OGH 1Ob34/19k

OGH1Ob34/19k5.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Mag. Korn und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R* eGen, *, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in Zwettl, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch Dr. Manfred Luger, Rechtsanwalt in Freistadt, und den Nebenintervenienten J*, vertreten durch Dr. Karl Erich Puchmayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen Rechtsgestaltung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionsrekurse der klagenden Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 29. Jänner 2019, GZ 1 R 6/19s‑70 und GZ 1 R 5/19v‑71, mit denen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Zwettl vom 29. November 2018, GZ 1 C 962/16t‑56 und GZ 1 C 962/16t‑57, aufgehoben wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124669

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Fristunterbrechung gemäß § 73 Abs 2 ZPO beziehungsweise § 464 Abs 3 ZPO tritt nur bei einem unzulässigen, nicht jedoch bei einem (bloß) unberechtigten Verfahrenshilfeantrag nicht ein (vgl RIS‑Justiz RS0123515). In seiner jüngeren Judikatur nimmt der Oberste Gerichtshof bei Fehlen eines Vermögensbekenntnisses einen fristunterbrechenden Abweisungsgrund an (RIS‑Justiz RS0120073; vgl auch M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ § 73 ZPO Rz 5). Dies gilt umso mehr, wenn – wie hier – zwar ein Vermögensbekenntnis vorgelegt wurde, dieses aber einer Verbesserung bedarf (RIS‑Justiz RS0120073 [T3] = 9 ObA 133/09p). Mit Rechtskraft des abweisenden Beschlusses beginnt in diesen Fällen die (hier relevante Berufungs‑)Frist neu zu laufen (RIS‑Justiz RS0120073 [T1]; Kodek in Rechberger 4 § 464 ZPO Rz 4 mwN). Wurde ein Verfahrenshilfeantrag irrtümlich zurück- statt abgewiesen, ist die zurückweisende in eine abweisende Entscheidung umzudeuten (RIS‑Justiz RS0120073 [T4]).

Der Beklagten wurde vom Erstgericht aufgetragen, ihren Verfahrenshilfeantrag (ganz offensichtlich gemeint: das Vermögensbekenntnis) datiert und im Original sowie mit „sämtlichen Bezug habenden Urkunden“ vorzulegen. Dem Nebenintervenienten trug das Erstgericht auf, (zusätzlich zu seinem Vermögensbekenntnis) ergänzende Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen. Beiden Verbesserungsaufträgen wurde nicht entsprochen.

Auf Grundlage der dargestellten Rechtsprechung deutete das Rekursgericht die Zurückweisung der Verfahrenshilfeanträge der Beklagten und des Nebenintervenienten durch das Erstgericht nach deren wahrem Gehalt zu Recht in abweisende Entscheidungen um. Begründet nämlich sogar das gänzliche Fehlen des Vermögensbekenntnisses kein – der meritorischen Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag entgegenstehendes – Formgebrechen (vgl 3 Ob 130/05x mit Hinweis auf M. Bydlinski aaO [Vorauflage]), so kann dies umso weniger gelten, wenn bloß ergänzende Angaben zum Einkommen und Vermögen des Antragstellers oder Beilagen zu dessen Angaben fehlen oder wenn das Vermögensbekenntnis anstatt im Original in Kopie vorgelegt wurde. Somit unterbrachen hier beide – letztlich unberechtigten, nichts destotrotz aber zulässigen – Verfahrenshilfeanträge die Berufungsfrist, die mit Rechtskraft der (richtigerweise) abweisenden Beschlüsse neu zu laufen begann.

Dass dieses vom Rekursgericht zutreffend erzielte Ergebnis, das auf Grundlage einer gefestigten (jüngeren) Rechtsprechung erging, korrekturbedürftig sei, vermag die Revisionsrekurswerberin nicht darzulegen. Sie zeigt auch keine uneinheitliche (jüngere) Judikatur auf. Die in den Revisionsrekursen zitierte, jedoch inhaltlich unrichtig wiedergegebene Entscheidung 7 Ob 21/88 (RZ 1988/62 = SZ 61/175), wonach der ergebnislose Ablauf der gemäß § 66 Abs 2 ZPO zur Ergänzung des Vermögensbekenntnisses gesetzten Frist die Unterbrechungswirkung unberührt lässt (vgl auch RIS‑Justiz RS0036100), spricht ebensowenig gegen die dargestellte Lösung, wie die Entscheidung 3 Ob 1101/94 (RZ 1995/85), nach deren Sachverhalt – aufgrund einer Zurückstellung des Verfahrenshilfeantrags gemäß § 85 Abs 1 ZPO – gar kein Antrag zur Entscheidung mehr vorlag (vgl dazu auch Pimmer in Fasching/Konecny² § 464 ZPO Rz 18). Ob ein Verfahrenshilfeantrag, wenn er bloß zu Verzögerungszwecken gestellt wurde und aus diesem Grund (absichtlich) kein oder nur ein unvollständiges Vermögensbekenntnis enthielt, zurückzuweisen wäre, muss mangels Anhaltspunkten dafür, dass dies hier der Fall gewesen wäre, nicht weiter erörtert werden.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO).

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