OGH 6Ob90/17d

OGH6Ob90/17d21.12.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V* OG, *, vertreten durch Mag. Herta Bauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei H* GmbH, *, vertreten durch Mag. Tina Philipp‑Rampa, Rechtsanwältin in Wien, wegen 8.231,14 EUR sA (Revisionsinteresse 6.817,90 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Jänner 2017, GZ 1 R 149/16g‑38, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 9. Juni 2016, GZ 18 C 242/14s‑34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E120765

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten

 

Begründung:

Die Klägerin begehrte insgesamt 8.231,14 EUR aus dem Titel des Schadenersatzes. Dabei handle es sich um 299,52 EUR Festnetzkosten, um 259 EUR Portierungsentgelte, um 854,72 EUR aus der Endabrechnung sowie um insgesamt 6.817,90 EUR an Provisionsverlusten. Dazu brachte die Klägerin vor, sie sei früher Kundin der O* GmbH gewesen. Anfang 2013 habe die Beklagte diese „übernommen“. Es sei ab März 2013 zu erheblichen und weitreichenden Netzstörungen gekommen. Die Klägerin sei Versicherungsvermittlerin und als gewerbliche Vermögensberaterin an den Standorten in Wien und Wörgl tätig. Erstmals hätten die Geräte keinen Empfang gehabt und seien laufende Gespräche mehrmals unterbrochen worden. Da es trotz Rüge zu keiner Verbesserung der Netzqualität gekommen sei, habe die Klägerin zum 31. 10. 2013 ihre Mobilfunkverträge aus wichtigem Grund gekündigt.

Aufgrund der schlechten Netzqualität habe die Klägerin Mehrkosten für die Nutzung des Festnetzes in Höhe von 299,52 EUR gehabt. Durch den zwingend notwendigen Wechsel des Mobilfunkbetreibers habe sie Portierungsentgelte in Höhe von 259 EUR aufwenden müssen. Die Beklagte habe an Kosten aufgrund der Vertragsauflösung 854,72 EUR geltend gemacht. Schließlich habe die Klägerin aufgrund der schlechten bis nicht vorhandenen Erreichbarkeit aufgrund der Netzprobleme auch Provisionsverluste in Höhe von insgesamt 6.817,90 EUR erlitten.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und brachte vor, sie habe vereinbarungsgemäß ein Mobilfunknetz mit einer dem Stand der Technik und der vertraglichen Vereinbarung entsprechenden Netzabdeckung betrieben. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum eine Versicherung wegen des unabhängigen Maklers aufgekündigt werden sollte.

Das Erstgericht gab der Klage hinsichtlich 1.413,24 EUR samt gestaffelten Zinsen statt und wies das Mehrbegehren über 6.817,90 EUR ab.

Dabei ging das Erstgericht im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Ab März 2013 kam es bei den Mobiltelefonen der Klägerin bis zumindest Ende Oktober 2013 zu erheblichen und weitreichenden Netzstörungen. Die Mobiltelefone waren regelmäßig nicht erreichbar, obwohl sie sich in einem Gebiet mit grundsätzlich vorhandener Netzabdeckung befanden. Anrufer wurden auf die Mailbox oder zu sonstigen Ansagetexten umgeleitet. Laufende Gespräche wurden auch in Gebieten mit grundsätzlich vorhandener Netzabdeckung abgebrochen. Letzteres ereignete sich auch in Ballungsräumen bei sechs Mobiltelefonen bei einem Drittel bis 90 % aller Gespräche, teilweise mehrmals innerhalb eines Gesprächs.

Ein Kunde schloss ein Sparprodukt ausschließlich aufgrund der Tatsache, dass der Geschäftsführer der Klägerin wegen der von der Beklagten verursachten Verbindungsprobleme am Mobiltelefon nicht erreichbar war, nicht ab. Der Klägerin entging dadurch eine Provision in Höhe von 3.420 EUR. Zwei weitere Kunden lösten über die Klägerin vermittelte Verträge ausschließlich deshalb vorzeitig auf, weil der Geschäftsführer der klagenden Partei wegen der von der Beklagten verursachten Verbindungsprobleme am Mobiltelefon nicht erreichbar war. Dadurch hatte die Klägerin bereits erhaltene Provisionen in Höhe von 1.782,53 EUR sowie 1.615,37 EUR zurückzuzahlen.

Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass die Beklagte entgegen dem abgeschlossenen Mobilfunkvertrag nicht eine dem Stand der Technik zu erwartende Netzqualität zur Verfügung gestellt habe. Daher sei die Klägerin zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen. Die Ansprüche für Mehrkosten für die Nutzung des Festnetzes, die Portierungsentgelte und die Kosten für die Vertragsauflösung seien berechtigt. Hingegen seien die Ansprüche hinsichtlich der Provisionsverluste nicht berechtigt, weil die Beklagte den Schaden nicht adäquat verursacht habe. An der Adäquanz fehle es, wenn die Möglichkeit eines bestimmten Schadenseintritts so weit entfernt sei, dass nach der Lebenserfahrung vernünftigerweise eine solche Schädigung nicht in Betracht gezogen zu werden brauche.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Ein Mobilfunkvertrag sei ein Mischvertrag mit dienst‑ und mietvertraglichen Elementen. Nach der deutschen Rechtsprechung sei ein Mobilvertrag als besondere Form des Telefondienstvertrags zu verstehen.

Aufgrund der Einordnung des Mobilfunkvertrags als Bestandvertrag durch den Obersten Gerichtshof seien auch die bestandvertraglichen Modifikationen des Gewährleistungsrechts, insbesondere §§ 1096 und 1117 ABGB, zu beachten. Bei Verschulden des Vermieters hafte dieser überdies für den Ersatz des Schadens.

Die Klägerin verweise zutreffend auf § 349 UGB, der zwischen den Parteien dieses Verfahrens zur Anwendung gelange. Unabhängig davon stelle sich für das Berufungsgericht die Frage, ob der bloße Vermittler von Nachrichten Schäden zu ersetzen habe, die in einem gänzlichen oder teilweisen Nutzungsausfall der Telekommunikationsverbindung ihre Ursache hätten. Hinsichtlich der Post sei allgemein bekannt, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen Haftungseinschränkungen vorsähen, die vom Berufungsgericht nicht als sittenwidrig oder gesetzeswidrig oder dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG widersprechend beurteilt wurden. Auch sei auf die Bestimmungen des ehemaligen Postgesetzes 1957, §§ 32 und 38, zu verweisen, wonach eine Haftung der Höhe nach mit dem Wert der Sendung beschränkt gewesen sei. Nach Auffassung des Berufungsgerichts schulde ein Anbieter eines Mobilfunkvertragsnetzes in der Regel keine 100%ige Verfügbarkeit seiner Leistungen. Die Bejahung eines Schadenersatzanspruchs würde zu einer uferlosen Weite für den Mobilfunkbetreiber führen, sodass ein solcher Anspruch mangels Adäquanz ausscheide.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur hier relevanten Rechtsfrage vorliege.

Die Revision ist zulässig; sie ist im Sinne der Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen auch berechtigt.

1.1. Nach herrschender Auffassung sind Mobilfunkverträge Mischverträge sui generis mit dienstvertraglichen und mietvertraglichen Elementen (Riesz/Schilchegger, TKG [2016] § 25 Rz 126; Kletečka in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 1166 Rz 113; Goldbacher/Dama, Zur Sperrverpflichtung der Kommunikationsanbieter bei Kostenüberschreitung – eine Replik, MR 2014, 113 ff; Zankl, Qualifikation und Dauer von Mobilfunkverträgen, ecolex 2005, 29 ff; 6 Ob 69/05y; 9 Ob 69/11d; 7 Ob 217/13g; 5 Ob 205/13b; 2 Ob 20/15b; 6 Ob 233/15f).

