European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124521
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die Beklagte ist Mieterin einer im Eigentum des Klägers stehenden Wohnung. Der Kläger kündigte den Mietvertrag wegen dringenden Eigenbedarfs, nämlich zur Deckung des Wohnbedarfs seines studierenden Sohnes. Dieser hatte zuvor in einer anderen Wohnung des Klägers gewohnt, welche der Kläger jedoch verkaufte, um einen bestehenden Kredit abzudecken, den er zur Anschaffung einer Ferienwohnung in Grado aufgenommen hatte.
Das Erstgericht hob die gerichtliche Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Es bejahte zwar das dringende Wohnbedürfnis des Sohnes des Klägers, beurteilte den Verkauf der bislang von ihm bewohnten Wohnung durch den Kläger jedoch als Obliegenheitsverletzung, zumal der Großteil des Veräußerungserlöses dem Ankauf einer Ferienwohnung in Grado gedient habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Der Eigenbedarf hätte durch zumutbare Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten verhindert werden können.
Der Kläger macht in seiner außerordentlichen Revision geltend, auf ein Verschulden des Klägers am Zustandekommen des Eigenbedarfs komme es gar nicht an, weil er ja den Eigenbedarf des Sohnes geltend mache; es komme daher nur darauf an, ob der Sohn den Eigenbedarf selbst verschuldet habe. Im Übrigen habe der Kläger mit dem Erlös des Verkaufs der anderen Wohnung bestehende Schulden getilgt. Die Verkaufsentscheidung habe seine höchstpersönliche Lebensplanung betroffen.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Rechtliche Beurteilung
1. In Lehre und Judikatur ist unbestritten, dass eine Eigenbedarfskündigung dann nicht in Betracht kommt, wenn zwar ein Eigenbedarf des Vermieters objektiv besteht, dieser jedoch durch zumutbare Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten hätte verhindert werden können (vgl nur RIS‑Justiz RS0107875, RS0070602).
2. Die Frage, ob der Eigenbedarf des Vermieters selbst verschuldet war, ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Eine solche Beurteilung wirft– abgesehen von einer krassen Fehlbeurteilung – keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (vgl 2 Ob 90/02b; 4 Ob 54/07f).
3. Aus der vom Kläger zitierten Entscheidung 6 Ob 26/58 (RIS‑Justiz RS0067925) geht lediglich hervor, dass vom Mieter auch das Selbstverschulden des Deszendenten des Vermieters der Kündigung entgegengehalten werden kann, nicht jedoch, dass es auf das Verschulden des Vermieters selbst nicht ankommen soll.
4. Soweit der Kläger darauf verweist, mit dem durch den Verkauf der anderen Wohnung erzielten Kaufpreis bestehende Schulden getilgt zu haben, übergeht er damit die Feststellung, dass er mit dem aufgenommenen Geld eine Ferienwohnung in Grado kaufte. Von einer Schuldtilgung zur Beseitigung einer Notlage des Klägers kann somit keine Rede sein.
Wenn die Vorinstanzen diesen Sachverhalt (Verkauf der vom Sohn benützten Wohnung zwecks Anschaffung einer Ferienwohnung) dahingehend beurteilten, dass der dadurch bewirkte Eigenbedarf durch zumutbare Sorgfalt des Klägers hätte verhindert werden können, der Kläger den Eigenbedarf somit selbst verschuldet hat, liegt darin keine (grobe) Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre.
Die Revision ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
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