European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E120132
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Rekurslegitimation der Liegenschaftseigentümer, die im Grundbuchsantrag nur als Beteiligte geführt wurden, ist zu bejahen. Sie wären selbst zur Antragstellung legitimiert gewesen, um die ihnen im Vertrag eingeräumten bücherlichen Rechte zu erhalten, sodass sie durch den Verbücherungsantrag der Antragstellerin einen bestimmten Rang beanspruchen konnten (RIS‑Justiz RS0006710 [T20]).
2. Die Revisionsrekurswerber haben entgegen § 65 Abs 3 Z 6 AußStrG keine Gründe für die vom Rekursgericht verneinte Zulässigkeit des Revisionsrekurses gesondert genannt. Das Rechtsmittel wäre zwar nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats auch dann, wenn die spezifischen Inhaltserfordernisse einer Zulassungsbeschwerde nicht ausdrücklich ausgeführt sind, aber aus den Ausführungen des Rechtsmittels hervorgehen, insgesamt den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechend zu behandeln (RIS‑Justiz RS0043644 [T7]; 5 Ob 180/15d). Die Ausführungen im Revisionsrekurs zeigen jedoch keine erhebliche Rechtsfrage auf.
3. Die Auffassung der Vorinstanzen, nach § 94 Abs 1 GBG habe das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilage einer genauen Prüfung zu unterziehen und dürfe eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint, sodass das Ansuchen nur dann bewilligt werden kann, wenn der Urkundeninhalt ein derartiger ist, dass er nicht nur in formaler Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch bezüglich der materiell‑rechtlichen Frage irgendwelche Zweifel nicht aufkommen lässt, enspricht der ständigen Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0060878). Dem Grundbuchsgericht ist es verwehrt, eine undeutliche und zu begründeten Zweifeln Anlass gebende Urkunde auszulegen. Durch den Inhalt der Urkunden erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel haben vielmehr zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen (RIS‑Justiz RS0060573). Ob der Urkundeninhalt nicht restlos zu beseitigende Zweifel erweckt, ist eine Frage des Einzelfalls, die nur dann eine erhebliche Rechtsfrage begründen könnte, wenn dem Rekursgericht eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen ist (vgl RIS‑Justiz RS0044088).
4.1. Die Revisionsrekurswerber bestreiten den von den Vorinstanzen zugrunde gelegten Schenkungscharakter des vorgelegten Übergabsvertrags. Ein Einverständnis über eine – auch nur teilweise – Untentgeltlichkeit der Vermögensverschiebung hätten sie nicht erklärt, vielmehr eine wirtschaftlich beachtliche Gegenleistung vereinbart.
4.2. Der bäuerliche Übergabsvertrag kann entgeltliche und auch unentgeltliche Elemente enthalten. Zur Beurteilung der Frage, ob eine teilweise Schenkung vorliegt, ist darauf abzustellen, ob der Wert der versprochenen Leistungen in einem krassen Missverhältnis zum Übergabswert steht, das zwar nicht ein Entgelt von weniger als der Hälfte des Werts voraussetzt, aber dem Übergeber bewusst gewesen sein muss (RIS‑Justiz RS0012971; RS0012978). Soweit ein Übergabsvertrag als gemischte Schenkung zu beurteilen ist und es nicht zur wirklichen Übergabe des Vertragsgegenstands kam, bedarf er zu seiner Gültigkeit der Notariatsaktform (RIS‑Justiz RS0019375), dies jedenfalls dann, wenn der unentgeltliche Teil des Geschäfts überwiegt (RIS‑Justiz RS0019374 [T1]; RS0019139 [T1]). Im Grundbuchsverfahren als reinem Urkundenverfahren kann das bei einem (gemischten) Schenkungsvertrag unabdingbar notwendige Einverständnis der Vertragsparteien über die (teilweise) Unentgeltlichkeit der beabsichtigten Vermögensverschiebung nur dann angenommen werden, wenn es sich aus den beigebrachten Urkunden ergibt (5 Ob 235/13i = wobl 2015/21 mwN).
