OGH 20Ds18/17b

OGH20Ds18/17b22.11.2017

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 22. November 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als weiteren Richter und die Rechtsanwälte Dr. Grassner und Dr. Haslinger in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes, AZ D 5/15 (DV 18/15) der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer, über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Vorsitzenden des Disziplinarrats der genannten Kammer vom 17. Juli 2017, TZ 72, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0200DS00018.17B.1122.000

 

Spruch:

Der Beschwerde wird durch Festsetzung des Pauschalkostenbeitrags mit 1.200 Euro Folge gegeben.

 

Gründe:

Mit Erkenntnis des Disziplinarrats der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 20. Juni 2016, AZ D 5/15 (DV 18/15), TZ 55, wurde Rechtsanwalt ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 DSt schuldig erkannt und hiefür gemäß § 16 Abs 1 Z 2 DSt zu einer Geldbuße von 3.500 Euro verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Den dagegen gerichteten Berufungen des Disziplinarbeschuldigten sowie des Kammeranwalts gab der Oberste Gerichtshof mit – in Abwesenheit des Beschuldigten ergangenem – Erkenntnis vom 30. Mai 2017, 20 Os 14/16h, nicht Folge (TZ 71).

Einen am 12. Juli 2017 unmittelbar beim Obersten Gerichtshof eingebrachten Einspruch des *****, welcher behauptete, am zeitgerechten Erscheinen zur Berufungsverhandlung durch eine Reifenpanne gehindert gewesen zu sein, wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 27. September 2017, 20 Ds 14/17i, als verspätet zurück.

Mit dem jetzt angefochtenen Beschluss des Vorsitzenden des Disziplinarrats wurden die vom Disziplinarverurteilten zu ersetzenden Verfahrenskosten mit insgesamt 1.700 Euro bemessen (TZ 72).

Dagegen wendet sich dessen Beschwerde (TZ 74).

Dem auf das Fehlen der (in § 41 Abs 1 DSt statuierten) Voraussetzungen für die Kostenbestimmung abstellenden Vorbringen zuwider ist der vom Verurteilten erhobene Einspruch (§§ 51 Abs 4, 35 zweiter Satz DSt iVm § 427 Abs 3 StPO) kein ordentliches Rechtsmittel, sondern ein (im Ergebnis) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzielender Rechtsbehelf gegen das in seiner Abwesenheit ergangene Berufungserkenntnis (Bauer, WK‑StPO § 427 Rz 17; Fabrizy, StPO13 § 427 Rz 15; Lässig, WK‑StPO § 398 Rz 2), gegen welches ein ordentliches Rechtsmittel nicht offensteht (vgl VfGH E 1563/2015; G 373/2015; E 1618/2015; G 385/2015; E 1653/2015; G 394/2015). An der Rechtskraft des Erkenntnisses des Obersten Gerichtshofs vom 30. Mai 2017, 20 Os 14/16h, vermochte der Einspruch solcherart nichts zu ändern, weshalb bereits zum Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses die formalen Voraussetzungen für eine Kostenbestimmung (§ 41 Abs 1 DSt) gegeben waren.

Die Beschwerde ist aber auch nicht im Recht, soweit sie sich gegen die Höhe der Kosten mit der Behauptung richtet, der im vorliegenden „extrem kurzen“ Verfahren getätigte Aufwand erster und zweiter Instanz sei nicht „nennenswert“ bzw „nicht ersatzfähig“:

Mit Blick auf den hier aktuellen, durch die Faktenmehrzahl bewirkten Umfang des seit Februar 2015 anhängigen Verfahrens, den überdurchschnittlichen Ermittlungsaufwand (insbesondere Zeugenvernehmungen in der Gesamtdauer von 8,5 Stunden) im Vorverfahren sowie die Zeiten von Vorbereitung und Durchführung der Verhandlungen in erster und zweiter Instanz ist dies nicht nachvollziehbar.

Der Umstand, dass nicht nur der Berufung des Disziplinarbeschuldigten, sondern auch jener des Kammeranwalts mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 30. Mai 2017, 20 Os 14/16h, ein Erfolg versagt wurde, stellt keinen Fall beschränkter Kostenersatzpflicht dar (vgl RIS‑Justiz RS0057035).

Aufgrund der im Beschwerdeverfahren erstmals getätigten Angaben zu den – als unterdurchschnittlich zu bewertenden – Einkommensverhältnissen sowie unter Bedacht auf die Sorgepflichten für Gattin und ein minderjähriges Kind war der Beschwerde zur Vermeidung unbilliger Härten im spruchgemäßen Umfang allerdings Folge zu geben.

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