1.2. Nach herrschender Ansicht sind die Dienste eines Netzbetreibers nicht erfolgsbezogen; er hat kein Werk herzustellen. Ein Mobilfunknetzbetreiber stellt ein selbständiges, vollautomatisiertes Netz und technische Einrichtungen zur Verfügung, welche bei Vertragsabschluss mit einem Kunden schon bestehen und von allen Kunden genutzt werden können. Das Funknetz samt technischen Einrichtungen ist als unverbrauchbare Gesamtsache im Sinne des § 1090 ABGB zu qualifizieren, die dem Kunden zur Verfügung gestellt wird (7 Ob 217/13g; 6 Ob 69/05y).

1.3. Dass der Aufbau einer Gesprächsverbindung und die Übertragung von Nachrichten werkvertragliche Elemente im Sinne der Erbringung eines Erfolgs beinhalten, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Einerseits treten diese Elemente hinter dem mietvertraglichen Vertragselement der Nutzung der Infrastruktur zurück (6 Ob 69/05y; 7 Ob 217/13g). Andererseits ist entscheidend, ob der Erfolg eigens „hergestellt“ oder durch Gebrauchsüberlassung „zur Verfügung gestellt“ wird (Zankl, ecolex 2005, 30). Hinzu kommt, dass die Herstellung einer Gesprächsverbindung bzw die Übertragung einer Nachricht keinen Leistungsakt des Netzbetreibers erfordert, sondern von der Infrastruktur selbst besorgt wird (Zankl aaO).

1.4. Das häufig vereinbarte verbindungsunabhängige Grundentgelt ist ein Indiz für die mietvertragliche Einordnung, weil dadurch eine Zahlungsverpflichtung des Kunden auch ohne herzustellenden Verbindungserfolg des Unternehmers entsteht. Es handelt sich vielmehr um eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung, das Charakteristikum eines Mietvertrags (Zankl aaO). Zudem ordnet das Telekommunikationsgesetz in § 25 Abs 4 Z 4 das Bestehen von Entschädigungs‑ und Erstattungsregelungen bei Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Dienstqualität an. Solche Gewährleistungsregelungen sind dem Mietvertrag nicht fremd, können aber ein Argument gegen die Einstufung als Dienstvertrag sein (Zankl aaO), weil sich ein Kunde nicht mit dem „Bemühen“ des Netzbetreibers zufrieden geben muss.

2.1. In Deutschland qualifizieren Rechtsprechung und ein Teil der Lehre Mobilfunkverträge demgegenüber als Dienstleistungsverträge (Dienstverträge, vgl BGH III ZR 5/01; BGH III ZR 199/01; BGH III ZR 96/03; BHG III ZR 338/04; Busche in MünchKom BGB § 631 Rz 279; Munz in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB‑Klauselwerke, Telekommunikationsverträge Rz 2 ff mwN). Der überwiegende Teil der Lehre geht demgegenüber von einem Mischvertrag bzw einem Vertrag sui generis aus (Schuster in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien³ BGB § 307 Rz 42; Munz in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB‑Klauselwerke, Telekommunikationsverträge Rz 6; Graf von Westphalen/Grote/Pohle, Der Telefondienstvertrag [2000] 172; Pohle in Auer‑Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT‑ und Datenschutzrecht² § 31 Rz 96). Es wird damit argumentiert, dass nach dem Parteiwillen nicht bloß ein Bemühen geschuldet sein könne. Kunden würden eine permanente Netzverfügbarkeit und eine funktionsfähige Verbindung in mehr als 99 % der Fälle erwarten. Vor allem im unternehmerischen Bereich stehe die ständige Erreichbarkeit und Funktionsfähigkeit des Netzes im Vordergrund, was für „mehr als ein Bemühen“ spreche (Schuster in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien3 BGB § 307 Rz 40 f).

2.2. Eine Einordnung als Werkvertrag wird wegen der dienstvertraglichen Elemente (verbindungsunabhängiges Grundentgelt, Möglichkeit des Netzausfalls bei Stoßzeiten oder Überlastungen, Fehlen einer „Werkschöpfung“ des Unternehmers) abgelehnt. Dagegen sprächen auch die Gewährleistungsvorschriften, weil bei einer Störung des Mobilfunknetzes und eines Telefongesprächs eine Nachbesserung oder Mängelbeseitigung nicht denkbar sei (Graf von Westphalen/Grote/Pohle aaO Rz 174 f).

