OGH 10Ob32/18f

OGH10Ob32/18f17.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj J*, geboren am * 2014, Mutter: E*, vertreten durch Dr. Astrid Wagner, Rechtsanwältin in Wien, Vater: S*, vertreten durch WGK Korp‑Grünbart‑Lison Rechtsanwälte GmbH in Andorf, wegen Obsorge und Kontaktrecht, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 13. Februar 2018, GZ 14 R 17/18b‑88, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121571

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Erstgericht hat ausgesprochen, dass die Obsorge bezüglich der Tochter beiden Eltern gemeinsam zukommt und ihr hauptsächlicher Aufenthaltsort bei der Mutter ist. Dem Vater räumte es ein einmal wöchentlich am Sonntag in der Dauer von vier Stunden zwischen 13:00 Uhr und 17:00 Uhr am Wohnort der Mutter auszuübendes Kontaktrecht zur Tochter ein.

Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung von der Mutter erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter, mit dem sie die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen und die Fortsetzung des Verfahrens anstrebt.

Der im Revisionsrekurs enthaltene Antrag auf „nachträgliche Zulassung des Revisionsrekurses“ ist verfehlt, weil in Streitigkeiten, deren Gegenstand wie hier nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist, ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben werden kann, wenn das Rekursgericht ausgesprochen hat, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist (§ 62 Abs 5 AußStrG). Einer Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses durch das Rekursgericht bedarf es in diesem Fall nicht. Richtigerweise sind die Ausführungen zum genannten Antrag als Ausführungen zur Begründung des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG und damit als Bestandteil des außerordentlichen Revisionsrekurses zu werten (5 Ob 263/07y; RIS‑Justiz RS0110049 [T13]).

Rechtliche Beurteilung

Die Mutter zeigt in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf. Die Zurückweisung ist wie folgt kurz zu begründen (§ 71 Abs 3 AußStrG):

1. Als erhebliche Rechtsfrage macht die Revisionsrekurswerberin geltend, dass das Erstgericht im Hinblick auf ein von ihr „vorgelegtes“ Privatgutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen dem Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen zur Erstattung eines „Obergutachtens“ stattgeben hätte müssen. Bei der Beurteilung der Frage, welcher Wert einem Privatgutachten im Verfahren zukomme, habe das Erstgericht die rechtlich unrichtige Beurteilung getroffen, dass es sich dabei lediglich um ein Gefälligkeitsgutachten handle.

2. Eine im Verfahren zweiter Instanz unterlassene Rechtsrüge kann jedoch in dritter Instanz auch im Außerstreitverfahren nicht mehr nachgeholt werden (RIS‑Justiz RS0043480 [T12]). Die Mutter hat im Rekurs nur den Rekursgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht (und konsequenterweise auch im Rekurs nur einen Aufhebungsantrag gestellt). Die Frage, welche Bedeutung die Tatsacheninstanzen einem von einer Partei vorgelegten Privatgutachten beigemessen haben, betrifft die in dritter Instanz nicht angreifbare Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0043291 [T3]). Dies gilt auch, wenn, wie im vorliegenden Fall, zwar kein Privatgutachten formell vorgelegt wurde, jedoch mit dem gerichtlichen Sachverständigen die vom Privatgutachter erzielten Ergebnisse (ausführlich) erörtert wurden.

3. Die von der Mutter behaupteten Verfahrensmängel hat bereits das Rekursgericht verneint, sodass sie nicht neuerlich im Revisionsrekurs geltend gemacht werden können (RIS‑Justiz RS0050037). Diese Grundsätze gelten zwar nicht, wenn sie den Interessen des minderjährigen Kindes, insbesondere seinem Wohl, widersprechen (RIS‑Justiz RS0050037 [T1, T4]), was jedenfalls in Obsorge‑ und Kontaktrechtsverfahren zu berücksichtigen ist (10 Ob 32/16b mwH). Einen solchen Widerspruch zeigt die Revisionsrekurswerberin aber nicht auf, wenn sie lediglich behauptet, dass nach Einholung eines „Obergutachtens“ das Erstgericht zum Ergebnis gelangt wäre, dass die Obsorge für die Tochter ausschließlich der Mutter zukommen sollte und das dem Vater eingräumte Kontaktrecht zu weitreichend sei.

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