European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00080.18F.0627.000
Spruch:
Die Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens und auf Gewährung von Verfahrenshilfe werden zurückgewiesen.
Gründe:
Jozef I***** wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 17. Jänner 2018, GZ 611 Hv 5/17w‑307, des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (A./) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (C./) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren verurteilt.
Seine Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 19. April 2018, AZ 12 Os 24/18y, zurückgewiesen; über seine Berufung hat das Oberlandesgericht Wien noch nicht entschieden.
Rechtliche Beurteilung
Mit nicht anwaltlich gefertigter Eingabe an das Erstgericht vom Mai 2018 beantragte der Angeklagte „um § 23 StPO und § 363a StPO“ und „dringend eine Verteidiger/in“. In einem weiteren Schreiben vom 22. Mai 2018 begehrte er die „Erneuerung des Strafverfahrens“ und „deshalb“ die Ladung einer konkret genannten Person als Zeugin.
Die erwähnten Schreiben wurden dem Verteidiger des Genannten übermittelt. Dieser gab (vgl RIS‑Justiz RS0125146) bekannt, dass die Anträge „aufrecht erhalten werden“.
Da für den Einschreiter ohnehin ein Verfahrenshilfeverteidiger für das gesamte Verfahren bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss sowie für ein allfälliges Verfahren aufgrund einer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde (§ 23 StPO) oder eines Antrags auf Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363a StPO) bestellt wurde (Beschluss vom 2. Juni 2017 samt Bestellungsbescheid), war der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers schon aus diesem Grund zurückzuweisen. Abgesehen davon kommt die Erhebung eines Rechtsbehelfs gemäß § 23 StPO ausschließlich der Generalprokuratur zu, der Kopien der Eingaben des Antragstellers übermittelt wurden.
Soweit der Einschreiter die Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (§ 23 StPO) anstrebt, ist er darauf zu verweisen, dass der Oberste Gerichtshof nur für die Entscheidung über eine solche Beschwerde, nicht aber für deren Erhebung zuständig ist (13 Ns 9/88).
Die vom Angeklagten selbst verfassten Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens waren mangels Vorliegens einer gemäß § 363b Abs 2 Z 1 StPO zwingend erforderlichen Unterschrift eines Verteidigers, was einer Verbesserung nicht zugänglich ist (RIS-Justiz RS0122737 [T30]), zurückzuweisen.
Für einen nicht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestützten Erneuerungsantrag, bei dem es sich um einen subsidiären Rechtsbehelf handelt, gelten alle gegenüber dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 MRK sinngemäß (RIS‑Justiz RS0122737).
Demnach hat – weil die Opfereigenschaft nach Art 34 MRK nur dann anzunehmen ist, wenn der Beschwerdeführer substantiiert und schlüssig vorträgt, in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt worden zu sein ( Grabenwarter , EMRK 6 § 13 Rz 16) – auch ein Erneuerungsantrag gemäß § 363a StPO per analogiam deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine (vom angerufenen Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende) Grundrechtsverletzung iSd § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei (RIS‑Justiz RS0122737 [T17]).
Diesen Anforderungen wird auch der vom Verteidiger eingebrachte (aufrecht erhaltene) Antrag in keiner Weise gerecht, gibt er doch weder an, durch welche (letztinstanzliche) Entscheidung oder Verfügung eines Strafgerichts (vgl § 363a Abs 1 StPO) sich der Erneuerungswerber benachteiligt sieht, noch, aus welchem Grund dabei welches von der MRK geschützte Grundrecht missachtet worden sein soll.
Sämtliche Anträge waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 StPO).
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