OGH 10ObS121/18v

OGH10ObS121/18v26.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin Lotz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Josef Putz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ing. A*****, vertreten durch Dr. Sebastian Mairhofer, Mag. Martha Gradl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4021 Linz, Gruberstraße 77, vertreten durch Mag. Andreas Nösterer, Rechtsanwalt in Pregarten, wegen Familienzeitbonus, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 27. August 2018, GZ 11 Rs 62/18v‑10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 1. Februar 2018, GZ 36 Cgs 150/17y‑6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:010OBS00121.18V.0326.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der Kläger und seine Lebensgefährtin sind seit 1. 6. 2015 an der gemeinsamen Wohnadresse gemeldet. Am 24. 6. 2017 wurde ihre Tochter in einem Krankenhaus geboren.

Der Kläger befolgte die in einem „Wegweiser für frisch gebackene Eltern“ vorgegebenen Schritte zur Abholung der Geburtsurkunde am Standesamt und Anmeldung der Tochter genau und ohne jegliche Verzögerung. Er vereinbarte zum frühestmöglichen Termin (28. 6. 2017) den ersten freien Termin am Standesamt (11. 7. 2017), den er auch wahrnahm. Die hauptwohnsitzliche Meldung (auch) der Tochter an der gemeinsamen Wohnadresse erfolgte am 11. 7. 2017.

Am 19. 9. 2017 beantragte der Kläger bei der beklagten Gebietskrankenkasse die Zuerkennung des Familienzeitbonus für seine Tochter rückwirkend ab 3. 7. 2017 in der Dauer von 28 Tagen bis 30. 7. 2017. Als Hauptwohnsitz gab er die gemeinsame Wohnadresse an.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17. 11. 2017 wies die beklagte Gebietskrankenkasse diesen Antrag ab, weil ein gemeinsamer Hauptwohnsitz des Klägers und dieser Tochter erst ab 11. 7. 2017 (mit der erstmaligen Anmeldung der Tochter) vorgelegen sei, weshalb die Voraussetzung des gemeinsamen Haushalts gemäß § 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG nicht erfüllt sei.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehrt der Kläger die Zuerkennung eines Familienzeitbonus in der Höhe von 22,60 EUR täglich für den Zeitraum vom 3. 7. 2017 bis zum 30. 7. 2017 für seine Tochter. Der Kläger habe den frühestmöglichen Termin für die Anmeldung der Tochter wahrgenommen. Die zehntägige Frist für eine nachträgliche Anmeldung sei nicht ab Geburt, sondern ab Beginn der Familienzeit zu berechnen.

Die Beklagte wandte dagegen ein, dass sich aus der von § 3 Abs 1 MeldeG geregelten dreitägigen Frist zuzüglich der von § 2 Abs 6 KBGG vorgesehenen zehntägigen Frist eine dreizehntägige Toleranzfrist für die Anmeldung des Kindes ergebe, die aber im konkreten Fall am 7. 7. 2017 bereits abgelaufen gewesen sei. Auf ein Verschulden des Klägers komme es nicht an.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Eine bis zu zehn Tagen verspätete Meldung schade nicht. Die Frist beginne in Fällen, in denen der Familienzeitbonus nicht vor Entlassung aus dem Krankenhaus beantragt werde, nicht schon mit der Geburt des Kindes, sondern sei vom beantragten Bezugsbeginn – hier der 3. 7. 2017 – zu rechnen. Ausgehend davon sei die Meldung der Tochter rechtzeitig erfolgt.

Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge. Die Meldepflicht gemäß § 3 Abs 1 MeldeG knüpfe an die Unterkunftnahme in einer Wohnung an, sie entstehe daher nur bei Hausgeburten mit dem Tag der Geburt. Bei einer Entbindung im Krankenhaus werde die Meldepflicht erst nach Entlassung aus dem Krankenhaus mit dem erstmaligen Bezug der Wohnung durch das Kind ausgelöst. Darüber hinaus könne das Kind anlässlich der Eintragung der Geburt gemäß § 10 PStG im Weg der Personenstandsbehörde bereits vor Unterkunftnahme angemeldet werden, diesfalls sei keine Frist einzuhalten. Um die vom Gesetzgeber angestrebte Verwaltungsvereinfachung zu erreichen, sei es geboten, den Zehntagezeitraum des § 2 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG zumindest in Fällen, in denen – wie hier – nach der Geburt des Kindes zu Beginn des geltend gemachten Bezugszeitraums überhaupt noch keine hauptwohnsitzliche Meldung erfolgt sei, dahin zu verstehen, dass der Anspruch auf Familienzeitbonus auch dann zustehe, wenn die unterbliebene hauptwohnsitzliche Meldung des Kindes innerhalb von zehn Tagen ab Beginn des Bezugszeitraums nachgeholt werde. Die Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Toleranzfrist des § 2 Abs 3 FamZeitbG noch nicht Stellung genommen habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Kläger beantwortete Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung des Klagebegehrens anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Die Beklagte macht auch in der Revision geltend, dass der Gesetzgeber in § 2 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG an die Meldefrist des Meldegesetzes anknüpfe und die dort vorgesehene Frist von drei Tagen um zehn Tage verlängere. Die gesamte Frist sei ab Beginn der Meldepflicht nach dem Meldegesetz, im konkreten Fall daher ab dem Tag der Geburt des Kindes zu berechnen. Die im konkreten Fall verspätete hauptwohnsitzliche Meldung der Tochter sei auch deshalb für den Anspruch des Klägers schädlich, weil zwischen dem 3. 7. 2017 – dem Beginn des Bezugszeitraums – und dem 10. 7. 2017 kein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG vorgelegen sei.

Dazu ist auszuführen:

1.1 Anspruch auf Familienzeitbonus hat ein Vater für sein Kind, sofern (ua) gemäß § 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG er, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben. Ein gemeinsamer Haushalt liegt gemäß § 2 Abs 3 FamZeitbG nur dann vor, wenn der Vater, das Kind und der andere Elternteil in einer dauerhaften Wohn‑ und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben und alle drei an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind.

1.2  Im konkreten Fall liegt ein gemeinsamer Hauptwohnsitz in diesem Sinn jedenfalls ab dem 11. 7. 2017 vor, weil zu diesem Zeitpunkt auch das Kind – neben den bereits bisher am gemeinsamen Wohnsitz gemeldeten Eltern – hauptwohnsitzlich an dieser Wohnadresse angemeldet wurde. Der Familienzeitbonus ist jedoch auch an die Voraussetzung geknüpft, dass sich der Vater im gesamten von ihm gewählten Anspruchszeitraum in Familienzeit befindet. Ein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen (§ 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG, 10 ObS 109/18d).

1.3  Die Revisionswerberin weist darauf hin, dass dem Kläger der Anspruch auf Familienzeitbonus gebührt hätte, wenn er den Beginn des Bezugszeitraums mit 11. 7. 2017 festgesetzt hätte. Darauf kann jedoch nicht weiter eingegangen werden, weil die bei Antragstellung gewählte Anspruchsdauer später nicht verschoben werden kann (§ 3 Abs 3 FamZeitbG) und eine allenfalls anteilige Auszahlung des Familienzeitbonus vom Gesetzgeber ausgeschlossen wurde (10 ObS 109/18d).

2.1  Der Anspruch des Klägers kann im vorliegenden Fall nur dann zu Recht bestehen, wenn die am 11. 7. 2017 erfolgte Anmeldung der Tochter nicht „verspätet“ im Sinn des § 2 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG erfolgte. Um dies beurteilen zu können, bedarf es zunächst der Klärung der Frage, wann die Anmeldung des Kindes zu erfolgen hat. Denn erst ausgehend von diesem Zeitpunkt kann in weiterer Folge beurteilt werden (arg „verspätet“), ob die Frist des § 2 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG eingehalten wurde.

2.2  Das mit BGBl I 2016/53 geschaffene Familienzeitbonusgesetz enthält keine Regelung, aus der hervorginge, zu welchem Zeitpunkt ein Kind an der gemeinsamen Wohnadresse „hauptwohnsitzlich“ zu melden ist (§ 2 Abs 3 Satz 1 FamZeitbG). § 2 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG regelt lediglich, dass eine höchstens bis zu 10 Tagen verspätet erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an der Wohnadresse des gemeinsamen Wohnsitzes nicht schadet.

2.3  In den Gesetzesmaterialien zum Familienzeitbonusgesetz findet sich in diesem Zusammenhang lediglich der Hinweis (ErläutRV 1110 BlgNR 25. GP  2): „Anspruchsberechtigt sind nur Väter, die sich in Familienzeit befinden und die alle anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, dazu gehören … auch der Lebensmittelpunkt der Familie in Österreich, der gemeinsame Haushalt der Familie an einer Wohnadresse (auf Dauer angelegtes Zusammenleben in einer Wirtschafts‑ und Wohngemeinschaft samt identer Hauptwohnsitzmeldungen aller Familienmitglieder an dieser Wohnadresse), ….“

2.4  Bereits die Vorinstanzen haben zutreffend darauf hingewiesen, dass mit dem BGBl I 2016/53 eine wortidente Bestimmung zu § 2 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG auch in § 2 Abs 6 Satz 2 KBGG geschaffen worden ist. Die Gesetzesmaterialien führen zu dieser Bestimmung aus (ErläutRV 1110 BlgNR 25. GP  4): „Es wird eine großzügige Nachsichtfrist bei der verspäteten Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an der Wohnadresse geschaffen.“

2.5  Es entspricht Rechtsprechung und Schrifttum, dass das Kinderbetreuungsgeldgesetz auf den melderechtlichen Hauptwohnsitzbegriff abgestellt und nicht auf jenen des Art 6 Abs 3 B‑VG (10 ObS 69/14s, SSV‑NF 28/46; 10 ObS 144/15x; vgl auch VfGH G 121/2016; Sonntag in Sonntag , KBGG² § 2 KBGG Rz 30; Weißenböck in Holzmann‑Windhofer/Weißenböck , KBGG, § 2 KBGG, 40 f; Burger‑Ehrnhofer , KBGG § 2 KBGG Rz 34).

