European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00030.19X.0305.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Unabhängig von der Frage, ob der Unterlassungsanspruch des Klägers überhaupt berechtigt sein könnte, haben die Vorinstanzen in unbedenklicher Weise einen Verstoß des beklagten Rechtsanwalts gegen das Verbot der Doppelvertretung nach § 10 Abs 1 RAO verneint. Nach dieser Bestimmung ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die Vertretung oder auch nur die Erteilung eines Rats abzulehnen, wenn er die Gegenpartei in derselben oder in einer damit zusammenhängenden Sache vertreten hat. Ebenso darf er nicht beiden Teilen in dem nämlichen Rechtsstreit dienen oder Rat erteilen. Unter „vertreten“ im Sinn des § 10 Abs 1 RAO ist nicht allein das Einschreiten aufgrund einer Vollmacht zu verstehen, sondern jede anwaltliche Tätigkeit (2 Ob 164/16f = NZ 2017/115, 313 [Hoyer]; RIS‑Justiz RS0055010 [T1]; RS0055333 [T1]; RS0055492 [T2]). Darunter fällt auch die bloße Beratung; weder Erteilung einer Vollmacht noch Entgeltlichkeit sind erforderlich (RIS‑Justiz RS0055492 [T1]).
2. Das Berufungsgericht führte aus, nicht jedes Gespräch eines Rechtsanwalts über juristische Belange im weiteren Sinn mit jemandem, den er kenne, sei ein anwaltliches Beratungsgespräch. Es müsse ein professioneller Kontakt zwischen dem Rechtsanwalt und dieser Person zumindest potentiell im Raum stehen. Zwischen den Streitteilen sei weder ein anwaltliches Auftragsverhältnis begründet, noch ein Honorar für das Gespräch im Jahr 2007 in Teheran über die Ehe des Klägers vereinbart, verlangt oder bezahlt worden, nicht einmal sei darüber gesprochen worden, dass der Kläger vom Beklagten in einem allenfalls bevorstehenden oder unmittelbar anstehenden Scheidungsverfahren beraten oder vertreten werden wolle. Gesprochen worden sei nur über Eheprobleme des Klägers und seine (nach iranischem Recht errichteten) Ehepakte. Der Beklagte habe dem Kläger bei diesem Gespräch lediglich geraten, „vorsichtig“ zu sein, damit ihm nicht das Gleiche passiere wie seinem Bekannten in einem Scheidungsverfahren. Diese allgemein gehaltene Warnung vor den „Unwägbarkeiten des Rechtslebens“ können nicht als juristischer Rat verstanden werden. Eine anwaltliche Beratung habe weder stattgefunden noch sei sie in Aussicht gestellt gewesen. Das Gespräch habe rein privaten Charakter gehabt. Mangels Beratungs‑ oder Vertretungsverhältnisses in derselben oder einer damit zusammenhängenden Sache (mit den ab Mitte 2016 beginnenden Scheidungsverfahren, Aufteilungsverfahren, Unterhaltsverfahren) zum Kläger habe der beklagte Rechtsanwalt eine Treuepflicht diesem gegenüber durch einen „Frontwechsel“ – sei es zur Ehefrau oder den gemeinsamen Töchtern – gar nicht verletzen können. Diese Beurteilung ist nach den getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden.
Wenn der Kläger damit argumentiert, dass die Begründung eines rechtsanwaltlichen Vertretungsverhältnisses nicht Voraussetzung für die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts (vgl § 9 Abs 2 RAO) sei und derjenige, der sich einem Rechtsanwalt in der Absicht, von diesem vertreten zu werden, anvertraue oder ihm Unterlagen übergebe, einen Anspruch darauf habe, dass seine dem Rechtsanwalt gemachten Mitteilungen und überhaupt alles, was diesem in welcher Weise immer in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt geworden sei, durch das Berufsgeheimnis gedeckt sei (RIS‑Justiz RS0116763) und dies auch bei ihm der Fall sei, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten: Er vertraute dem Beklagten anlässlich eines privaten Gesprächs während einer Auslandsreise wegen einer gemeinsamen Geschäftsidee die Schwierigkeiten in seiner Ehe nicht im Zusammenhang mit der Ausübung dessen Berufs als Rechtsanwalt an, sodass keine im Vertrauen auf dessen Berufsstellung übertragene Angelegenheit vorliegt. Wenn der Revisionswerber einen anderen Hintergrund des Gesprächs unterstellt, geht er nicht von den getroffenen Feststellungen aus. Im Übrigen vermag er auch nicht darzulegen, warum eine Pflicht zur Verschwiegenheit über bestimmte Informationen darüber hinaus ganz weitreichende Unterlassungspflichten begründen sollte.
3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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