OGH 1Ob181/18a

OGH1Ob181/18a21.11.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****-Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Roman Schobesberger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Hon.‑Prof. DI Dr. B*****, vertreten durch Prof. Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen 18.103,35 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 19. Juli 2018, GZ 3 R 80/18g‑9, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz vom 13. April 2018, GZ 5 Cg 157/17h‑5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00181.18A.1121.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.489,86 EUR (darin 248,31 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin erbrachte über Auftrag einer Werkbestellerin Bauleistungen (insbesondere Fliesenleger- und Steinmetzarbeiten) bei deren Schwimmbad. Es kam dort zu ungleichmäßigen Absenkungen; die versuchte Sanierung, die zu einer Verformung des Badebeckens und zum Bruch des wenig elastischen Materials (Stahlbeton, Stein, Fliesen, Glas) und dessen Lösung aus dem Klebebett führte, scheiterte.

Die Frage, ob mangelhafte Arbeiten der Klägerin die Ursache für die aufgetretenen Mängel waren, war bzw ist Streitpunkt in den beiden zu 41 Cg 94/13m und 41 Cg 108/15y des Landesgerichts Innsbruck geführten „Anlassverfahren“. Im ersten Prozess begehrte die Klägerin von der Bauherrin die Zahlung des ihr angeblich noch zustehenden (und auch den Aufwand für die gescheiterte Sanierung enthaltenden) Werklohns in Höhe von 68.496,48 EUR („Werklohnprozess“). Im zweiten nimmt die Werkbestellerin ihrerseits die Klägerin wegen Zahlung von 626.055,31 EUR sA gestützt auf Schadenersatz und Gewährleistung in Anspruch („Gewährleistungsprozess“). Dabei berief sie sich zur Verursachung der Mängel durch die Klägerin auf das vom Beklagten als Sachverständiger im Werklohnprozess erstattete Gutachten. Im Gewährleistungsprozess fällte das Gericht am 20. 5. 2016 ein Zwischenurteil über die Einrede der Verjährung; im Werklohnprozess wies es mit Teilurteil vom 9. 12. 2016 den Großteil des Klagebegehrens, nämlich 55.934,98 EUR samt Zinsen, ab. Diese Abweisung begründete es – ohne auf die Ursache von Mängeln einzugehen – damit, dass sich die Parteien über einen Skontoabzug geeinigt hätten und aufgrund der mit der Werkbestellerin getroffenen Vereinbarung die Sanierungskosten nicht ihr gegenüber, sondern gegenüber dem für die Sanierung verantwortlichen Unternehmen geltend zu machen gewesen wären. Nach Bestätigung des Teilurteils durch das Berufungsgericht legte die Klägerin das über ihren Auftrag von einem Privatgutachter erstellte „Sachverständigengutachten“ vom 4. 4. 2016, wonach das Gewerk der Klägerin mängelfrei erbracht worden sei, nicht vor, sondern zog in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 27. 6. 2017 ihre Klage (über das restliche Begehren von 12.561,50 EUR an Werklohn) unter Anspruchsverzicht zurück. Im Gewährleistungsprozess bestellte das Gericht sodann (im Juli 2017) – wie schon im November 2015 den Parteien angekündigt – den Beklagten zum Sachverständigen und beschloss, „die Verfahrensergebnisse (Personalbeweise und Sachbefund)“ aus dem Werklohnprozess auch in diesem Verfahren gemäß § 281a ZPO zu verwerten.

Am 30. 11. 2017 brachte die Klägerin die hier zu beurteilende Klage gegen den (nun beklagten) Sachverständigen beim Landesgericht Linz ein. Mit dieser begehrt sie die Zahlung von 18.103,35 EUR für bezahlte Sachverständigengebühren und die Feststellung seiner Haftung „für sämtliche weiteren Schäden aus der unrichtigen Erstellung des Gutachtens, insbesondere für sämtliche monetären Nachteile“ im Gewährleistungsprozess. Kurz darauf (am 18. 12. 2017) lehnte sie den Beklagten im letztgenannten Verfahren ab und beantragte, ihn als Sachverständigen zu entheben sowie einen anderen Gutachter zu bestellen. Sie behauptete, aufgrund der „nunmehr eingebrachten Klage gegen den Sachverständigen“ liege ein zureichender Grund vor, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Das Landesgericht Innsbruck erachtete den Sachverständigen nicht für befangen und wies den Antrag auf „Umbestellung“ mit Beschluss vom 23. 1. 2018 ab.