2.3. Eine rein mietvertragliche Qualifikation wird im deutschen Recht überwiegend abgelehnt (Munz in Graf von Westphalen aaO Rz 2; vgl auch Pohle in Auer‑Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT‑ und Datenschutzrecht² § 31 Rz 96). Wenngleich es gewisse Elemente mietvertraglicher Natur gebe, führe die faktische Inanspruchnahme einer Sache zur Erfüllung der vertraglichen Hauptpflicht nicht zu deren Miete. Dem Kunden sei allein an der Übertragung seiner Daten gelegen. Die physischen Gegenstände seien nur Mittel zur tatsächlichen Vertragserfüllung.

2.4. Letztlich hat es auch unter Berücksichtigung all dieser Überlegungen dabei zu bleiben, dass Mobilfunkverträge Mischverträge sui generis mit dienstvertraglichen und mietvertraglichen Elementen sind.

3.1. Die Pflichten des Netzbetreibers richten sich grundsätzlich nach dem Vertrag, wobei dem Vertragszweck und dem Parteiwillen besondere Bedeutung zukommt. Ein wesentlicher Leistungsinhalt eines Mobilfunkvertrags besteht darin, dass der Netzbetreiber dem Kunden das gesamte Funknetz samt technischen Einrichtungen (eine unverbrauchbare Gesamtsache im Sinne des § 1090 ABGB) zum Gebrauch zur Verfügung zu stellen hat (Riesz/Schilchegger, TKG § 25 Rz 126; 6 Ob 69/05y; 7 Ob 217/13g). Für den Kunden ist dabei nicht von Relevanz, wie die Datenübertragung erfolgt, sondern allein die Tatsache, dass diese erfolgt. Das Freischalten der Rufnummer, der Mailbox oder in Datenbanken der Telekommunikationsnetze sind als notwendige Nebenpflichten des Netzbetreibers zu qualifizieren; von Teilen der Lehre werden diese aber auch als zusätzliche Hauptpflichten angesehen (vgl Pohle in Auer/Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT‑ und Datenschutzrecht² § 31 Rz 131).

3.2. Den Mobilfunkbetreiber trifft in der Regel die Pflicht, das Netz entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik anzubieten. Nach § 25 Abs 4 Z 2 lit c TKG haben die Allgemeinen Geschäftsbedingungen Regelungen über die „vertraglich zugesicherte Dienstqualität“ zu enthalten. Üblicherweise verpflichten sich Netzbetreiber dazu, das Mobilfunknetz nach dem „jeweiligen Stand der Technik“ anzubieten (Pohle aaO § 31 Rz 171; Kropf/Harder in Spindler, Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter Teil V Rz 7 ff). Beim Stand der Technik ist davon auszugehen, dass nicht eine 100%ige Verfügbarkeit der Leistung geschuldet ist (Pohle aaO § 31 Rz 171), zumal es schon rein technisch nicht möglich ist, ein permanent störungsfreies Netz allerorts anzubieten. Der konkrete Umfang hat sich nach den konkreten vertraglichen Vereinbarungen und Rahmenbedingungen zu richten (vgl zur Annahme einer 99%igen Verfügbarkeit als übliche Erwartung der Kunden Schuster in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien³ BGB § 307 Rz 40; sowie zu den Vorgaben für den Universaldienst § 27 TKG und die Universaldienstverordnung BGBl II Nr 192/1999).

3.3. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen traten im Zeitraum März bis Oktober 2013 massive Störungen auf, die bei einem Drittel bis 90 % aller Telefonate zum Abbruch von Gesprächen führten. Dass diese Qualität nicht den Vorgaben entspricht, stellt die Beklagte gar nicht mehr in Abrede.

4.1. Die technischen Störungen führten nach den Feststellungen der Vorinstanzen dazu, dass der Klägerin dadurch Provisionen entgingen bzw diese bereits verdiente Provisionen zurückzahlen musste, weil die Kunden ihre Verträge vorzeitig beendeten. Am Vorliegen eines Schadens kann daher kein Zweifel bestehen, ebensowenig an dessen Verursachung durch die beklagte Partei.

