OGH 5Ob171/17h

OGH5Ob171/17h23.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. P*, vertreten durch Dr. Martin Leitner und Dr. Ralph Trischler, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. E*, vertreten durch Dr. Gerda Mahler‑Hutter, Rechtsanwältin in Berndorf, 2. Ing. Dkfm. A*, 3. C*, 4. C*, 5. R*, 6. E*, 7. W*, 8. G*, 10. B*, 11. Dr. J*, 12. B*, Dänemark, 13. P*, 14. M*, 15. I*, 16. M*, 17. H*, 18. Dr. C*, 19. Dkfm. H*, 20. S*, 21. Dr. W*, vertreten durch Dr. Peter Gatternig, Mag. Karl Gatternig, Rechtsanwälte in Wien, 22. Ing. E*, 23. J*, 24. S*, 25. G*, 26. B*, 27. G*, 28. Y*, 29. M*, 31. W*, 32. H*, 33. S*, Rumänien, 34. M*, 35. A*, 2., 6. , 7., 8., 10., 12., 13., 14., 15., 16., 18., 20., 22., 23., 24., 25., 26., 27., 31., 32., 33., 34. und 35. beklagte Partei vertreten durch Eckert Fries Prokopp Rechtsanwälte GmbH in Baden, 36. D*, vertreten durch Dr. Harald Ofner, Mag. Edda Ofner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Einverleibung von Eigentum, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 28. April 2017, GZ 19 R 109/16i‑3, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E119908

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen den 2., 6. bis 8., 10., 12. bis 16., 18., 20., 22. bis 27., 31. bis 35. beklagten Parteien die mit 626,90 EUR (darin enthalten 104,48 EUR USt), der Erstbeklagten die mit 418,78 EUR (darin enthalten 69,80 EUR USt) sowie der 21. beklagten Partei die mit 418,78 EUR (darin enthalten 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten der jeweiligen Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Parteien sind Miteigentümer einer Liegenschaft, an der nach dem WEG 1975 Wohnungseigentum begründet wurde. Zu Gunsten der früheren Wohnungseigentumsorganisatorin wurden nach Änderung des Wohnungseigentumsvertrags und Neuparifizierung im Grundbuch 55/2972 Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an „Garage mit fünf KFZ‑Abstellplätzen“ eingetragen. Diese Stellplätze befinden sich wie alle restlichen (die einzelnen Wohnungseigentumsobjekten als Zubehör zugeordnet wurden) in der Tiefgarage und sind von diesen nicht räumlich abgegrenzt. Die Einzelrechtsvorgängerin der Erstbeklagten ersteigerte nach Insolvenz der Wohnungseigentumsorganisatorin deren Anteile samt Wohnungseigentum an den Stellplätzen. Zwei davon (Mindestanteil je 11/2972 laut Nutzwertgutachten) verkaufte sie – wie bereits vor der Versteigerung vereinbart – mit Kaufvertrag vom 13. 6. 2008 an den Kläger. Versuche der Einverleibung des Mit- und Wohnungseigentums der Verkäuferin sowie des Klägers an den einzelnen Stellplätzen scheiterten, weil der Oberste Gerichtshof die erfolgte Einverleibung hinsichtlich des Objekts Garage samt Stellplätzen mangels Wohnungseigentumstauglichkeit iSd § 1 Abs 1 WEG 1975 als nichtig und die begehrte Teilung und Einverleibung vor einer Gesamtsanierung als unzulässig ansah (5 Ob 109/09d).

Der Kläger, der im Grundbuch als Miteigentümer verbunden mit Wohnungseigentum an einer Wohnung eingetragen ist, begehrt die Einwilligung der übrigen Miteigentümer in die Einverleibung des Eigentums am Mindestanteil, der sich für die beiden gekauften Stellplätze ergäbe, und des Wohnungseigentums an diesen Objekten. Er stützt dieses Begehren auf § 43 WEG 2002 und einen vertraglichen Erfüllungsanspruch.

Die Vorinstanzen wiesen das Begehren ab.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zur Klärung der Frage zu, ob der Eigentümer von schlichten Miteigentumsanteilen, der Teile derselben als Wohnungseigentumsobjekte verkauft, durch den Verkauf zum Wohnungseigentumsorganisator nach § 2 Abs 6 WEG 2002 wird.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen diesem nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

1.1 Mit einem Begehren nach § 43 Abs 1 WEG 2002 kann ein Wohnungseigentumsbewerber den Liegenschaftseigentümer auf die Einwilligung in die Einverleibung seines Eigentums am Mindestanteil und die Begründung von Wohnungseigentum an allen dafür gewidmeten wohnungseigentumstauglichen Objekten klagen, wenn die Wohnungseigentumsorganisatoren mit der Stellung der Anträge oder der Errichtung der Urkunden (§ 37 Abs 2 Z 2 WEG 2002) säumig sind.