2.6  Unter Berücksichtigung des vergleichbaren Regelungszwecks von § 2 Abs 6 KBGG und § 2 Abs 3 FamZeitbG ist auch im Anwendungsbereich des § 2 Abs 3 FamZeitbG davon auszugehen, dass diese Bestimmung auf den Hauptwohnsitzbegriff des § 1 Abs 7 MeldeG 1991, BGBl 1992/9 (in der Folge: MeldeG), abstellt.

3.1  Das Meldegesetz verknüpft das Entstehen der Meldepflicht mit der Tatsache der Aufnahme oder Aufgabe einer Unterkunft (§ 2 Abs 1 MeldeG, Grosinger/Szirba , Melderecht 6 79). § 2 Abs 1 MeldeG begründet die Meldepflicht für vier Fälle, nämlich die Aufnahme der Unterkunft in einer Wohnung (§ 3 MeldeG) oder in einem Beherbergungsbetrieb (§ 5 MeldeG), sowie für die Aufgabe der Unterkunft in einer Wohnung (§ 4 MeldeG) oder in einem Beherbergungsbetrieb (§ 5 MeldeG). Die Unterkunftnahme beginnt mit dem erstmaligen widmungsmäßigen Gebrauch der Unterkunft und hängt bloß von objektiven, äußeren (faktischen) Umständen ab ( Gartner/Keplinger , MeldeG 1991 7 § 2 Anm 3 und 6 mzwH; VwGH Ro 2016/01/0011 Rz 23 mH auf VwGH 92/01/0557 samt weiteren Hinweisen).

3.2  Wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, ist innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden (§ 3 Abs 1 MeldeG). Die Frist endet mit Ablauf des dritten Tages nach jenem Tag, an dem die Unterkunftnahme erfolgte ( Gartner/Keplinger , MeldeG 7 § 3 Anm 2). Für die Anmeldung sind neben dem ausgefüllten Meldezettel (§ 3 Abs 2 MeldeG) öffentliche Urkunden erforderlich, aus denen die Identitätsdaten des Unterkunftnehmers hervorgehen (§§ 3 Abs 3, 1 Abs 5a MeldeG; etwa – für die Anmeldung eines Kindes – Geburtsurkunde oder Staatsbürgerschaftsnachweis, Grosinger/Szirba , Melderecht 6 § 3, 90).

3.3  Weder das Familienzeitbonusgesetz noch das Meldegesetz bietet daher für die in der Revision vertretene Ansicht, die Geburt eines Kindes löse die Meldepflicht aus, eine Grundlage. Dies gilt allerdings auch für den von den Vorinstanzen eingenommenen Rechtsstandpunkt, die Meldepflicht entstehe mit dem Beginn des Bezugszeitraums des Familienzeitbonus. Vielmehr knüpft auch für das neugeborene Kind die Meldepflicht an die in § 3 Abs 1 MeldeG normierten Tatbestände an, in aller Regel daher an die Unterkunftnahme im Sinn des § 3 Abs 1 MeldeG.

4.1  Gemäß § 12 Personenstandsgesetz 2013, BGBl I 2013/16 (PStG), kann anstelle einer Anmeldung gemäß § 3 Abs 1 MeldeG anlässlich der Eintragung einer Geburt (§ 10 PStG) unter Anschluss eines entsprechend vollständig ausgefüllten Meldezettels das Kind im Weg der Personenstandsbehörde bereits vor Unterkunftnahme angemeldet werden. Die Personenstandsbehörde hat diesfalls für die für den Wohnsitz zuständige Meldebehörde die Meldedaten dem Bundesminister für Inneres im Wege eines Änderungszugriffs auf das Zentrale Melderegister zu übermitteln (§ 12 Satz 2 PStG).