4.2. Die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB erstreckt sich auch auf die objektive Sorgfaltswidrigkeit (Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1298 Rz 6; Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1298 Rz 2; Karner in KBB5 § 1298 Rz 2; Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 1298 Rz 17, 21).

4.3. Nach herrschender Auffassung gilt § 1298 ABGB jedoch nur für Erfolgsverbindlichkeiten. Bei Sorgfaltsverbindlichkeiten scheidet die Beweislastumkehr deswegen aus, weil die vom Gläubiger zu beweisende Nichterfüllung in der Regel erst dadurch feststeht, dass die Sorgfaltsverletzung nachgewiesen wird (RIS-Justiz RS0026458). In diesem Bereich wird allerdings die Beweislast des Gläubigers durch den Anscheinsbeweis erleichtert, dem schon dann genüge getan ist, wenn ein Sachverhalt nachgewiesen ist, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf einen typischen Geschehensablauf hindeutet (Wagner aaO § 1298 Rz 11; vgl auch Kodek aaO § 1298 Rz 4, 14). Darauf ist jedenfalls unter dem Aspekt der Beweisnähe (RIS-Justiz RS0040182; vgl auch RS0039895) auch hier zurückzugreifen, weil dem Vertragspartner des Telekommunikationsunternehmens der Nachweis von konkreten Sorgfaltsverletzungen als Ursache von erheblichen Ausfällen regelmäßig nicht möglich sein wird, liegen diese doch allein in der Sphäre des Unternehmens.

4.4. Bei der nachgewiesenen Ausfallshäufigkeit ist davon auszugehen, dass dem Kläger der Anscheinsbeweis für eine Pflichtverletzung geglückt ist.

5.1. Die Vorinstanzen verneinten die Ersatzfähigkeit des Provisionsentgangs jedoch mit dem Hinweis auf die fehlende Adäquanz. Die Adäquanztheorie versucht, anhand objektiver Kriterien die Verantwortlichkeit des Schädigers einzugrenzen (RIS-Justiz RS0022952; Koziol, Haftpflichtrecht I³ Rz 8/3; Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 1295 Rz 14; Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1295 Rz 7). Der Schädiger soll grundsätzlich nicht die Haftung für atypische Schäden übernehmen müssen, die nur durch ein zufälliges, objektiv unvorhersehbares Zusammentreffen von Umständen entstanden sind. Daher wird der Haftungsumfang auf Schäden beschränkt, die nach allgemeiner Lebenserfahrung objektiv vorhersehbar sind (Koziol aaO Rz 8/8 ff; RIS‑Justiz RS0098939, RS0022944, RS0022606).

5.2. Der Umstand, dass das Nichtfunktionieren eines Mobilfunknetzes bei einem Versicherungsvermittler zu geschäftlichen Nachteilen führen kann, liegt nicht völlig außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung (vgl dazu etwa das Landgericht Frankfurt am Main 13 O 61/06), gehört es doch zu den typischen Tätigkeiten eines Vermittlers, mit seinen Kunden in einem intensiven Kontakt zu stehen.

5.3. Eine anderer Frage ist jedoch, inwieweit auch das Risiko aus dem Verhalten einzelner Kunden durch den Mobilfunkvertrag des Vermittlers abgedeckt werden soll. Dies spricht die Frage des sogenannten Rechtswidrigkeitszusammenhangs an. Im vertraglichen Bereich soll derjenige, der eine Vertragspflicht verletzt, nur insofern haften, als jene Interessen verletzt sind, deren Schutz die übernommene Vertragspflicht bezweckt (Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 1295 Rz 25).

5.3.1. Zur Beurteilung der konkreten Vertragspflichten ist auf den Vertragstypus, das etwaige Entgelt (insbesondere, ob dieses einer übernommenen Risikotragung entspricht) und auf die objektive Erkennbarkeit abzustellen (Koziol, Haftpflichtrecht I³ Rz 8/49 ff; Kodek aaO § 1295 Rz 26; RIS‑Justiz RS0017850).