1.2 § 2 Abs 6 Satz 1 WEG 2002 definiert als Wohnungseigentumsbewerber die Person, der vom Wohnungseigentumsorganisator die Einräumung von Wohnungseigentum an einem bestimmten wohnungseigentumstauglichen Objekt schriftlich zugesagt worden ist. Wohnungseigentumsorganisator ist nach § 2 Abs 6 Satz 2 WEG 2002 sowohl der Eigentümer der Liegenschaft als auch der außerbücherliche Erwerber der Liegenschaft, aber auch sonst jeder, der mit dessen Wissen die organisatorische Abwicklung des Bauvorhabens oder – bei bereits bezogenen Gebäuden – der Wohnungseigentumsbegründung durchführt oder an dieser Abwicklung in eigener Verantwortung beteiligt ist.

1.3 Der Eigentümer einer Liegenschaft, an der Wohnungseigentum begründet werden soll, wird in der Rechtsprechung als Wohnungseigentumsorganisator behandelt, wenn er Schritte zur Wohnungseigentumsbegründung setzt oder billigt (RIS‑Justiz RS0108166 [T2, T3]; 5 Ob 37/13x mwN). Der Erwerb von Liegenschaftsanteilen von einem früheren Alleineigentümer, mag dieser auch die Stellung eines Wohnungseigentumsorganisators gehabt haben, bewirkt jedoch noch nicht den Übergang von Pflichten des Wohnungseigentumsorganisators (RIS‑Justiz RS0083143; 5 Ob 92/15p; 1 Ob 11/12t).

2.1 Der Kläger leitet aus dem Kaufvertrag über den Erwerb von Miteigentumsanteilen samt (nach Teilung) zu begründendem Wohnungseigentum an zwei KFZ‑Abstellplätzen seine Rechtspostion als Wohnungseigentumsbewerber ab und sieht die Erstbeklagte als säumige Wohnungseigentumsorganisatorin an.

2.2 Seine Argumentation bezieht sich allerdings auf die Einzelrechtsvorgängerin der Erstbeklagten und nicht auf diese selbst. Die Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Abstellplätze schloss der Kläger ausschließlich mit der Einzelrechtsvorgängerin. Dass der Erstbeklagten Verpflichtungen aus diesen Vereinbarungen überbunden wurden, steht nicht fest.

2.3 Die Einzelrechtsvorgängerin der Erstbeklagten hat die Anteile der früheren Wohnungseigentumsorganisatorin nach deren Insolvenz ersteigert. Sie wurde mit Zuschlag Einzelrechtsnachfolgerin im Miteigentum und (mangels Wohnungseigen-tumstauglichkeit nichtigem) Wohnungseigentum. Ungeachtet einer – in der Vorentscheidung 5 Ob 109/09d angenommenen – Gesamtnichtigkeit der erfolgten Wohnungs-eigentumsbegründung organisierte die Verkäuferin nicht die (erstmalige) Begründung von Wohnungseigentum an der gesamten Liegenschaft. Sie verkaufte vielmehr Teile eines nach dem Grundbuchstand existierenden Wohnungseigentumsobjekts und versuchte nach Einholung eines Nutzwertgutachtens gemeinsam mit dem Käufer im Grundbuchsverfahren (erfolglos) die entsprechenden Eintragungen durchzusetzen. Die Gesamtsanierung kann nicht über die hier eingebrachte Klage nach § 43 WEG 2002 erreicht werden.

2.4 Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die der Erfüllung der Verpflichtung aus dem Kaufvertrag dienenden Aktivitäten die Verkäuferin nicht zur Wohnungseigentumsorganisatorin machen, ist nicht zu korrigieren.

2.5 Damit fehlt dem Kläger die Eigenschaft als Wohnungseigentumsbewerber. Schon daran scheitert sein auf § 43 Abs 1 WEG gestütztes Begehren. Die Frage der seit der WRN 2006 gegebenen Notwendigkeit, eine Gesamtbegründungsklage einzubringen (RIS‑Justiz RS0118483 [T1]), stellt sich nicht.

3. Der Kläger bezeichnet die Erstbeklagte als Verkäuferin, die ihre Verpflichtungen zur Verschaffung des Eigentums nicht erfüllt habe. Nach den Feststellungen existiert kein Kaufvertrag zwischen den beiden. Welcher vertragliche Anspruch gegenüber der Erstbeklagten das erhobene Begehren auf Zustimmung in die Einverleibung rechtfertigen soll, erklärt die Revision nicht.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagten haben in ihren Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen. Der Erstbeklagten steht iSd § 15 RATG aber kein Streitgenossenzuschlag zu.

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