Im nunmehrigen Haftungsprozess gegen den Sachverständigen brachte die Klägerin vor, der Beklagte sei in seinem im Werklohnprozess erstatteten Gutachten zum unrichtigen Ergebnis gekommen, dass bei ihrem Werk wesentliche Mängel vorgelegen seien. Aufgrund seines negativen Gutachtens habe sie sich entschieden, die Klage gegenüber der Bauherrin zurückzuziehen. Wegen der Teilabweisung ihrer (Werklohn-)Klage könne sie gegenüber dem Beklagten nur mehr einen Teil der ihr auferlegten und bereits bezahlten Sachverständigengebühren aus dem Titel des Schadenersatzes geltend machen (und zwar die begehrten 18.103,35 EUR). Ihr rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung des Beklagten begründete sie damit, dass ihr aufgrund des unrichtigen Gutachtens auch in jenem (zweiten) Verfahren, in dem er wiederum zum Sachverständigen bestellt worden sei, ein monetärer Nachteil drohe, der derzeit nicht beziffert werden könne, zumal der geltend gemachte Preisminderungsanspruch noch nicht festgesetzt worden und auch der Prozesskostenaufwand derzeit noch nicht absehbar sei.

Der Beklagte beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und bestritt, ein unrichtiges Gutachten erstattet zu haben. Er stellte die von der Klägerin zu vertretenden Mängel dar und verwies darauf, dass es sich – in Anbetracht des rund 1.600 Seiten starken Gutachtens – vorerst nur um eine stark vereinfachte und exemplarische Aufzählung handeln könne. In erster Linie berief er sich aber darauf, dass die vorliegende Klage noch nicht gegen ihn anhängig gemacht werden könne. Bevor der Gewährleistungsprozess nicht beendet sei, habe sich das schädigende Ereignis, das einen konkreten Schaden hätte auslösen können, noch gar nicht ereignet, weil erst mit dem Abschluss jenes Verfahrens das Ergebnis der gutachterlichen Tätigkeit feststehe. Es fehle daher die für die Einbringung einer „vorbeugenden Feststellungsklage“ notwendige Voraussetzung des schädigenden Ereignisses. Die Klägerin hätte im (ersten) Verfahren über zuletzt 12.561,50 EUR ausreichend Gelegenheit gehabt, die ihr schon bekannte angebliche Unrichtigkeit des Gutachtens aufzugreifen und habe sich trotz dieser Kenntnis entschieden, dies nicht zu tun. Die Klagsführung diene nur dazu, eine Befangenheit des Beklagten im Gewährleistungsprozess zu begründen und sei somit rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin habe mit der Klagsrückziehung die Tragung der Sachverständigengebühren in Kauf genommen. Diese Entscheidung unterbreche jegliche Kausalität.

Darauf replizierte die Klägerin, dass eine Haftung für Schäden resultierend aus einem unrichtigen Sachverständigengutachten auch bestehen könne, wenn dieses nicht Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung geworden sei. Die Frage, ob ein allfällig schuldhaftes Verhalten des Sachverständigen kausal für den behaupteten Vermögensschaden durch Zahlung der verzeichneten und ihm rechtskräftig zugesprochenen Gebühren gewesen sei, sei nach der „juristischen Kausalität“ als Rechtsfrage zu beurteilen.