4.3. Hier erklärten die Vertragsteile unter Punkt XIII des Übergabsvertrags (wenn auch im Hinblick auf die Immobilienertragsbesteuerung) ausdrücklich, die vereinbarten Gegenleistungen der Übernehmerin gegenüber den Übergebern erreichten nicht 50 % des Werts der übernommenen Liegenschaft, weshalb von einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft bzw einer Schenkung auszugehen sei. Schon aus diesem Grund ist die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Übergabsvertrag habe (zumindest teilweise) Schenkungscharakter, jedenfalls vertretbar und bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof. Dass ein vorbehaltenes Wohnungsgebrauchsrecht nicht als Gegenleistung, sondern Wertminderung der übergebenen Liegenschaft zu veranschlagen ist, entspricht der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0012978 [T9]). Soweit die Antragstellerin im Vertrag (etwa im Rahmen des Ausgedinges) Leistungen übernommen hat, die aus ihrem Vermögen zu erbringen sind, ist zwar nach dem Urkundeninhalt von einem Entgelt auszugehen. Zweifelhaft bleibt aber im Hinblick auf den Punkt XIII, ob nicht der unentgeltliche Teil des Geschäfts sowohl nach dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung als auch nach dem Parteiwillen überwiegt. Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, mangels wirklicher Übergabe des Vertragsgegenstands sei der Übergabsvertrag nach § 1 Abs 1 lit d NotAktsG notariatsaktpflichtig, bedarf daher keiner Korrektur im Einzelfall.
5.1. Die Revisionsrekurswerber meinen, die Vorinstanzen hätten das Vorliegen einer wirklichen Übergabe zu Unrecht verneint. Auch insoweit liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor.
5.2. Grundsätzlich bedarf es im Grundbuchsverfahren beim urkundlichen Nachweis der bereits erfolgten Übergabe der Darstellung konkreter Übergabsakte nicht. Es genügt ein Hinweis in der Vertragsurkunde darauf, dass die „wirkliche Übergabe“ bereits erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0018923). Bestehen allerdings aufgrund des Urkundeninhalts Zweifel, ob der Schenker die Liegenschaft tatsächlich „real“ aus der Hand gegeben hat, ist das Ansuchen auf Einverleibung des Eigentums des Geschenknehmers dann abzuweisen, wenn er nicht in Form eines Notariatsakts abgeschlossen wurde (5 Ob 8/16m; 5 Ob 172/15b = immolex 2016/20 [Cerha]). Solche Zweifel können etwa dann bestehen, wenn sich die Geschenkgeber ausdrücklich Rechte vorbehalten, durch die keine wesentliche Veränderung ihrer Stellung in tatsächlicher Hinsicht erkennbar ist, wie etwa das Recht an einer weiter benützten Eigentumswohnung und an allgemeinen Teilen nach Gutdünken bauliche Veränderungen vornehmen zu können (5 Ob 172/15b) oder ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsgebrauchsrecht, das sich auf alle Räumlichkeiten des Hauses und die Nutzung der gesamten Liegenschaft wie bisher, also vor und auch nach dem Zeitpunkt der im Vertrag festgehaltenen Übergabe an die Geschenknehmer erstreckt (5 Ob 8/16m).
5.3. Hier wurde den Übergebern nicht nur das Wohnungsgebrauchsrecht auf dem gesamten Objekt * eingeräumt, das neben Gebäuden auch ausdrücklich die Nutzung des „Hausgartens“ und des „Außenbereichs“ umfasst, sondern auch das Recht die Liegenschaft weiterhin in land- und forstwirtschaftlicher Hinsicht zu bewirtschaften, Holzarbeiten durchzuführen, die bestehende Almhütte zu nutzen und die Bienenzucht zu betreiben, all dies nach dem Vertragswortlaut im Sinne eines eigenen Bewirtschaftungsrechts. Dass die Vorinstanzen angesichts dieser weitreichenden den Übergebern vorbehaltenen Nutzungsrechte ungeachtet des Vertragspunkts III über die mit 1. 9. 2016 angeblich bereits erfolgte Übergabe des Vertragsgegenstands daran zweifelten, dass die Übergeber diesen tatsächlich „real“ aus der Hand gegeben hatten, ist jedenfalls vertretbar.
6. Damit war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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