OGH 12Os94/17s

OGH12Os94/17s21.9.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. September 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wukovits, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerrit W***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des genannten Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Jugendschöffengericht vom 7. Juni 2017, GZ 63 Hv 28/17m‑27, sowie über die Beschwerde des genannten Angeklagten gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe und Erteilung einer Weisung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00094.17S.0921.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten Gerrit W***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Emanuel S***** sowie einen zu Unrecht in dieses aufgenommenen Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe und Erteilung einer Weisung (vgl Schroll in WK 2 StGB § 50 Rz 16; Danek , WK‑StPO § 270 Rz 50) enthält, wurde Gerrit W***** des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 12 dritter Fall, § 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Nacht zum 13. Februar 2017 in A***** zur strafbaren Handlung des Emanuel S*****, der Hannes H***** zu Boden riss und ihm mehrere wuchtige Fußtritte gegen den Kopf und den Oberkörper versetzte, wodurch dieser eine schwere Körperverletzung, nämlich einen Bruch des Nasenbeins, einen Bruch des linksseitigen Augenhöhlenbogens, einen linksseitigen Bruch der Augenhöhlenwand, Brüche mehrerer Rippen sowie eine Kopfprellung erlitt, beigetragen, indem er gemeinsam mit ihm beschloss, dem Opfer „eine Abreibung zu verpassen“ und das Opfer verfolgte, während der Tathandlungen beim unmittelbaren Täter blieb, „wodurch sich dieser psychisch bestärkt fühlte, die Tat auszuüben“ (US 3 f).

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus Z 5 und Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerrit W*****, welche ihr Ziel verfehlt.

Entgegen dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) hat das Schöffengericht die Verantwortung der beiden Angeklagten, wonach sie sich bloß gegen einen Angriff des Hannes H***** gewehrt hätten und Gerrit W***** sogar versucht hätte, den Angeklagten Emanuel S***** zurückzuhalten, sehr wohl berücksichtigt (US 6), weshalb von Unvollständigkeit der Urteilsbegründung nicht gesprochen werden kann.

Indem der Rechtsmittelwerber pauschal behauptet, die Urteilsbegründung wäre „undeutlich und unvollständig und es werden keine oder offenbar unzureichende Gründe“ angegeben, nimmt er nicht Maß am angefochtenen Urteil (US 4 ff) und zeigt keinen Begründungsmangel iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO auf.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, nominell auch Z 5) führt unter Berufung auf 12 Os 40/02, 12 Os 132/07i und 12 Os 85/06a aus, dass es bei bloßer Anwesenheit am Tatort an der Kausalität des psychischen Beitrags mangle. Dieses Vorbringen orientiert sich – wie aber zur Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes geboten (RIS‑Justiz RS0099810) – nicht am festgestellten Sachverhalt, wonach die beiden Angeklagten nach einer verbalen Auseinandersetzung beschlossen, Hannes H***** nachzugehen und ihm „eine Abreibung zu verpassen“, sie gemeinsam mit diesem das Lokal verließen und Emanuel S***** das Opfer zu Boden riss und ihm die beschriebenen Fußtritte versetzte und der Rechtsmittelwerber auch während dieser Tathandlungen beim unmittelbaren Täter blieb, wodurch sich dieser psychisch bestärkt fühlte, die Tat auszuüben (US 3 f). Weiters wurde konstatiert, dass der Nichtigkeitswerber wusste und wollte, dass Hannes H***** verletzt wird, und er es auch ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, durch sein Mitkommen und Dabeisein den unmittelbaren Täter psychisch zu bestärken (US 4).

Die vom Angeklagten zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs betreffen die bloße Anwesenheit am Tatort, das bloße Wissen um ein bestimmtes, von einem anderen in Aussicht genommenes deliktisches Verhalten, das bloße Begleiten eines Täters oder die stillschweigende Duldung der Tatausführung. Die Rechtsrüge legt somit nicht dar, weshalb es bei dem im konkreten Fall konstatierten Sachverhalt an der Kausalität der psychischen Beihilfe fehlen sollte (RIS‑Justiz RS0089799 [insbesondere T6, T8]).

Das weitere Vorbringen der Rechtsrüge, es wäre zu keiner Bestärkung des bereits vorhandenen Willens des Emanuel S***** gekommen, es wäre auch kein dolus eventualis beim Rechtsmittelwerber ersichtlich, vielmehr habe er versucht, den unmittelbaren Täter von seiner Tat abzubringen und zurückzuhalten, orientiert sich nicht am festgestellten Sachverhalt (US 3 f) und verfehlt damit prozessordnungskonforme Darstellung materieller Nichtigkeit (vgl neuerlich RIS‑Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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