Das Erstgericht wies sowohl das Zahlungs‑ als auch das Feststellungsbegehren ab. Der Schadenersatzanspruch für ein unrichtiges Gutachten setze unter anderem voraus, dass dessen Unrichtigkeit ausschlaggebend für die die Prozesspartei beschwerende Entscheidung gewesen sei. Weil das zweite Anlassverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, fehle es am Eintritt des schädigenden Ereignisses. Deswegen könne eine Schadenersatzklage gegen den Sachverständigen wegen eines angeblich fehlerhaften Gutachtens (noch) nicht berechtigt erhoben werden. Eine Klagsführung gegen einen Sachverständigen dürfe nicht im Ergebnis darauf abzielen, dass bei Schluss der Verhandlung erster Instanz des Verfahrens gegen den Sachverständigen das noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Anlassverfahren „überholt“ werde.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts und unterstrich, dass auch wenn das erste Anlassverfahren formell beendet sei, der Inhalt des in diesem Verfahren vom Beklagten erstatteten Gutachtens, weil es so von dem im zweiten Anlassverfahren zuständigen Erstgericht beschlossen worden sei, vollumfänglich ein Beweismittel zum gleichen Beweisthema im zweiten Anlassverfahren sei, wie es dies auch im ersten gewesen sei. Nach den Vorstellungen der Klägerin solle das auch in jenem Verfahren heranzuziehende Gutachten des Beklagten noch vor dessen rechtskräftigen Abschlusses in einem parallel gegen den Sachverständigen geführten Schadenersatzprozess von (einem anderen) Gericht überprüft werden. Wenn das Verfahren über die Widerklage noch gar nicht abgeschlossen sei, fehle es derzeit an einem dem Beklagten zurechenbaren schädigenden Ereignis. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Klarstellung durch das Höchstgericht angezeigt sei, ob bei einer Widerklage zum selben Sachverhalt wie im Hauptverfahren, wenn in beiden Verfahren der selbe Sachverständige zur Klärung der selben „fachkundigen Fragen“ bestellt sei, beide Verfahren abgeschlossen sein müssten, ehe ein Haftungsprozess gegen den Sachverständigen mit einer inhaltlichen Überprüfung seines Gutachtens geführt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht berechtigt:

1. Zur Haftung eines Sachverständigen für ein behauptetermaßen unrichtiges Gutachten hat sich der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals geäußert (siehe nur die Nachweise in 3 Ob 170/16w) und darauf hingewiesen, dass das Interesse an einer ordnungsgemäßen Rechtspflege die Ausnahme der Tätigkeit eines vom Gericht bestellten Sachverständigen von Unterlassungs- und Widerrufsansprüchen iSd § 1330 Abs 2 ABGB gebietet (7 Ob 588/83 = SZ 56/74; 4 Ob 75/92 = JBl 1993, 518 [krit Koziol zur Übertragung dieses Grundsatzes auf Privatgutachten]; RIS-Justiz RS0031981). Nach ständiger Rechtsprechung kann in Strafsachen der Verurteilte, solange ein verurteilendes Strafurteil aufrecht ist (RIS-Justiz RS0026373) oder in dem anhängigen Strafverfahren noch keine Entscheidung ergangen ist (8 Ob 36/14y; RIS-Justiz RS0026373 [T4]), vom Sachverständigen, auf dessen Gutachten sich das Urteil stützt, nicht Schadenersatz wegen unrichtiger Begutachtung begehren, weil es die Ausgestaltung des strafrechtlichen Rechtsschutzsystems ausschließt, während des anhängigen Verfahrens eine Überprüfung der Ergebnisse des Strafverfahrens im Zivilverfahren herbeizuführen. Für die Geltendmachung einer Haftung wegen der behaupteten Unrichtigkeit eines in einem Zivilverfahren erstatteten Gutachtens kann nichts anderes gelten (3 Ob 170/16w = EvBl‑LS 2017/77 [Brenn]). Schon die Möglichkeit, derartige Klagen als Druckmittel zu missbrauchen, zwingt hier zu einer zurückhaltenden Beurteilung. Dabei geht es nicht nur um den Schutz der Person des Sachverständigen, sondern auch der Funktionsfähigkeit der Justiz insgesamt (8 Ob 36/14y; vgl auch 8 Ob 69/08t). Andernfalls müsste im Haftungsprozess geprüft werden, wie die „richtige“ (und noch nicht ergangene) Entscheidung in dem noch anhängigen Zivilverfahren zu lauten hätte. Eine solche Klagsführung zielt im Ergebnis darauf ab, das bei Schluss der Verhandlung erster Instanz noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Anlassverfahren zu „überholen“ (3 Ob 170/16w mwN = RIS‑Justiz RS0026373 [T5]).

