OGH 1Ob69/18f

OGH1Ob69/18f17.7.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Höfrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*****, vertreten durch Dr. Hagen Nagler, Rechtsanwalt in Feldbach, gegen die beklagten Parteien 1. DI K***** und 2. DI C*****, beide *****, vertreten durch die Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG, Gleisdorf, wegen Feststellung (Streitwert 2.000 EUR), Einverleibung einer Dienstbarkeit (Streitwert 2.000 EUR) sowie Duldung (Streitwert 2.000 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 18. Jänner 2018, GZ 3 R 120/17i‑39, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Feldbach vom 12. Mai 2017, GZ 1 C 71/16x‑35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00069.18F.0717.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin begehrt die Feststellung einer zu Gunsten ihres Grundstücks bestehenden Dienstbarkeit des (Haupt‑)Wasserbezugs an der auf der Liegenschaft der Beklagten befindlichen Quelle bzw Brunnenanlage sowie die Zustimmung der Beklagten zur Einverleibung und Ersichtlichmachung dieser Dienstbarkeit im Grundbuch. Weiters begehrt die Klägerin die Duldung der Fertigstellung einer begonnenen Sanierung der Quelleinfassung durch die Beklagten sowie der Einzäunung des Quellenschachts zur Vermeidung einer Kontaminierung. Die Beklagten gestehen ein Wasserbezugsrecht hinsichtlich des Überwassers, jedoch kein Hauptbezugsrecht zu und wenden ua ein, dass die den Gegenstand der behaupteten Dienstbarkeit bildende Wasserbenutzung sowie die diesem Zweck dienende Anlage wasserrechtlich bewilligungspflichtig, jedoch nicht bewilligungsfähig sei. Die Ausübung der Dienstbarkeit sei daher unmöglich und diese erloschen; jedenfalls sei das Rechtsverhältnis aus wichtigem Grund aufgelöst worden.

Das Berufungsgericht bestätigte das klagestattgebende Ersturteil. Es verwarf den Einwand, die Dienstbarkeit sei aufgrund einer bewilligungspflichtigen, jedoch nicht bewilligungsfähigen Wasserbenutzung durch die Klägerin erloschen bzw aufgelöst worden, und erklärte die ordentliche Revision letztlich für zulässig, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Beurteilung der verwaltungsrechtlichen Vorfrage korrekturbedürftig sei.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch ist die Revision der Beklagten, die von der Klägerin nicht beantwortet wurde, nicht zulässig. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch der Einwand, die Dienstbarkeit sei mangels Bewilligungsfähigkeit der wasserrechtlich bewilligungspflichtigen Wassernutzung erloschen bzw aus wichtigem Grund aufgelöst worden. Dabei wird die Rechtsansicht des Berufungsgerichts bekämpft, dass eine bewilligungsfreie Benutzung von Tagwasser (im Unterschied zur bewilligungspflichtigen Grundwasserbenutzung) vorliege. Damit zeigen die Beklagten aber keine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf.

§ 10 Abs 2 WRG normiert eine Bewilligungspflicht für die Erschließung oder Benutzung von Grundwasser und die damit im Zusammenhang stehenden Eingriffe in den Grundwasserhaushalt sowie für die Errichtung oder Änderung dafür dienender Anlagen. Bewilligungsfrei ist die Entnahme von Grundwasser in gewissem Umfang durch den Grundeigentümer selbst für seinen notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf. Die Benutzung von Grundwasser durch einen anderen als den Grundeigentümer, also etwa durch einen Servitutsberechtigten, bedarf gemäß § 10 Abs 1 und 2 WRG zusätzlich zur Einwilligung des Grundeigentümers der Bewilligung durch die Wasserrechtsbehörde. Aufgrund der konstitutiven Wirkung dieser Bewilligung erhält der Grundeigentümer erst durch diese eine über den Eigengebrauch des § 10 Abs 1 WRG hinausgehende Verfügungsmacht über sein Grundwasser (Oberleitner/Berger, WRG-ON1.04 § 9 Rz 27).