5.3.2. Bestimmte Interessen des Gläubigers, wie etwa die Weiterveräußerung der geschuldeten Sache oder auch die Aufrechterhaltung einer Geschäftsbeziehung mit einem Dritten (vgl 1 Ob 587/84, SZ 57/173) sind vom Schuldner nur dann zu ersetzen, wenn ihm das Interesse erkennbar war und sein Verhalten und das vereinbarte Entgelt dahin verstanden werden kann, dass das Risiko Vertragsgegenstand wurde (Koziol, Haftpflichtrecht I³ Rz 8/52).

5.3.3. Wenn es um die Aufrechterhaltung von Geschäftsbeziehungen des Berechtigten zu Dritten geht, so spricht für eine Einschränkung der Haftung auch der für den Verpflichteten schwer vorhersehbare Entschluss des Dritten (Koziol aaO; RÍS-Justiz RS0017850). Dabei hat der Oberste Gerichtshof etwa die Haftung eines Subfrächters für die durch sein Fehlverhalten bewirkte Auflösung eines mehrere Transporte umfassenden Frachtvertrags durch den Absender verneint (1 Ob 587/84 SZ 57/173). Ausgehend davon kann aber das noch viel weniger vorhersehbare Risiko aus den Entscheidungen einzelner Vertragspartner des aus dem Mobilfunkvertrag berechtigten Vermittlers im Zusammenhang mit Schwierigkeiten bei der Mobilfunkverbindung (trotz Festnetz etc) nicht als abgedeckt erachtet werden, soll doch der Mobilfunkvertrag nur die Erreichbarkeit des Vermittlers allgemein verbessern, nicht aber das Risiko individueller Kommunikationsbedürfnisse und Entscheidungen von dem verpflichteten Telekommunikationsunternehmen gar nicht bekannten Kunden des Vermittlers.

5.3.4. Diese insbesondere aus der Unabsehbarkeit des Verhaltens einzelner Vertragspartner des Kunden des Telekommunikationsunternehmens abgeleitete Einschränkung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs trifft aber nicht in gleicher Weise auf allgemeine, durch die schlechte Erreichbarkeit bewirkte Gewinneinbußen zu. Es ist durchaus denkbar, dass derartige Risken unter bestimmten Umständen als vom Vertrag erfasst anzusehen sind.

5.3.5. Inwieweit das Telekommunikations-unternehmen für durch die schlechtere Erreichbarkeit nachweislich eingetretene Gewinneinbußen einzustehen hätte (vgl Landgericht Frankfurt am Main 13 O 61/06 zu geschäftlich genutzten Telekommunikationsanbindungen als wirtschaftlich bedeutendes Gut; hingegen ablehnend zum privaten Bereich BGH III ZR 98/12), kann hier noch nicht beurteilt werden (vgl auch zum Wert der Nutzbarkeit § 25 Abs 4 Z 4 TKG über die verpflichtende Festlegung einer Entschädigungsregelung für die mangelnde Einhaltung der Dienstequalität und BGH III ZR 98/12). Bisher wurde ein näheres Vorbringen weder zur Art des Vertrags („Businessvertrag“) noch etwa zu während der Periode der schlechteren Erreichbarkeit im Jahr 2013 darauf zurückzuführende erwartbare Gewinneinbußen erstattet. Diese Fragen wurden mit den Parteien noch nicht erörtert.

5.3.6. Auch der Oberste Gerichtshof darf die Parteien nicht mit einer bisher nicht beachteten und nicht erörterten Rechtsansicht überraschen (RIS-Justiz RS0037300). Im fortgesetzten Verfahren wird daher zu erörtern sein, inwieweit das geschäftliche Interesse der Klägerin erkennbar war und das Verhalten und das vereinbarte Entgelt etwa dahin verstanden werden kann, dass das Risiko von erwartbaren Gewinneinbußen Vertragsgegenstand wurde und inwieweit während der Periode der schlechteren Erreichbarkeit im Jahr 2013 solche darauf zurückzuführende Gewinneinbußen eingetreten sind.

6. Die Revision der klagenden Partei erweist sich sohin im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das Erstgericht als berechtigt.

7. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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