OGH 4Ob201/17p

OGH4Ob201/17p24.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei a***** gmbh, *****, vertreten durch die ANWALTGMBH Rinner Teuchtmann in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. J. ***** GmbH, *****, vertreten durch Piaty Müller‑Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, 2. J***** B*****, vertreten durch die Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Graz, wegen Feststellung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 35.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 20. September 2017, GZ 5 R 122/17a‑14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00201.17P.1024.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO, § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die erstbeklagte Partei erwirkte in einem Vorprozess gegen die klagende Partei nach einer einstweiligen Verfügung (vgl 4 Ob 57/16k) ein rechtskräftiges Urteil (4 Ob 58/17h), wonach der klagenden Partei untersagt wurde, Massageausbildungen nach dem Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz (MMHmG) ohne die dafür erforderlichen behördlichen Genehmigungen anzubieten und/oder zu bewerben und/oder durchzuführen, insbesondere Ausbildungen zum medizinischen/gewerblichen Masseur ohne die Zustimmung des zuständigen Landeshauptmannes. Weiters wurde die erstbeklagte Partei zur Urteilsveröffentlichung ermächtigt. In weiterer Folge erwirkte die klagende Partei den erforderlichen Bescheid nach dem MMHmG. Die erstbeklagte Partei, deren persönlich haftender Gesellschafter der Zweitbeklagte ist, sagte der klagenden Partei darauf zu, vom Unterlassungstitel keinen exekutiven Gebrauch zu machen. Von den beklagten Parteien wurde jedoch bestritten, dass auch die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung erloschen sei.

Die klagende Partei begehrte die urteilsmäßige Feststellung, dass der Unterlassungsanspruch und die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung nicht zu Recht bestünden, in eventu stellte sie ein Unterlassungsbegehren, wonach den beklagten Parteien untersagt werde, aus dem Titel gegen die klagende Partei exekutiv vorzugehen.

Zur Sicherung dieser Begehren stellte die klagende Partei einen Antrag auf einstweilige Verfügung, wonach es den beklagten Parteien bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Klagebegehren untersagt werde, von der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung Gebrauch zu machen.

Die Vorinstanzen wiesen den Verfügungsantrag ab. Das Rekursgericht vertrat unter anderem die Ansicht, dass der Titel auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung ungeachtet der nun vorliegenden behördlichen Bewilligung nicht erloschen sei.

In ihrem dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die klagende Partei keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Die im Rechtsmittel zentral hervorgehobene Frage der Wiederholungsgefahr ist für die Entscheidung nicht präjudiziell. Die Urteilsveröffentlichung hat die Aufklärung des Publikums über bereits begangene Wettbewerbsverstöße im Auge (RIS‑Justiz RS0079764; RS0079820; RS0121963; uam), während ein Unterlassungsanspruch von der Gefahr künftigen Zuwiderhandelns (Wiederholungs- bzw Erstbegehungsgefahr) abhängt und daher zukunftsbezogen ist (RIS‑Justiz RS0010467; RS0012064 [T2]). Der Senat hat bereits geklärt, dass der Veröffentlichungsanspruch– ungeachtet seiner Natur als (abhängiger) Nebenanspruch (RIS‑Justiz RS0079531) – ein eigener Anspruch ist, dessen Bestehen von besonderen rechtserzeugenden oder rechtsvernichtenden Tatsachen abhängt (4 Ob 53/90). Wenngleich die Veröffentlichung eines auf Unterlassung lautenden Urteils die Existenz eines solchen Urteils voraussetzt (4 Ob 200/07a), hängt die materiell‑rechtliche Berechtigung eines Veröffentlichungsbegehrens nicht vom Vorliegen der Wiederholungsgefahr (RIS‑Justiz RS0079725) bzw ihrem Fortbestehen (4 Ob 105/88) ab. Nach gesicherter Rechtsprechung ist für die Beurteilung des Umstands, ob die Urteilsveröffentlichung notwendig ist, der Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz maßgebend (RIS‑Justiz RS0037456 [T1]), sodass – im Sinne der Ausführungen des Rekursgerichts – ein späteres Wohlverhalten nichts an der Berechtigung zur Urteilsveröffentlichung ändert. Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses kann somit nicht darauf gestützt werden, dass der Unterlassungsanspruch mangels Wiederholungsgefahr nicht mehr bestehe.

2.1 Auch der im Zusammenhang mit der drohenden Urteilsveröffentlichung erhobene Vorwurf eines sittenwidrigen Behinderungswettbewerbs begründet keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung. Nach ständiger Rechtsprechung liegt unlauterer Behinderungswettbewerb erst dann vor, wenn ein Unternehmer durch das Mittel der Behinderung des Konkurrenten zu erreichen sucht, dass dieser Mitbewerber seine Leistung auf dem Markt nicht oder nicht mehr rein zur Geltung bringen kann (RIS-Justiz RS0077533). Ob eine bestimmte Maßnahme im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze noch im Rahmen des Zulässigen liegt oder in Wahrheit bereits eine auf Ausschaltung anderer Mitbewerber vom Wettbewerb zielende Behinderung ist, muss nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden (RIS-Justiz RS0077524), sodass eine erhebliche Rechtsfrage in der Regel nicht vorliegt (8 ObA 69/10w).

2.2 Das Rekursgericht hat eine schikanöse Rechtsausübung oder eine sittenwidrige Behinderung aufgrund rechtswidrigen Gebrauchs eines Exekutionstitels durch die beklagten Parteien auch mit Hinweis auf den Sinn der Urteilsveröffentlichung verneint, wonach das Publikum auf vergangene Rechtsverstöße aufmerksam gemacht werden solle, und hervorgehoben, dass ein späteres Wohlverhalten nichts an der Berechtigung zur Urteilsveröffentlichung ändere. Dass das Zweitgericht unter Heranziehung dieser Rechtsansicht und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die Abweisung des Sicherungsantrags bestätigt hat, ist jedenfalls vertretbar und bedarf keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.

3.1 Eine Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO ist nur dann gegeben, wenn ein Widerspruch im Spruch selbst und ein Mangel der Gründe überhaupt, nicht aber, wenn eine mangelhafte Begründung vorliegt (RIS-Justiz RS0042133). Der klagenden Partei gelingt es nicht, eine Nichtigkeit im Sinne der genannten Bestimmung schlüssig aufzuzeigen.

3.2 Auch die behauptete Mangelhaftigkeit und die gerügte Aktenwidrigkeit des zweitinstanzlichen Beschlusses liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

3.3 Insoweit das Rechtsmittel neuerlich die vom Rekursgericht bereits verneinte Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens aufwirft, wird damit ebenso wenig ein Revisionsrekursgrund geltend gemacht (vgl RIS-Justiz RS0042963) wie mit den Ausführungen zu den von den Vorinstanzen festgestellten Tatsachengrundlagen.

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