OGH 13Os95/18x

OGH13Os95/18x19.12.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Dezember 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sischka als Schriftführer in der Strafsache gegen Alin M***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 9. April 2018, GZ 22 Hv 8/18v‑32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00095.18X.1219.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alin M***** – soweit hier von Bedeutung – mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt.

Danach hat er am 13. November 2017, am 19. November 2017 sowie an diesem Tag oder am 20. November 2017 in W***** und andernorts jeweils Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich fremde Kennzeichentafeln, durch Wegnahme und Übergabe an Markus S***** oder Anbringen an dessen PKW mit Gebrauchsverhinderungsvorsatz unterdrückt (US 6 f).

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Strafausspruch aus Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft geht fehl.

Zugunsten des Angeklagten ausgeführt moniert die Sanktionsrüge unter Hinweis auf den im Urteil in Bezug auf die letzte Tat festgestellten Zeitpunkt der Wegnahme der Kennzeichentafeln die unterbliebene Bedachtnahme (§ 31 Abs 1 StGB) auf das zu AZ 16 U 220/17p ergangene Urteil des Bezirksgerichts Wels vom 20. November 2017.

§ 31 Abs 1 erster Satz StGB setzt voraus, dass sämtliche der nachträglichen Verurteilung zugrundeliegenden Taten zur Gänze vor dem Vor‑Urteil erster Instanz begangen (§ 67 Abs 1 StGB) worden sind (RIS‑Justiz RS0090813). Dauerdelikte – wie das der Urkundenunterdrückung (RIS‑Justiz RS0095588) – werden nicht nur im Zeitpunkt der Herbeiführung, sondern auch während der Aufrechterhaltung des rechtswidrig herbeigeführten Zustands begangen (RIS‑Justiz RS0076137). Beim Vergehen der Urkundenunterdrückung (§ 229 Abs 1 StGB) kommt eine Bedachtnahme im Sinn des § 31 Abs 1 StGB somit nur dann in Betracht, wenn die in Rede stehende Urkunde vor dem Vor-Urteil erster Instanz an den Berechtigten zurückgestellt worden ist.

Da die Sanktionsrüge nicht erklärt, weshalb hier insoweit allein der Zeitpunkt der Wegnahme der Urkunden maßgebend sein soll, unterlässt sie die unter dem Aspekt materieller Nichtigkeit gebotene Ableitung der angestrebten rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Hinzugefügt sei (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO), dass sich im angefochtenen Urteil keine Feststellungen dazu finden, ob die Berechtigten die Kennzeichentafeln wiedererlangt haben. Davon ausgehend lässt sich auch die Frage nach der allfälligen Bedachtnahme auf das frühere Urteil nicht beantworten. Diesem von der Sanktionsrüge nicht aufgegriffenen Umstand wird das Oberlandesgericht bei der Berufungsentscheidung Rechnung zu tragen haben (RIS-Justiz RS0122140).

Diesbezüglich sei darauf hingewiesen, dass die Kennzeichentafeln nach der Aktenlage in einem Fall erst am 2. Dezember 2017 sichergestellt wurden, in den anderen Fällen überhaupt nicht zustande gebracht werden konnten (vgl Abschlussbericht der Polizeiinspektion Wels in ON 7 in ON 25).

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