 % auf den betreffenden Träger über. Nach dieser „Pensionsteilung“ müssen somit 20 % der den Anspruch innehabenden Person – ohne Zweckbindung und damit als eine Art „Taschengeld“ – verbleiben (Pfeil in FS Tomandl, 575 [581]).
4.3 Der Anspruchsübergang nach § 324 Abs 3 ASVG erfolgt unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. Es ist keine Anzeige oder eine sonstige Erklärung eines der beteiligten Träger erforderlich (3 Ob 45/11f; Pöltner/Pacic, ASVG § 324 Anm 9a; Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 324 ASVG Rz 27).
Der Übergang findet grundsätzlich, weil die Leistung pro Kalendermonat gebührt, für jeden Monat statt, in dem die Unterbringung bzw Pflege erfolgt (Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 324 ASVG Rz 19) und nur für zeitlich kongruente Leistungen, also solche, die von einem Träger für einen Zeitraum erbracht wurden, für den der Leistungsbezieher einen Anspruch auf Renten‑ oder Pensionsleistungen hatte (Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 324 ASVG Rz 6). Für diese Zeit steht dagegen dem Pensionsberechtigten als Einkommen nur mehr der nicht vom Forderungsübergang erfasste Teil seines Anspruchs zu (3 Ob 45/11f; RS0066396).
Soweit die Erblasserin daher in einer der in § 324 Abs 3 ASVG genannten Einrichtungen untergebracht war und die Kosten dafür nicht selbst getragen hat, ist ein ihr zustehender Anspruch auf monatliche Geldleistungen des Sozialversicherungsträgers bei zeitlicher Kongruenz im Ausmaß von 80 % auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen und insoweit kein in den Nachlass fallender Anspruch mehr vorhanden.
4.4 Im vorliegenden Fall hat sich nachträglich ein Hinweis auf ein Steuerguthaben ergeben, das sich nach dem im Akt erliegenden Ausdruck des Finanzamts auf den Zeitraum 2012 bis 2016 und auf die Abgabenart Einkommensteuer bezieht. Das Guthaben könnte aus der Berichtigung der für den angeführten Zeitraum ursprünglich errechneten Steuerbelastung der Pensionseinkünfte der Erblasserin resultieren. Sollte dies zutreffen, würde das Guthaben auch jenen Anteil umfassen, der auf die im Wege der Legalzession auf den Sozialhilfeträger übergegangenen Ansprüche entfällt. Die Konsequenz davon wäre, dass der Anspruch auf diesen Anteil des Guthabens (80 %) nicht in den Nachlass fiele.
5. Ergebnis und Kosten:
5.1 Aufgrund der obigen Erwägungen kann derzeit noch nicht beurteilt werden, ob die vom Neffen der Erblasserin beantragte Nachtragsabhandlung durchzuführen sein wird oder ob der angefochtene Beschluss (ganz oder teilweise) Bestand haben kann. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher aufzuheben. Im Hinblick auf die eingangs dargestellten Bescheinigungslasten einerseits des Landes Kärnten (Punkt 1.4), andererseits des Neffen der Erblasserin (Punkt 2.) wird das Erstgericht den Beteiligten mit Hinweis auf die erörterte Rechtslage Gelegenheit zur Bescheinigung a) der angemeldeten Forderung und b) des wahrscheinlichen Bestehens von in die Verlassenschaft fallendem Vermögen zu geben haben.
5.2 Dazu bedarf es der Klärung, welchem Einkommen der Erblasserin das Steuerguthaben zuzuordnen ist, insbesondere ob dazu gemäß § 324 Abs 3 ASVG übergegangene Ansprüche gehören, und wenn ja, in welcher Höhe der Anspruch auf das Guthaben daher überhaupt in den Nachlass fällt.
Sollte sich aufgrund dessen ergeben, dass nur der auf das 20%ige „Taschengeld“ entfallende Anteil am Steuerguthaben in den Nachlass fiele, kann schon jetzt gesagt werden, dass dieser Anteil nach der aus § 324 Abs 3 ASVG hervorgehenden Wertung des Gesetzgebers nicht als zur Deckung der Pflegekostenansprüche vorgesehenes „hinreichendes Einkommen“ iSd § 47 Abs 1 lit c K-MSG angesehen werden kann.
5.3 Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf § 185 AußStrG, wonach im Verlassenschaftsverfahren – außer im Verfahren über das Erbrecht – kein Ersatz von Vertretungskosten stattfindet.
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