OGH 5Ob132/17y

OGH5Ob132/17y23.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft EZ * GB * (Liegenschaftsadresse *), vertreten durch Dr. Werner Loos, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei e*gesmbH, *, vertreten durch die JEANNEE Rechtsanwalt GmbH in Wien, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. R* eGen, *, vertreten durch die Höhne, In der Mauer & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, 2. Dr. Günther Hödl, Rechtsanwalt in Wien, als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Ing. C* F* E*, auch als Rechtsnachfolger der e*gesellschaft mbH, *, wegen 1. (ausgedehnt und eingeschränkt) 563.705,68 EUR sA, 2. Feststellung (Streitwert 20.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der ersten Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 5. Mai 2017, AZ 16 R 50/17s‑48, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E119806

 

Spruch:

Aus Anlass des Revisionsrekurses wird der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts insoweit aufgehoben, als dieses über den von der ersten Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei erhobenen Rekurs gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 14. Februar 2017, GZ 54 Cg 22/16a‑29, meritorisch entschieden hat. Der Rekurs wird, soweit er von der ersten Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei erhoben wurde, zurückgewiesen.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres erfolglosen Revisionsrekurses selbst zu tragen.

 

Begründung:

Die Beklagte ist Mit- und Wohnungseigentümerin einer Liegenschaft. Die Klägerin ist die Eigentümergemeinschaft dieser Liegenschaft.

Mit Klage vom 20. 4. 2016 begehrte die Klägerin von der Beklagten (neben einem Feststellungsbegehren) die Zahlung rückständiger Wohnbeiträge und den Ersatz der Kosten für die Behebung der im Zuge eines von der Beklagten vorgenommenen Dachgeschossausbaus verursachten Schäden an allgemeinen Teilen des Hauses. Unter Berufung auf das gesetzliche Vorzugspfandrecht gemäß § 27 WEG 2002 beantragte die Klägerin zugleich die Anmerkung dieser Klage ob den im Miteigentum der Beklagten stehenden Liegenschaftsanteilen.

Das Erstgericht bewilligte die bücherliche Anmerkung des mit der Klage geltend gemachten Vorzugspfandrechts bei den betroffenen Miteigentumsanteilen der Beklagten; dies ausdrücklich in Höhe des gesamten Geldleistungsbegehrens von 563.758 EUR. Dagegen erhob der Masseverwalter im – mittlerweile aufgehobenen – Konkurs über das Vermögen der Beklagten Rekurs. Das Rekursgericht gab diesem Rekurs nicht Folge. Es bestätigte den angefochtenen Beschluss mit der Maßgabe, dass die Anmerkung auch der Höhe der klagsgegenständlichen Forderung zu entfallen habe. Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurück (5 Ob 145/16h).

Auf den Liegenschaftsanteilen der Beklagten sind für die R* eGen Höchstbetragspfandrechte einverleibt. Mit (dem am 10. 8. 2016 elektronisch eingebrachten) Schriftsatz vom 26. 7. 2016 trat die R* eGen dem Verfahren auf Seiten der beklagten Partei als erste Nebenintervenientin (in der Folge nur mehr als Nebenintervenientin bezeichnet) bei.

Mit Schriftsatz vom 20. 1. 2017 beantragte die Nebenintervenientin die Löschung der Klagsanmerkung. Sie habe mittlerweile sämtliche offenen Wohnbeiträge bis einschließlich Jänner 2017 gezahlt. Die weiteren in der Klage geltend gemachten Ansprüche im Zusammenhang mit dem von der Beklagten durchgeführten Dachbodenausbau seien nicht durch das Vorzugspfandrecht gemäß § 27 WEG gedeckt. Da diese angeblichen Ansprüche somit keine Klagsanmerkung rechtfertigen könnten, die Wohnbeiträge aber bezahlt seien, sei die Klagsanmerkung zu löschen. Die Beklagte schloss sich diesem Antrag in der Verhandlung vom 24. 1. 2017 ausdrücklich an.

Mit Beschluss vom 14. Februar 2017 wies das Erstgericht den Antrag auf Löschung der Klagsanmerkung ab. Unabhängig von der Bezahlung der offenen Wohnbeiträge erstrecke sich das Vorzugspfandrecht auch auf die weiteren mit der Klage erhobenen Ansprüche. Der geltend gemachte Aufwand für die Sanierung der allgemeinen Teile des Hauses falle nach § 28 Abs 1 Z 1 WEG in die Erhaltungspflicht der Eigentümergemeinschaft und zähle damit zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung. Die daraus resultierende Forderung sei durch das gesetzliche Vorzugspfandrecht des § 27 Abs 2 WEG gedeckt.

Gegen diesen Beschluss richteten sich die Rekurse der Nebenintervenientin und der Beklagten. Das Rekursgericht gab diesen Rekursen nicht Folge. Ob das Begehren der Klägerin nach Anmerkung der Klage auf der Grundlage des § 27 Abs 1 Z 1 WEG berechtigt sei, hänge davon ab, ob die Aktivlegitimation der klagenden Eigentümergemeinschaft für den von ihr geltend gemachten Anspruch in Anbetracht ihrer durch § 18 Abs 1 WEG beschränkten Rechtsfähigkeit nach ihrem Prozessvorbringen zu bejahen sei. Nach den Prozessbehauptungen der Klägerin seien die dringend gebotenen Sanierungsarbeiten den Verwaltungshandlungen iSd § 18 Abs 1 WEG zuzurechnen. Für die daraus resultierenden Ansprüche könne das Vorzugspfandrecht des § 27 Abs 1 Z 1 WEG in Anspruch genommen werden.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs (nur) der Nebenintervenientin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern und die Löschung der Klagsanmerkung gemäß § 27 Abs 2 WEG zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass dieses Revisionsrekurses ist der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts insoweit als nichtig aufzuheben, als dieses über den von der Nebenintervenientin erhobenen Rekurs meritorisch entschieden hat und deren unzulässiger Rekurs ist zurückzuweisen.

