OGH 12Os107/17b

OGH12Os107/17b15.3.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. März 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ettl als Schriftführerin in der Rechtshilfesache betreffend Mihael K***** wegen Beschlagnahme einer Liegenschaft durch gerichtliches Verbot der Veräußerung und Belastung, AZ 8 HR 35/12d des Landesgerichts Klagenfurt, über den Antrag des Genannten auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO nach Einsichtnahme durch die Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00107.17B.0315.000

 

Spruch:

Im Verfahren 12 Os 107/17b, 108/17z wird die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den vom Obersten Gerichtshof am 23. Jänner 2017 zu 13 Os 49/16d gestellten Antrag auf Vorabentscheidung abgewartet.

 

Gründe:

Mit Beschluss vom 15. Februar 2012, GZ 8 HR 35/12d‑4 des Landesgerichts Klagenfurt, wurde Mihael K***** in dem aufgrund eines Rechtshilfeersuchens des US‑Department of Justice vom 26. Jänner 2012 geführten Verfahren über Antrag der Staatsanwaltschaft Klagenfurt verboten, die ihm gehörige Liegenschaft EZ ***** GB ***** zu veräußern und/oder zu belasten. Diese Maßnahme wurde vorerst bis 15. Februar 2015 befristet und in der Folge bis 15. Februar 2016 verlängert (ON 14).

Dem vorliegenden Rechtshilfeersuchen liegt eine in den Vereinigten Staaten von Amerika erhobene Anklage wegen der – in einem Tatzeitraum von etwa 2000 bis zumindest 2008 – begangenen Verschwörung zur Geldwäsche, der Verschwörung zum Vertrieb anaboler Steroide und der Verschwörung zum Import von anabolen Steroiden in die Vereinigten Staaten und eine einstweilige Verfügung des Bezirksgerichts der Vereinigten Staaten für den Bezirk des Bundesstaats Massachusetts vom 27. Oktober 2010 zugrunde, der zufolge die Erhaltung der Verfügbarkeit des genannten Grundstücks des Mihael K***** gesichert werden soll, um im Fall einer Verurteilung samt erklärter Einziehung jeglichen Eigentums, das aus Erlösen der Straftaten stammt, die Vollstreckung zu ermöglichen (vgl im Einzelnen ON 4 S 2 bis 9).

Mit Beschluss vom 13. Februar 2017 (ON 35) hat das Rechtshilfegericht Mihael K***** gemäß § 115 Abs 4 (§ 109 Abs 2 lit b) iVm Abs 1 Z 3 StPO unter sinngemäßer Anwendung des § 379 EO weiterhin verboten, die in Rede stehende Liegenschaft zu veräußern und/oder zu belasten. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme wurde – beruhend auf den Grundsätzen des § 58 ARHG – bis 15. Februar 2018 befristet.

Der dagegen gerichteten Beschwerde des Mihael K***** gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 20. April 2017, AZ 9 Bs 9/17m, nicht Folge.

Dagegen richtet sich der auf § 363a Abs 1 StPO per analogiam gestützte Antrag des Mihael K***** auf Erneuerung des Strafverfahrens, der eine Verletzung des Art 6 EMRK bzw von Art 47 GRC sowie des Art 1 1. ZPEMRK bzw Art 17 GRC behauptet.

Rechtliche Beurteilung

Im Verfahren 13 Os 49/16d hat der verstärkte Senat des Obersten Gerichtshofs mit Beschluss vom 23. Jänner 2017 ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gerichtet. Die in diesem Ersuchen gestellte Rechtsfrage, ob das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass es den Obersten Gerichtshof verpflichtet, über Antrag eines Betroffenen die Überprüfung einer rechtskräftigen Entscheidung eines Strafgerichts hinsichtlich behaupteter Verletzung von Unionsrecht vorzunehmen, wenn das nationale Recht (§ 363a StPO) eine solche Überprüfung nur hinsichtlich behaupteter Verletzung der EMRK oder eines ihrer Zusatzprotokolle vorsieht, ist entscheidungsrelevante Vorfrage für das gegenständliche Verfahren, in dem der Erneuerungswerber seinen Antrag (auch) auf Art 17 und 47 GRC stützt.

Da der Oberste Gerichtshof auch in Rechtssachen, in denen er nicht unmittelbar Anlassfallgericht ist, von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des EuGH auszugehen und diese auch für andere als die unmittelbaren Anlassfälle anzuwenden hat, ist im vorliegenden Verfahren – wie auch bereits zu 12 Os 136/16s, 137/16p in dieser Sache – aus prozessökonomischen Gründen die Entscheidung des EuGH zu 13 Os 49/16d abzuwarten ( http://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&GZ=4Ob92/14d&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True gl RIS‑Justiz RS0110583).

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