Auch wenn es zutrifft, dass ein gerichtlich bestellter Sachverständiger, der in einem Zivilprozess schuldhaft ein unrichtiges Gutachten abgegeben hat, den Prozessparteien gegenüber direkt für die Folgen dieses Versehens haftet (RIS‑Justiz RS0026360), muss, wie in jedem Schadenersatzprozess der Kläger, die für seinen Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen behaupten und beweisen (vgl RIS-Justiz RS0037797 [T8, T16] ua). Ihm als Beschädigten obliegt also der Beweis für den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Eintritt des Schadens (RIS-Justiz RS0022664 [T4]). Ob durch ein schuldhaftes Fehlverhalten des Sachverständigen einer Prozesspartei ein Schaden entstanden ist, ist danach zu beurteilen, ob die Entscheidung im Vorprozess für sie günstiger ausgefallen wäre, wenn der Sachverständige dort ein in allen von ihm begutachteten Fragen richtiges Gutachten abgegeben hätte (RIS-Justiz RS0026360). Sein Schadenersatzanspruch setzt unter anderem voraus, dass die Unrichtigkeit des Gutachtens ausschlaggebend für die die Prozesspartei beschwerende Entscheidung war. Entscheidend ist, welchen Einfluss ein sachlich richtiges Gutachten des Sachverständigen auf die Entscheidung gehabt hätte. Diese Frage betrifft die Kausalität (RIS-Justiz RS0026360 [T6]). Das Ergebnis der gutachterlichen Tätigkeit des Sachverständigen steht aber erst mit Abschluss des Verfahrens endgültig fest. Davor fehlt es schon an der wesentlichen Voraussetzung für eine „vorbeugende Feststellungsklage“, nämlich dass sich das schädigende Ereignis, das einen konkreten Schaden hätte auslösen können, bereits ereignet hat (RIS-Justiz RS0040838 [T15]; 7 Ob 140/16p; 3 Ob 170/16w).

2. Die Revisionswerberin stellt gar nicht in Frage, dass Schadenersatzansprüche gegen einen Sachverständigen wegen eines behauptetermaßen unrichtigen Gutachtens noch nicht erhoben werden können, solange jenes Verfahren, in dem er sein Gutachten erstellt hat, noch nicht (rechtskräftig) abgeschlossen ist. Sie geht auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Fragestellung einer notwendigen Verknüpfung des Abschlusses von Klags- und Widerklagsverfahren wegen der Klärung derselben fachkundigen Fragen gar nicht ein, sondern stellt – mit der Begründung, der Gutachter habe im zweiten Verfahren noch gar kein Gutachten erstattet – in Abrede, dass jenes zweite Verfahren ein „Anlassverfahren“ für ihr Feststellungsbegehren im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung sei.

Das Erstgericht hat aber im zweiten Verfahren beschlossen, dieses Gutachten zu verwerten, das zwar im ersten Verfahren erstellt, jedoch mangels Notwendigkeit die darin berührten Fragen (dort) zum Gegenstand einer Entscheidung zu machen, nicht für eine solche herangezogen wurde, und es hat den Beklagten auch in dem von der Werkbestellerin angestrengten Gewährleistungsprozess zum Sachverständigen bestellt. Damit ist das Gutachten auch schon in seine gutachterliche Tätigkeit im zweiten Verfahren einbezogen, wiewohl diese selbstverständlich noch nicht abgeschlossen ist.