1. Das Verfahren über einen Antrag auf Löschung einer Streitanmerkung ist auch dann ein Grundbuchsverfahren, wenn es vom Prozessgericht durchgeführt wird (RIS‑Justiz RS0060840 [T2], RS0060516). Das Grundbuchsgericht entscheidet in Angelegenheiten nach dem Grundbuchsgesetz im Verfahren außer Streitsachen. Die Vorschriften über das Verfahren außer Streitsachen sind, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt wird, ergänzend heranzuziehen (§ 75 Abs 2 GBG).

2. Im Außerstreitverfahren ist die Nebenintervention nach ständiger Rechtsprechung und Lehre nicht zulässig (Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 2 Rz 274 ff mwN). Das gilt auch für das Grundbuchsverfahren. In dem als Grundbuchsverfahren zu führenden Zwischenverfahren über die (Löschung) der Klagsanmerkung kann die Nebenintervenientin daher keine Verfahrenshandlungen zugunsten der Hauptpartei vornehmen.

3.1. Allerdings ist die Nebenintervenientin mit einem an das Erstgericht gerichteten Antrag nicht durchgedrungen und daher durch dessen Entscheidung formell beschwert. Die formelle Beschwer allein verschafft ihr aber keine Rechtsmittellegitimation.

3.2. Auch in Grundbuchsachen ist die Rechtsmittellegitimation nur bei Beschwer des Rechtsmittelwerbers gegeben (RIS‑Justiz RS0006491 [T1], RS0006693 [T3]). Beschwert ist grundsätzlich derjenige, der das Grundbuchsgesuch an das Erstgericht stellte und mit seinem Antrag nicht oder nicht zur Gänze durchgedrungen ist (RIS‑Justiz RS0006710 [T28]) oder dessen bücherliche Rechte durch die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt sein könnten (RIS‑Justiz RS0006677, RS0006710). Bei der Beschwer unterscheidet man jedoch die formelle Beschwer, die dann vorliegt, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrunde liegenden Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweicht, und die materielle Beschwer. Diese liegt vor, wenn die (materielle oder prozessuale) Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung beeinträchtigt wird, diese also für ihn ungünstig ausfällt. Die formelle Beschwer reicht dabei nicht immer aus. Wird seine Rechtsstellung durch die Abweisung nicht beeinträchtigt, ist der Antragsteller also materiell nicht beschwert, ist sein Rechtsmittel trotz formeller Beschwer zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0041868, RS0041770 [T71]; 5 Ob 124/16w, 5 Ob 123/16y, 5 Ob 170/10a).

3.3. Die Nebenintervenientin vermag keine Verletzung eigener bücherlicher Rechte geltend zu machen. Die Rechte der Nebenintervenientin als (nachrangiger) Pfandgläubigerin werden durch die Anmerkung einer Klage nach § 27 WEG 2002 weder belastet, abgetreten, beschränkt noch aufgehoben. Der Klagsanmerkung nach § 27 Abs 2 WEG kommt überhaupt nur Warnfunktion zu (RIS‑Justiz RS0113515, RS0113379). Inwieweit das damit aktualisierte Vorzugspfandrecht realisiert, also für die eingeklagte Forderung ausgenützt werden kann, entscheidet sich letztlich erst im Exekutionsverfahren (RIS‑Justiz RS0113515 [T3]). Es wird auch nur die Klage, nicht aber die eingeklagte Forderung angemerkt, auf die sich das Vorzugspfandrecht bezieht (RIS‑Justiz RS0113516).

3.4. Mangels möglicher Beeinträchtigung ihrer eigenen bücherlichen Rechtsstellung war die Nebenintervenientin daher schon zum Zeitpunkt der Einbringung ihres Rekurses nicht materiell beschwert. Dieser Rekurs war unzulässig und zurückzuweisen.

4. Entscheidet ein Gericht zweiter Instanz über einen unzulässigen Rekurs nicht formal, also im Sinn dessen Zurückweisung, sondern meritorisch, so ist der – dann zur Hauptfrage werdende – Mangel der funktionellen Zuständigkeit für eine solche Erledigung vom Obersten Gerichtshof aus Anlass des gegen eine unzulässige Sachentscheidung erhobenen Revisionsrekurses wahrzunehmen; als Folge dessen ist der unzulässige Rekurs gegen den Beschluss erster Instanz zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0115201, RS0042059, RS0121264, RS0043969 [T8]). Dieser allgemeine Verfahrensgrundsatz gilt auch im Grundbuchverfahren (5 Ob 216/16z = RIS‑Justiz RS0121264 [T3], 5 Ob 132/10p, 5 Ob 158/10m).

5. Ein Kostenersatz für den erfolglosen Revisionsrekurs kommt nicht in Betracht.

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