OGH 9ObA7/18x

OGH9ObA7/18x27.2.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker und Werner Krachler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W*****GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Burgstaller & Preyer Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei K***** O*****, vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 20.894,20 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 24. November 2017, GZ 9 Ra 97/17a‑15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00007.18X.0227.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Soll der Arbeitnehmer iSd § 2d Abs 2 erster Satz AVRAG zum Rückersatz von Ausbildungskosten verpflichtet werden, so muss noch vor einer bestimmten Ausbildung eine schriftliche Vereinbarung darüber geschlossen werden, aus der auch die konkrete Höhe der zu ersetzenden Ausbildungskosten hervorgeht (RIS‑Justiz RS0127499). Dieser Rechtsprechung liegt der Gesetzeszweck zugrunde, für den Arbeitnehmer Transparenz über die Bedingungen für den Rückersatz der Kosten seiner Ausbildung zu schaffen. Ihm soll ersichtlich sein, auf welche Verpflichtungen er sich künftig einlässt, weil er nur so die finanzielle Tragweite der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in jenem Zeitraum, für den eine Kostenerstattungspflicht vereinbart wurde, ermessen kann. Nur so kann eine sittenwidrige Beschränkung der Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers vermieden werden (9 ObA 125/11i; 8 ObA 92/11d).

Diese Grundsätze sind auf die – viel heiklere ( Reissner in ZellKomm 2 § 2d AVRAG Rz 18) – Vereinbarung der Rückforderung des während einer Ausbildung fortgezahlten Entgelts iSd § 2d Abs 2 zweiter Satz AVRAG übertragbar, weil auch diese Vereinbarung nach dem Gesetzeszweck so gestaltet sein muss, dass sie zu keiner wesentlichen und einseitigen Beschränkung der Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers führt (Initiativantrag 605/A XXII. GP 7).

Die Frage, ob eine zwischen den Arbeitsvertragsparteien getroffene Vereinbarung iSd § 2d Abs 2 AVRAG dem Transparenzgrundsatz entspricht, kann regelmäßig nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 502 Abs 1 ZPO aber nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die ausnahmsweise zur Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur bedürfte. Dies ist hier aber nicht der Fall.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts trägt die Vereinbarung der Rückforderung von „1/60 der Kosten der bezahlten Dienstfreistellung“ dem Transparenzgrundsatz nicht ausreichend Rechnung. Der Rückzahlungsvereinbarung fehle jegliche betragliche Präzisierung, sodass aus ihr die konkrete Höhe des zu ersetzenden Entgelts nicht hervorgehe. Da zudem die Vereinbarung selbst auch keinen Hinweis auf das zeitliche Ausmaß der kursbedingten Dienstfreistellung enthalte, bleibe für die Klägerin das Ausmaß des zu erwartenden Rückersatzanspruchs aus dem Titel der Kosten der Dienstfreistellung weitgehend im Dunkeln.

Diese rechtliche Beurteilung ist vertretbar. Dass eine exakte Ausweisung des Rückzahlungsbetrags „auf den Cent genau“ oft nicht möglich ist – so die Revision –, ist zweifellos richtig; dies ist aber auch nicht erforderlich, um die Rückzahlungsvereinbarung in Bezug auf das während der Ausbildung fortgezahlte Entgelt transparent zu gestalten. Überlegungen der Revisionswerberin, dass den Arbeitnehmer „schließlich“ sein Gehalt bekannt sei übergehen, dass im Anlassfall nur vage auf „Kosten der bezahlten Dienstfreistellung“ abgestellt wurde.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

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