4.2  Dies dient nach den Gesetzesmaterialien der Verwaltungsvereinfachung und stellt für den Bürger eine Verbesserung im Sinn des One‑Stop‑Shop‑Gedankens dar (ErläutRV 1907 BlgNR 24. GP  8). § 12 PStG erleichtert die Anmeldung des Kindes. Sie ist nach dieser Bestimmung schon mit der Anzeige der Geburt bei der Personenstandsbehörde (§ 9 PStG) und im Weg über diese unter Anschluss eines entsprechend vollständig ausgefüllten Meldezettels möglich. Diese erleichterte Anmeldungsmöglichkeit bestand bereits vor dem Inkrafttreten des Personenstandsgesetzes 2013 mit 31. 10. 2016 nach der Vorgängerbestimmung des § 12 PStG, dem § 3 Abs 5 MeldeG 1991, zuletzt idF BGBl I 2006/33 ( Hinghofer‑Szalkay , Personenstandsrecht kompakt 50). Wird die von § 12 PStG verlangte Vorgangsweise eingehalten, so ist die Personenstandsbehörde verpflichtet, das Kind anzumelden, dies allenfalls sogar bereits vor Aufnahme der Unterkunft durch das Kind an der gemeinsamen Wohnadresse des Vaters und des anderen Elternteils.

4.3  § 12 PStG ermöglicht den Eltern somit eine Anmeldung des Kindes über die Personenstandsbehörde, welche die nach dem Meldegesetz bei der Bezirksverwaltungsbehörde vorzunehmende Anmeldung unter bestimmten Voraussetzungen ersetzt. Im Gegensatz zu § 3 Abs 1 MeldeG wird keine Pflicht zur Meldung innerhalb einer bestimmten Frist begründet. Für die hier zu beurteilende Auslegung des Begriffs „verspätet erfolgte Hauptwohnsitzmeldung“ in § 2 Abs 3 FamZeitbG ist somit nur § 3 Abs 1 MeldeG maßgeblich.

5.  Ergebnis:

a) Der Begriff der „Hauptwohnsitzmeldung“ in § 2 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG stellt auf den Hauptwohnsitzbegriff des § 1 Abs 7 MeldeG ab.

b) Die Verpflichtung, ein Kind nach der Geburt anzumelden, richtet sich nach § 3 Abs 1 MeldeG und stellt – bezogen auf den Anwendungsbereich des Familienzeitbonusgesetzes – auf die tatsächliche Unterkunftnahme des Kindes an derselben Wohnadresse ab, an der der Vater und der andere Elternteil mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt leben (§ 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG). Gemäß § 3 Abs 1 MeldeG ist die Anmeldung innerhalb von drei Tagen nach Unterkunftnahme des Kindes in der Wohnung an der gemeinsamen Wohnadresse vorzunehmen. Eine nach Ablauf der Frist des § 3 Abs 1 MeldeG und höchstens bis zu zehn Tagen verspätet erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an der gemeinsamen Wohnadresse schadet gemäß § 2 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG nicht. Den Eltern steht daher ab dem der Unterkunftnahme folgenden Tag insgesamt eine Frist von 13 Tagen für die noch ausständige Anmeldung des Kindes am gemeinsamen Hauptwohnsitz zur Verfügung.

6.1  Damit erweist sich die Sozialrechtssache als noch nicht entscheidungsreif. Denn ausgehend von dem von ihnen eingenommenen Rechtsstandpunkt haben die Vorinstanzen keine Feststellungen darüber getroffen, aus denen sich ergibt, ab wann im konkreten Fall ein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 1 Z 4 iVm § 2 Abs 3 FamZeitbG bestand.

6.2  Dazu wird im fortzusetzenden Verfahren zunächst zu klären sein, ob eine Anmeldung des Kindes im Weg der Personenstandsbehörde gemäß § 12 PStG in der hier anwendbaren Fassung erfolgte. In diesem Fall ist die Anmeldung durch Amtssiegel und Unterschrift des Standesbeamten schriftlich zu bestätigen (§§ 12 PStG iVm 3 Abs 4 MeldeG). Die Anmeldung ist in sinngemäßer Anwendung des § 4a Abs 1 MeldeG (iVm § 12 PStG) in diesem Fall erfolgt, sobald der Personenstandsbehörde der vollständig ausgefüllte Meldezettel vorliegt.

6.3  Für den Fall, dass eine Anmeldung des Kindes nicht gemäß § 12 PStG erfolgte, werden Feststellungen über die tatsächliche Unterkunftnahme des Kindes an der gemeinsamen Wohnadresse mit den Eltern zu treffen sein. Erst danach lässt sich beurteilen, ob die erst am 11. 7. 2017 erfolgte Anmeldung – unter Berücksichtigung der Fristen des § 3 Abs 1 MeldeG und des § 2 Abs 3 Satz 2 FamZeitbG – fristgerecht erfolgte.

6.4  Den Parteien wird Gelegenheit zu geben sein, dazu entsprechendes Vorbringen zu erstatten bzw wird das dazu bereits vom Kläger erstattete Vorbringen mit ihnen zu erörtern sein.

Es war daher der Revision Folge zu geben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf den § 2 ASGG, § 52 ZPO.

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