Die Zulässigkeit ihres Feststellungsbegehrens gründete die Klägerin allein auf die ihr drohenden Schäden im zweiten Verfahren, welches aber noch nicht (rechtskräftig) abgeschlossen ist. Weder behauptete sie, dass bereits – abseits des gestellten Zahlungsbegehrens – weitere Schäden im Zusammenhang mit dem ersten Anlassverfahren entstanden seien, ihr drohten oder sich nicht beziffern ließen. Wenn sie selbst zur Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens vorbringt, es sei ihr eine Bezifferung (eines Leistungsbegehrens) nicht möglich, „zumal der geltend gemachte Preisminderungsanspruch noch nicht festgesetzt“ worden und „auch der Prozesskostenaufwand derzeit noch nicht absehbar“ sei, stellt sie selbst (richtigerweise) auf den Einfluss und die Auswirkungen des Gutachtens im zweiten Anlassverfahren (dem Gewährleistungsprozess) ab. Diese stehen aber noch nicht fest (weil weder die Tätigkeit des Sachverständigen abgeschlossen, noch ein [End-]Urteil gefällt ist). Wenn damit aber Auswirkungen des Gutachtens, schon wegen der noch nicht abgeschlossenen Gutachtertätigkeit im zweiten Verfahren, aber auch wegen des noch gar nicht so weit vorangeschrittenen Verfahrens erst mit seiner Beendigung eintreten können, fehlt es nach gefestigter Rechtsprechung schon an der wesentlichen Voraussetzung für die Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige Schäden, nämlich am schädigenden Ereignis (RIS‑Justiz RS0040838 [T15]; 7 Ob 140/16p; 3 Ob 170/16w), weswegen die Vorinstanzen das Feststellungsbegehren in zutreffender Weise abgewiesen haben.

3. Auch die Abweisung des Zahlungsbegehrens ist im Ergebnis zu bestätigen, wenn es auch richtig ist, dass Schadenersatzansprüche gegen einen gerichtlichen Sachverständigen in besonderen Konstellationen auch dann denkbar sind, wenn sein Gutachten nicht Grundlage der gerichtlichen Entscheidung geworden ist und der Werklohnprozess, in dem die Klägerin die nun begehrten Sachverständigengebühren zu zahlen hatte, bereits abgeschlossen ist. Der Beklagte hat – zu Recht – schon im Verfahren erster Instanz die Kausalität des vorgeworfenen Verhaltens für einen behaupteten Schaden im Zusammenhang mit der Zahlung der Sachverständigengebühren bestritten und hervorgehoben, dass die Klägerin durch ihre Klagsrückziehung die Verpflichtung zum Ersatz der Sachverständigengebühren selbst auf sich gezogen hat. Die Klägerin, die behauptet hatte, das „schädigende Ereignis“ liege darin, dass der Gutachter im ersten Anlassverfahren ein unrichtiges Gutachten erstellt habe, antwortete darauf – trotz dieses Einwands des Beklagten – bloß mit einem unklaren Hinweis auf eine „juristische Kausalität“ ohne jedes Sachsubstrat. Sie übersieht, dass derjenige, der die Klage unter Anspruchsverzicht zurückzieht, die Kosten des Verfahrens zu tragen hat (§ 237 Abs 3 ZPO); sie also selbst durch die Klagsrückziehung ihre Kostenersatzpflicht verursachte. Mit ihrem Vorbringen, sie habe sich aufgrund des unrichtigen Gutachtens dazu entschlossen, die Klage zurückzuziehen, legt sie zwar ihr Motiv dafür offen; es steht nun aber nicht fest – zumal die Klägerin dies auch nach dem Einwand des Beklagten zur Kausalität nicht behauptete (vgl RIS-Justiz RS0122365 ua) –, dass sie auch dann, wenn sie nicht mit Klagsrückziehung vorgegangen wäre, infolge eines über das restliche Klagebegehren ergehenden klagsabweisenden Urteils zum Ersatz der Sachverständigengebühren – als Auswirkung eines falschen Gutachtens des Beklagten – verhalten worden wäre. Ist aber nicht ersichtlich, dass eine angebliche Unrichtigkeit des Gutachtens die Ursache für ihre Zahlungspflicht war, fehlt es an deren Einfluss auf die Entscheidung über die Tragung der Sachverständigengebühren (vgl RIS-Justiz RS0026360 [T6]).

4. Die Abweisung sowohl des Zahlungs- als auch des Feststellungsbegehrens durch die Vorinstanzen erfolgte schon aus den soeben dargelegten Gründen zu Recht, weshalb auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Fragestellung nicht näher einzugehen ist.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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