OGH 24Ds4/17y

OGH24Ds4/17y5.3.2018

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 5. März 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Fetz und Dr. Sturm‑Wedenig sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes über die Berufung des Beschuldigten wegen Schuld und Strafe gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 26. April 2017, AZ D 10/16, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Leitner, sowie des Kammeranwalts Dr. Lindner zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0240DS00004.17Y.0305.000

 

Spruch:

 

Der Berufung wegen Schuld wird nicht Folge gegeben.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Erkenntnis – das im Übrigen unberührt bleibt – in der Subsumtion zu 1./ auch dem Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt ersatzlos sowie im Strafausspruch aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

***** wird für die zu 1./ und 2./ verbleibenden Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt zu einer Geldbuße von 1.500 Euro verurteilt.

Mit seiner Berufung wegen Strafe wird er auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Rechtsanwalt ***** der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten (1./) und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes (1./ und 2./) nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt schuldig erkannt und zu einer Geldbuße von 2.000 Euro verurteilt.

Danach hat er in *****

1./ im Juni 2014 von seinen Mandanten Johannes und Gabriele M***** ein Kostenakonto in Form einer Barzahlung von 1.000 Euro entgegengenommen, welche in der Folge nicht belegt und versteuert wurde, sowie

2./ es nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zu den Genannten Ende 2014 unterlassen, diese Akontozahlung abzurechnen.

Er habe dadurch zu 1./ gegen § 9 Abs 1 RAO und § 1 Abs 2 RL‑BA 2015 und zu 2./ gegen § 9 RAO verstoßen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten wegen der Aussprüche über die Schuld (zur Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen in deren Rahmen vgl RIS‑Justiz RS0128656) und die Strafe.

Der Schuldberufung zu 1./ bestehen gegen die Richtigkeit der Feststellungen des Disziplinarrats, wonach der Beschuldigte den von seinen Mandanten entgegengenommenen Betrag von 1.000 Euro nicht belegt und versteuert hat, keine Bedenken. Denn aus den Aussagen der Zeugen Johannes und Gabriele M*****, dass vereinbart worden sei, den übergebenen Betrag „schwarz“ zu zahlen, durfte ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und gegen grundlegende Erfahrungswerte der Schluss gezogen werden, dass diese Summe in der Folge tatsächlich nicht belegt und versteuert wurde (vgl RIS‑Justiz RS0098471). Mit Divergenzen in den Aussagen der beiden Zeugen hat sich der Disziplinarrat in diesem Zusammenhang ebenso mängelfrei auseinandergesetzt wie mit der den Vorwurf in Abrede stellenden Verantwortung des Beschuldigten (ES 4 f). Dass den Zeugen nur bezüglich eines Teils ihrer Angaben geglaubt wurde, im Übrigen aber nicht, erweckt keine Bedenken (vgl RIS‑Justiz RS0098372). Nicht zu beanstanden ist die plausibel begründete Einschätzung des Disziplinarrats, den auf der Beilage ./2 befindlichen Vermerk, wonach die Kündigung der Vollmacht aufgrund ausstehender Zahlungen der Anzeiger durch den Beschuldigten erfolgt sei, angesichts der übrigen, auf eine Vollmachtsauflösung durch die Anzeiger hindeutenden Verfahrensergebnisse als bloße Verschleierungsmaßnahme zu werten (ES 5). Unbedenklich ist fallbezogen auch die – unter dem Aspekt des „nemo-tenetur-Prinzips“ zu prüfende – ergänzende Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beschuldigte keine Nachweise für die ordnungsgemäße Verbuchung und Versteuerung vorgelegt hat (ES 4), weil sich die Verurteilung nicht ausschließlich oder hauptsächlich auf diese Weigerung stützt und die den Beschuldigten belastenden Zeugenangaben vorliegend nach seiner Mitwirkung riefen (RIS‑Justiz RS0120768; Kirchbacher in WK-StPO § 245 Rz 47). Die Berufungsbehauptung, dass mit dem Vermerk auf Beilage ./2, wonach die Anzeiger keine Zahlungen geleistet hätten, lediglich dokumentiert worden sei, dass sie nicht die gesamte vereinbarte Anzahlung geleistet hätten, vermag die am klaren Wortlaut des Vermerks orientierte Beweiswürdigung (ES 5) ebenfalls nicht zu erschüttern.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu 2./ behauptet einen Rechtsfehler mangels Feststellungen, indem sie davon ausgeht, dass ein Rechtsanwalt nur im Fall des Verlangens seines Auftraggebers verpflichtet wäre, eine Abrechnung zu legen. Dem entgegen hat der Anwalt nach Abschluss seiner Tätigkeit eine Abrechnung unter allen Umständen – und damit unabhängig von einem ausdrücklichen Verlangen seines Klienten – zu erstellen (RIS‑Justiz RS0106285; AnwBl 1990, 3447); diese Verpflichtung betrifft auch die Abrechnung einer Akontozahlung ( Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek RAO 9 § 1 Rz 24).

Der Berufung wegen Schuld war daher ein Erfolg zu versagen.

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch (§ 290 Abs 1 StPO), dass die Unterstellung der zu 1./ angeführten Tat auch dem Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt rechtlich verfehlt ist (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO). Denn eine Berufspflichtenverletzung setzt voraus, dass der Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufs, nicht aber in eigener Sache gehandelt hat (RIS‑Justiz RS0054900; RS0054951; RS0118449). In seinen eigenen Abgabensachen kann er daher eine Berufspflichtenverletzung nicht begehen (RIS‑Justiz RS0054936). Demgemäß wird durch den Umstand, dass der Beschuldigte das von ihm in Empfang genommene Kostenakonto nicht belegt und versteuert hatte, lediglich das Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes, nicht aber jenes der Verletzung von Berufspflichten verwirklicht, weshalb das Erkenntnis in der letztgenannten rechtlichen Beurteilung ersatzlos zu kassieren war.

Bei der erforderlichen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof den bisher untadeligen standesrechtlichen Wandel als mildernd, das Zusammentreffen zweier Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes hingegen als erschwerend. Die verhängte Geldbuße von 1.500 Euro entspricht Tatunrecht und Täterschuld und nimmt auch auf die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten hinreichend Bedacht.

Mit seiner Strafberufung war der Beschuldigte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.

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