OGH 9ObA65/18a

OGH9ObA65/18a28.6.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Ingomar Stupar und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei O***** F*****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz Rechtsanwält_innen GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Marschall & Heinz Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, wegen 27.935,63 EUR brutto abzüglich 2.256 EUR netto sA und Vorlage von Gehaltsabrechnungen, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. April 2018, GZ 7 Ra 4/18m‑19, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00065.18A.0628.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.  Maßgeblich für die Beurteilung eines Vertrags als Arbeitsvertrag ist die tatsächliche Ausgestaltung der gegenseitigen Rechtsbeziehung (RIS-Justiz RS0014509 [T9]). Entscheidend ist demnach, wie dieser Vertrag in der jahrelang dauernden Vertragsbeziehung tatsächlich gelebt wurde (RIS‑Justiz RS0111914 [T4]). Deren Beurteilung im Einzelfall stellt aber regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl RIS‑Justiz RS0111914 [T6, T13]).

Wenn die Vorinstanzen hier übereinstimmend das Vorliegen eines echten Arbeitsvertrags, für dessen Annahme eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber entscheidend ist (vgl RIS‑Justiz RS0021518 uva), bejaht haben, so kann darin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden. Als wesentliche Merkmale der persönlichen Abhängigkeit im Sinne einer Unterworfenheit des Arbeitnehmers unter die funktionelle Autorität des Arbeitgebers wird die organisatorische Gebundenheit, insbesondere an Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle gesehen (RIS‑Justiz RS0021284 ua), wobei die einzelnen Merkmale in ihrer Gesamtheit betrachtet und gewichtet werden (RIS‑Justiz RS0021284 [T11, T20]; RS0021306 [T10]).

In der außerordentlichen Revision rügt die Beklagte sekundäre Feststellungsmängel, die eine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhalts, nämlich die Qualifikation des zwischen den Parteien bestandenen Vertragsverhältnisses als „selbständiger Dienstleistungsvertrag“ zur Folge gehabt hätte. Nach der Rechtsprechung setzen Feststellungsmängel aber voraus, dass bereits im Verfahren erster Instanz ein entsprechendes Tatsachenvorbringen erstattet wurde (RIS-Justiz RS0053317 [T2, T4]). Dies ist hier nicht der Fall. Die Beklagte übergeht bei ihren Ausführungen, dass sie das ausführliche Vorbringen des Klägers lediglich unsubstantiiert bestritten hat und ihr in der letzten Verhandlung erstattetes Tatsachenvorbringen vom Erstgericht wegen Verspätung zurückgewiesen wurde. Dem von ihr dagegen erhobenen Rekurs wurde vom Rekursgericht nicht Folge gegeben. Im Übrigen hat das Berufungsgericht– auch diese Rechtsauffassung ist vertretbar – dargelegt, weshalb selbst die von der Beklagten bereits in der Berufung gewünschten Zusatzfeststellungen in der hier gebotenen Gesamtabwägung zu keinem anderen Ergebnis führen würden.

2.  Mit rechtskräftigem Beschluss vom 24. 4. 2018 (ON 20) hat das Rekurs- und Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft über die Versicherungszugehörigkeit des Klägers gemäß § 194b GSVG abgewiesen. Die Richtigkeit dieser rechtskräftigen Entscheidung ist einer Überprüfung im Revisionsverfahren bezüglich einer anderen Entscheidung (Urteil) nicht zugänglich.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte