OGH 2Ob185/18x

OGH2Ob185/18x29.11.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé, sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache der betroffenen Person E* P*, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betroffenen Person, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg und Mag. Nicole Konrad, Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 7. August 2018, GZ 2 R 180/18g‑30, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E123789

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel der betroffenen Person zeigt keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG auf.

1. Die betroffene Person wird im Revisionsrekursverfahren von einem frei gewählten Rechtsanwalt vertreten. Dies ist zulässig, weil im derzeitigen Verfahrensstadium nach der Aktenlage nicht offenkundig ist, dass ihr die Vernunft völlig fehlte und sie nicht fähig wäre, den Zweck der Vollmachtserteilung zu erkennen (6 Ob 99/18d; 1 Ob 97/12i; RIS‑Justiz RS0008539). Auch im vom Rekursgericht für das fortgesetzte Verfahren angeregten diesbezüglichen Prüfungsverfahren wäre vom Vorliegen von Vertretungsmacht auszugehen (6 Ob 240/10b mwN).

2. Nach § 207m Abs 1 AußStrG idF 2. Erwachsenenschutz‑Gesetz (2. ErwSchG; BGBl I 59/2017) traten die Regelungen des 2. ErwSchG, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit 1. 7. 2018 in Kraft und sind auf Verfahren anzuwenden, die nach dem 30. 6. 2018 anhängig sind oder angängig werden. Nach § 207m Abs 3 AußStrG idF 2. ErwSchG ist ein im Zeitpunkt des Inkraftretens des 2. ErwSchG anhängiges Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters nach den §§ 116a bis 126 AußStrG idF 2. ErwSchG in erster Instanz fortzusetzen; ein in höherer Instanz anhängiges Verfahren ist – wenn noch Entscheidungsgrundlagen fehlen – dem Erstgericht zu überweisen (vgl zuletzt 7 Ob 192/18p).

Eine solche Überweisung hat hier nicht zu erfolgen, weil keine für die bekämpfte Entscheidung erforderlichen Grundlagen fehlen, zumal mittlerweile auch das gerichtliche Sachverständigengutachten vorliegt, das sich auch mit dem Privatgutachten der Betroffenen auseinandersetzt.

3. Die im Rechtsmittel bemängelte Auswahl eines Vertreters für das Erwachsenenschutzverfahren gemäß § 119 AußStrG idF 2. ErwSchG richtet sich nach den Grundsätzen der Auswahl des gerichtlichen Erwachsenenvertreters (vgl 1 Ob 187/10x [zu § 279 aF ABGB]; RIS‑Justiz RS0110987; nunmehr § 273 ABGB idF 2. ErwSchG). Unter Bedachtnahme auf diese kommt dem Gericht bei der Auswahl des Vertreters ein auf das Wohl der betroffenen Person zugeschnittener Ermessensspielraum zu (4 Ob 149/18t; RIS‑Justiz RS0087131). Die Entscheidungen der Vorinstanzen entsprechen diesen Kriterien.

Konkrete Wünsche der betroffenen Person waren bei Beschlussfassung erster Instanz nicht aktenkundig. Weder der in den Rechtsmitteln nicht näher erläuterte Hinweis, das Verhältnis der Rechtsmittelwerberin zum als Vertreter für das Erwachsenenschutzverfahren bestellten Bruder sei „zerrüttet“ noch der Verweis auf die im Rekurs als Vertreter vorgeschlagenen beiden anderen Personen – denen die betroffene Person nach den Ergebnissen der Erstanhörung kürzlich ihr Liegenschaftsvermögen übertragen haben soll, sodass ein Interessenkonflikt zu befürchten wäre – ist geeignet, eine Überschreitung des Ermessensspielraums aufzuzeigen.

4. Ob Gründe für die beantragte Enthebung des derzeitigen Vertreters iSd § 119 Satz 3 idF 2. ErwSchG vorliegen, wird das Erstgericht im weiteren Verfahren zu beurteilen haben.

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