Im Unterschied zum Grundwasser bedarf die Benutzung von privatem Tagwasser sowie die Errichtung oder Änderung dazu dienender Anlagen gemäß § 9 Abs 2 WRG nur dann einer Bewilligung durch die Wasserrechtsbehörde, wenn dadurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhangs mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstands in diesen Gewässern ein Einfluss geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann. Würde eine Bewilligungspflicht nur aufgrund der Berührung fremder Rechte bestehen, läge aber eine Zustimmung des Trägers des betroffenen Rechts oder eine Vereinbarung mit diesem vor, wäre die Wasserbenutzung nicht bewilligungspflichtig (vgl 1 Ob 275/03b mwN). Im vorliegenden Fall ist die Wasserbenutzung durch die Klägerin durch die in dritter Instanz grundsätzlich nicht mehr bestrittene Dienstbarkeit gedeckt; zu den übrigen Voraussetzungen einer Bewilligungspflicht nach § 9 Abs 2 WRG (Einfluss der Wasserbenutzung auf öffentliche oder fremde Privatgewässer) wurde kein Vorbringen erstattet. Eine Bewilligungspflicht nach § 9 WRG (Benutzung privater Tagwässer) steht hier nicht zur Diskussion. Sie könnte sich nur aus § 10 WRG ergeben, was die Erschließung oder Benutzung von Grundwasser oder die Errichtung oder Änderung der dafür dienenden Anlagen voraussetzt.

Gemäß § 3 Abs 1 lit a WRG handelt es sich beim Grundwasser um das in einem Grundstück enthaltene unterirdische Wasser. Dieses stellt der Gesetzgeber in der genannten Norm dem aus einem Grundstück zutage quellenden Wasser (Tagwasser) gegenüber. Entscheidend für die Unterscheidung ist das Austreten (Zutagequellen) des Wassers aus dem Boden. Bei der Benutzung eines Wasservorkommens bzw bei dessen Erschließung wird zumeist darauf abgestellt, wie die Fassung erfolgt. Je nach technischer Gestaltung der Wasserfassung (oberflächennahe Fassung oder Tiefenfassung durch erhebliches Nachgraben oder durch Bohren) wird demnach entweder Tag- oder Grundwasser genutzt (Oberleitner/Berger aaO § 3 Rz 5; § 9 Rz 9 und § 10 Rz 2). Die rechtliche Einordnung der Benutzung von Quellwasser war auch bereits Gegenstand von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs. Im Verfahren zu 1 Ob 232/02b ging der Fachsenat davon aus, dass die (nach den dort getroffenen Feststellungen: unterirdische) Fassung einer Quelle die Benutzung eines Tagwassers darstellt. Zu 1 Ob 40/94 wurden Quelleinfassungen ganz allgemein als Anlagen im Sinn des § 9 WRG (also solche zur Benutzung privater Tagwässer) angesehen.

Letztlich hängt die Frage, wann eine Wasserbenutzung Tagwasser betrifft und daher unter § 9 WRG fällt, und wann es sich um die Benutzung von Grundwasser nach § 10 WRG handelt, von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Unzutreffend ist jedenfalls die von den Revisionswerbern unter Berufung auf vermeintlich einschlägige Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs vertretene Ansicht, „Schichtwasser“ sei stets als Grundwasser zu qualifizieren. Dies gilt nur, solange sich eine solche Wasseransammlung auf einer wasserundurchlässigen Bodenschicht unterirdisch im Grundstück befindet. Sobald sie aber – regelmäßig in einem Hangbereich, in dem auch die wassertragende Schicht endet – aus dem Boden heraustritt („Quelle“), wird das zutage quellende Wasser zu Tagwasser (vgl Oberleitner / Berger aaO § 3 Rz 5). Daran ändert sich auch nichts, wenn (etwa aus wasserhygienischen Gründen) zur Errichtung einer Quellfassung etwas „nachgegraben“ wird, sofern nur jenes Wasser genutzt wird, das auch nach den natürlichen Bodenverhältnissen zutage getreten wäre.

Aus den erstinstanzlichen Feststellungen ergibt sich insgesamt, dass schon immer Schichtwasseraustritte über eine Art Längsdrainage gefangen wurden, dass der alte Quellbereich von der Klägerin freigelegt und der Quellfassungsbereich verlängert wurde, um mehr zuströmendes Wasser zu erschließen, und dass das gefangene Wasser nun unterhalb der vergrößerten Quellfassung in einem Quellsammelschacht gesammelt wird. Wenn das Berufungsgericht aufgrund dieses Sachverhalts davon ausging, es werde bloß Tagwasser gefasst und kein Grundwasser erschlossen, ist darin keine vom Revisionsgericht im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erkennen. Auch den in der Revision zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs kann dazu nichts Gegenteiliges entnommen werden.

Ausgehend von der mangelnden Bewilligungspflicht der vorliegenden Wasserbenutzung gehen sämtliche im Revisionsverfahren aufrecht erhaltenen und auf eine solche Bewilligungspflicht gestützten Einwände der Beklagten (Unmöglichkeit der Leistung; Auflösung aus wichtigem Grund; „Ruhen“ der Dienstbarkeit) gegen das Fortbestehen der sonst nicht strittigen Dienstbarkeit ins Leere. Auch die dazu unter dem Titel sekundärer Feststellungsmängel angesprochenen Rechtsprobleme stellen sich nicht.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 

510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

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