European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00107.18B.1128.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die vom Kläger geltend gemachte Nichtigkeit des Berufungsurteils liegt nicht vor. Die Beklagte hat sich in ihren Berufungsausführungen (ON 44) erkennbar nur gegen den klagsstattgebenden, nicht auch gegen den klagsabweisenden Teil des Ersturteils gerichtet (s auch den Berufungsantrag ON 44 S 18, mit dem eine gänzliche Klagsabweisung angestrebt wurde). Auch das Berufungsgericht ging im Spruch seiner Entscheidung von der Rechtskraft des vom Erstgericht abgewiesenen Teilbetrags aus.
2. Inhaltlich ist der Kläger auch in seiner außerordentlichen Revision der Ansicht, dass die Beklagte ihre Fürsorgepflicht im Zusammenhang mit gegen ihn gerichteten Mobbinghandlungen von Mitarbeitern verletzt habe.
Richtig ist, dass die allgemeine Fürsorgepflicht dem Arbeitgeber, gebietet, dafür zu sorgen, dass die Persönlichkeitssphäre der in seinen Betrieb eingegliederten Arbeitnehmer nicht durch unsachliche Belästigungen durch andere Arbeitnehmer beeinträchtigt wird (RIS-Justiz RS0119353). Dabei ist der Arbeitgeber grundsätzlich gehalten, die notwendigen Maßnahmen gegen das Betriebsklima gröblich beeinträchtigende Mitarbeiter zu ergreifen, insbesondere wenn deren Verhalten so weit geht, dass die Arbeitsbedingungen für andere Arbeitnehmer nahezu unzumutbar werden (RIS-Justiz RS0029841 [T2]). Wenn dem Arbeitgeber Gefährdungen zur Kenntnis gelangen, hat er unverzüglich auf angemessene Weise Abhilfe zu schaffen (RIS-Justiz RS0119353 [T2]). Dabei ist in Bezug auf die Wahl der Mittel gegen ein allfälliges Mobbinggeschehen grundsätzlich frei (RIS-Justiz RS0119353 [T3]). Die Beurteilung, ob Auseinandersetzungen zwischen Mitarbeitern am Arbeitsplatz ein Mobbinggeschehen zugrunde liegt, das den Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht zu Gegenmaßnahmen verpflichtet, sowie um welche Maßnahmen es sich dabei handeln muss, hängt allerdings immer von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0124076 [T4, T5]), sodass eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage regelmäßig – von Fällen einer krassen Fehlbeurteilung abgesehen – nicht vorliegt. Das ist auch hier nicht der Fall:
Im Hinblick auf die vom Kläger behauptete schuldhafte Verletzung der Fürsorgepflicht durch die Beklagte ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte nicht untätig blieb, sondern eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Situation setzte und beispielsweise ein– zumindest teilweise erfolgreiches – Mediationsverfahren durchführte (an dem der Kläger nicht teilnehmen wollte), dass sie einen Mitarbeiter suspendierte und gegen ihn ein Disziplinarverfahren einleitete, in dem die Disziplinaranwältin (erfolglos) dessen Entlassung forderte, dass sie namhafte Arbeitsrechtsexperten beizog, die „zu wenig Substrat“ gegen die Mitarbeiter sahen und vorerst zu einer Dokumentation rieten, geplante Versetzungen der Mitarbeiter auch am Unwillen anderer Abteilungsleiter, sie zu übernehmen, scheiterten und dass der Kläger mit seinem unmittelbar Vorgesetzten laufend in Gesprächen stand und von ihm schon vor seiner Erkrankung stets Unterstützung erhielt. Bei einer Gesamtbetrachtung ist die zusammenfassende Beurteilung des Berufungsgerichts vertretbar, dass der Beklagten keine schuldhafte Verletzung der Fürsorgepflicht angelastet werden könne.
Aus der Erwägung des Klägers, dass er als Betriebsratsmitglied zur Sicherstellung der Ausübung des freien Mandats „besonderer Aufmerksamkeit“ bedurft hätte, ist für das vorliegende Klagebegehren nichts zu gewinnen. Ausgangspunkt und Kernbereich der mit dem Klagebegehren relevierten Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist der Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer (vgl RIS-Justiz RS0021660), der selbstverständlich für alle Arbeitnehmer (auch Betriebsratsmitglieder) gilt (vgl 8 ObA 76/13d).
3. Die im Mai 2012 „bereits für den Zeitraum Mai 2012 bis zum Juli 2013“ vereinbarte einmalige „Prämie“ (Differenz Verwendungsgruppe III/II) wurde vom Berufungsgericht nach Maßgabe der kollektivvertraglichen Verfallsfrist von drei Monaten als verfallen erachtet. Dass die Forderung erst im Juli 2013 fällig geworden sei, hielt der Kläger dem Verfallseinwand der Beklagten in erster Instanz nicht entgegen und ergibt sich auch sonst nicht aus dem festgestellten Sachverhalt. Da die Zahlung dem Kläger offensichtlich schon im Vorhinein zukommen sollte („bereits“), ist die Annahme der Fälligkeit mit Mai 2012 nicht korrekturbedürftig.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
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